| # taz.de -- Drogenmafia in Mexiko: Kopfgeld auf Blogger ausgesetzt | |
| > Er/sie veröffentlicht pikante Details über mexikanische Kartelle und | |
| > korrupte Behörden. Die Drogenmafia macht Jagd auf eine/einen | |
| > Unbekannte(n). | |
| Bild: Die Facebook-Seite von „Valor por Tamaulipas“. | |
| MEXIKO STADT dpa | Auf ihn ist ein Kopfgeld ausgesetzt, genauer gesagt auf | |
| seine Identität. Jemand möchte seinen Namen wissen und ihm „den Schnabel | |
| stopfen“. Es geht um einen mexikanischen Blogger, der im Netz anonym über | |
| die Umtriebe des organisierten Verbrechens in dem von Gewalt zerrissenen | |
| nordostmexikanischen Bundesstaat Tamaulipas nahe an der Grenze zu den USA | |
| berichtet. | |
| Auf seiner vor einem Jahr eingerichteten Facebook-Seite | |
| „[1][//www.facebook.com/ValorPorTamaulipas?fref=ts:Valor por Tamaulipas]“ | |
| („Mut für Tamaulipas“) und über sein Twitterkonto | |
| [2][//twitter.com/ValorTamaulipas: @ValorTamaulipas] ist der Blogger, der | |
| weder sein Alter noch sein Geschlecht preisgibt, mächtigen Gruppen ins | |
| Gehege gekommen, die ihn zum schweigen bringen wollen. | |
| „Für mich wird das zu einem Wettlauf gegen die Zeit, den ich nicht werde | |
| gewinnen können. Irgendetwas müsste passieren, ein Wunder, damit das | |
| organisierte Verbrechen nicht solche Macht hat, und es gibt weder national | |
| noch international den Willen, diesen Krebs zu beseitigen“, sagt er oder | |
| sie der Nachrichtenagentur dpa. | |
| In Ciudad Victoria, der Hauptstadt von Tamaulipas, tauchten jetzt | |
| Flugblätter auf, in denen 600.000 Pesos (rund 36.000 Euro) Belohnung | |
| angeboten wurden für den, der die Identität des Bloggers oder seiner | |
| nächsten Verwandten enthüllt. „Gutes Geld, um elenden Schnüfflern den | |
| Schnabel zu stopfen, wie diesen Blödmännern, die sich für Helden halten“, | |
| heißt es auf den Flugblättern, auf denen auch eine Telefonnummer für | |
| Hinweise steht. | |
| ## Hinweis auf „Los Zetas“ | |
| Der anonyme Blogger sagt, es sei nicht das erste Mal, dass sie ihn | |
| bedrohten. In dieser mexikanischen Region wurden schon mindestens vier | |
| andere Internetaktivisten ermordet, unter ihnen die Journalistin María | |
| Elizabeth Macías (39), die für den Blog „Nuevo Laredo en Vivo“ („Nuevo | |
| Laredo live“) schrieb. Sie wurde 2011 enthauptet aufgefunden. Neben ihrer | |
| Leiche fand die Polizei eine mit mehren „Z“ unterzeichnete Botschaft – ein | |
| Hinweis auf das Kartell „Los Zetas“ – sowie eine PC-Tastatur, ein | |
| CD-Laufwerk und mehrere Kabel. | |
| Auch die klassischen Medien werden attackiert. Zeitungen wie El Mañana in | |
| der Grenzstadt Nuevo Laredo pflegen daher die Selbstzensur. Der Betreiber | |
| der Seite Valor por Tamaulipas sagt, dass er auch schon einmal daran | |
| gedacht habe, kleinbei zu geben. Aber aus verschiedensten Teilen von | |
| Tamaulipas erreichten ihn immer wieder Berichte über Gefahrensituationen, | |
| und er fühle, dass sie es wert seien, verbreitet zu werden, um andere | |
| Personen zu schützen. | |
| „Diese Drohungen hat es immer gegeben. Was mir am meisten Angst macht ist, | |
| dass diese jetzt in vielen Teilen von Tamaulipas Verbreitung finden. In | |
| Tamaulipas wird man mit dem Tode 'bestraft', wenn man solche Berichte | |
| veröffentlicht, denn das geht gegen die Interessen der Kartelle und der | |
| korrupten Behörden“, sagt der Blogger. | |
| Zum ersten Mal sei es im vergangenen November richtig gefährlich geworden, | |
| als das Golfkartell auf Facebook eine Gegenseite einrichtete, auf der | |
| 10.000 Sympathisanten gebeten wurden, seine Seite auf Facebook anzuprangern | |
| und ihn für den Einsatz des Militärs verantwortlich zu machen. Er habe auch | |
| schon Falschinformationen erhalten, um die Glaubwürdigkeit seiner Seite zu | |
| untergraben. | |
| ## Kein Vertrauen in die Behörden | |
| Die Berichte, die er bekomme, stammten zu 99 Prozent von Bürgern und der | |
| Rest von einigen Behörden, die es leid seien, dass Morde ungesühnt blieben, | |
| sagt er. Trotz aller Drohungen hat der anonyme Aktivist nicht um | |
| Personenschutz gebeten. Nicht nur, weil so seine Identität bekannt würde, | |
| sondern auch, weil er den Behörden misstraue, die in Mexiko oft Komplizen | |
| der Verbrecher seien. | |
| Die Politik der Regierung des neuen Präsidenten Enrique Peña Nieto sei es, | |
| keine Verherrlichung von Verbrechen zuzulassen und deshalb Information über | |
| diese Themen zu beschränken. „Das heißt, der Knebel für die Medien wird | |
| noch stärker“, sagt der Blogger. Wohl auch deshalb habe ihn niemand von | |
| Regierungsseite kontaktiert, um ihn zu unterstützen. | |
| „Ich vermute, sie wollen mir zeigen, dass ich dem organisierten Verbrechen | |
| alleine gegenüberstehe“, sagt er. „In meinem Staat sind der Schmerz, das | |
| Leid, die Angst, die Unsicherheit so groß, dass es Hunderte Familien gibt, | |
| denen es wie mir geht oder noch schlechter, denn sie haben nicht den Schutz | |
| der Anonymität.“ | |
| 24 Feb 2013 | |
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