Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Internet für Asylsuchende: Den Anschluss nicht verlieren
> Die Piraten fordern Netzzugänge für Flüchtlinge in Sammelunterkünften.
> Die Betreiber der Heime fürchten Missbrauch, doch ein Verein zeigt, dass
> es geht.
Bild: In Flüchtlingsunterkünften vergeht die Zeit nur zäh.
BERLIN taz | Der Familie eine E-Mail schreiben, sich online informieren
über die politische Lage in der Heimat oder die Entwicklungen in
Deutschland – für die Menschen in Berlins Flüchtlingsunterkünften ist das
nicht ohne Weiteres möglich. In kaum einem der Heime haben die Bewohner
Zugang zu Computern mit Internetanschluss.
Nun fordert die Piratenfraktion, dass sich das ändert: „Das Recht auf
Zugang zum Internet für die Flüchtlinge muss rechtlich fixiert werden“,
sagt der flüchtlingspolitische Sprecher Fabio Reinhardt. „In die
Ausstattung der Flüchtlingsunterkünfte muss mehr investiert werden.“
Der Senat will nun prüfen, ob sich die Forderung nach Internetzugängen in
Flüchtlingsunterkünften realisieren lässt. Das geht aus der Antwort auf
eine Kleine Anfrage der Piraten hervor. Kritische Pfeile schießt bereits
die CDU ab: Natürlich müsse sichergestellt werden, dass Asylsuchende
menschenwürdig auf ihr Verfahren warten können.
„Doch ob ein vom Staat finanzierter Internetanschluss dazugehört, darüber
sollte man noch ein zweites Mal nachdenken“, sagte Burkard Dregger, der
netz- und integrationspolitische Sprecher der CDU der taz.
## Finanziert über private Spenden
Auch die BetreiberInnen der Flüchtlingsunterkünfte zeigen sich skeptisch.
Grundsätzlich signalisieren sie ihre Bereitschaft, Anschlüsse einzurichten.
Sie befürchten jedoch, im Rahmen der Störerhaftung rechtlich belangt zu
werden, wenn Flüchtlinge im Netz Urheberrechtsverletzungen begehen. Auch
das ergibt sich aus der Antwort auf die Anfrage der Piraten.
Wie sich der Netzzugang in Flüchtlingsunterkünften auch ohne staatliche
Unterstützung organisieren lässt, zeigt die Brandenburger Initiative
„Refugees Emancipation“. Gegründet wurde sie von Asylsuchenden und
Flüchtlingen selbst. In den vergangenen sieben Jahren hat der Verein in
sieben Brandenburger Flüchtlingsunterkünften Internetcafés eingerichtet,
darunter in Eisenhüttenstadt, Prenzlau und Bad Belzig.
Verwaltet werden sie von den dort lebenden Asylsuchenden. Das Projekt
finanziert sich über private Spenden, die einzelnen Heime stellen lediglich
Räume zur Verfügung. Hilfe kommt zudem von Studenten der TU Berlin: Sie
geben in den Unterkünften auf ehrenamtlicher Basis Computerkurse.
## Weg aus der Isolation
„Das Internet ist für Flüchtlinge ein Weg aus der Isolation, in die sie
durch das Leben in den Heimen geraten“, sagt Chu Eben, Mitgründer von
„Refugees Emancipation“. Eben kam 1998 aus Kamerun nach Deutschland und
verbrachte mehrere Jahre in verschiedenen Unterkünften des Landkreises
Märkisch Oderland. „Im Heim hast du ständig das Gefühl, dass du
festhängst“, erinnert er sich. „Das Netz hilft einem, sich zu emanzipieren,
sich weiterzubilden, nicht zu stagnieren.“ Ob man nun online einen
Deutschkurs macht oder sich einliest in die hiesigen Debatten –
„Information ist alles“, findet Eben.
Über E-Mail und Skype bleibe man zudem in Kontakt mit Freunden und
Verwandten im Heimatland. „Die teuren Telefonate kannst du dir sonst kaum
leisten.“ Nach Angaben der Initiative nutzen täglich bis zu 400 Flüchtlinge
und Asylsuchende in Brandenburg die kostenlosen Internetcafés. Probleme mit
Urherberrechtsverletzung habe es noch nie gegeben.
Eben, der mittlerweile eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und den Verein von
Potsdam aus leitet, glaubt an das Potenzial des Netzes und will seine
Initiative auf Berliner Flüchtlingsunterkünfte ausweiten. Gespräche mit dem
Senat habe es diesbezüglich noch nicht gegeben, mit einer
Flüchtlingsunterkunft in Mariendorf stehe die Initiative aber bereits in
sehr regem Austausch.
18 Jun 2012
## AUTOREN
Joanna Itzek
## ARTIKEL ZUM THEMA
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.