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# taz.de -- Flucht aus Mexiko: Journalistenmord als Sport
> Im mexikanischen „Drogenkrieg“ werden Journalisten häufig zu Opfern. Die
> Täter kommen ungeschoren davon. Ana Lilia Pérez floh deshalb nach
> Deutschland.
Bild: Die mexikanische Journalistin floh jetzt nach Deutschland.
Auf einer Straße in Xalapa, Mexiko, wird am 14. Juni der leblose Körper von
Victor Manuel Báez Chino gefunden. Der Journalist war auf Kriminalfälle
spezialisiert. Neben seiner Leiche liegt eine Nachricht des Drogenkartells
Los Zetas: „Das passiert jenen, die uns betrügen und versuchen, besonders
schlau zu sein.“
Er ist einer von über 80 Journalisten, die in den vergangenen zehn Jahren
in Mexiko wegen ihres Berufs ermordet wurden.
Auf Einladung der Hamburger Stiftung für politisch Verfolgte wird die
35-jährige mexikanische Journalistin Ana Lilia Pérez die nächsten zwölf
Monate in Deutschland verbringen. Denn auch sie erhält Morddrohungen. Pérez
ist für die investigative Berichterstattung der Magazine Contralínea und
Fortuna zuständig.
„Eigentlich wollte ich nie über die Drogenkartelle berichten. Ich
recherchierte am Anfang meiner Karriere im Energiesektor, dem wichtigsten
Wirtschaftszweig Mexikos. Doch nach und nach entdeckte ich die Beziehungen
zwischen Regierung und Mafia,“ sagt die Mexikanerin am Donnerstag in einem
Pressegespräch.
## Recherche mit Bodyguards
Ihr jüngstes Buch „El Cártel Negro“ geht den Drogengeschäften des
staatlichen Ölkonzerns Pemex nach, der zu den wichtigsten Einnahmequellen
der mexikanischen Regierung zählt. Ana Lilia Pérez entlarvt darin auch den
Ölschmuggel durch mexikanische Drogenkartelle in die USA und
Korruptionsfälle, in die enge Mitarbeiter des Präsidenten verwickelt sind.
Zuletzt ging sie nur noch in kugelsicherer Weste und mit Bodyguards auf die
Straße. „Aber so kann eine Journalistin nicht arbeiten“, sagt sie.
Laut Reporter ohne Grenzen, nahm die Aggression gegen Journalisten durch
die staatliche Offensive gegen die Drogenkartelle vermehrt zu, daher
fordert die Organisation deren sofortige Beendigung. Der Ende 2006
begonnene „Drogenkrieg“ mit bisher 50.000 Toten gehört zu den prägenden
Entscheidungen des Präsidenten Felipe Calderón, dessen Amtszeit in diesem
Jahr endet.
„Die Bevölkerung glaubt nicht an den Drogenkrieg. Der Krieg wird allein von
Präsident Calderón geführt“, erzählt Pérez. Auch wer auf ein Ende der
Korruption gehofft habe, sei enttäuscht worden, denn die Regierungsbeamten
hätten weiterhin ihre Familien bereichert und nichts Effektives gegen die
Missstände unternommen.
Das Ende des Drogenkriegs allein biete allerdings keine Aussicht auf mehr
Sicherheit für Journalisten. „Die Straflosigkeit ist das Problem. Kaum ein
Mord wurde aufgeklärt, 15 Menschen werden vermisst. Ein Auftragskiller ist
so billig in Mexiko, dass Journalisten zu ermorden zu einem Sport geworden
ist“, sagt Ana Lilia Pérez. Viele Journalisten schrieben nur noch, was in
Polizeiberichten steht. „Alle fürchten um ihr Leben.“
Am kommenden Sonntag wählt Mexiko einen neuen Präsidenten. Pérez vertraut
keinem der Kandidaten: „Niemand hat einen überzeugenden Plan, die
Missstände zu beseitigen.“
29 Jun 2012
## AUTOREN
Fatma Aydemir
Fatma Aydemir
## TAGS
Feinde der Pressefreiheit
Mexiko
Mexiko
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