| # taz.de -- Verfassungsschutzpräsident erklärt sich: „Der Blick war zu eng�… | |
| > Der scheidende Verfassungsschutzpräsident Heinz Fromm äußert sich im | |
| > Untersuchungsausschuss zu den Gründen seines Rücktritts. Und auch zur | |
| > Aktenschredderei. | |
| Bild: Hatte zu viele Probleme mit seinen Mitarbeitern: Heinz Fromm. | |
| BERLIN taz | Die Sitzplätze reichten nicht aus in Saal 4900 des | |
| Paul-Löbe-Hauses. Noch auf dem letzten Quadratzentimeter standen Zuschauer | |
| und Medienleute, um die Aussage des scheidenden Verfassungsschutzchefs | |
| Heinz Fromm vor dem NSU-Untersuchungsausschuss des Bundestags in Berlin zu | |
| hören. Der war wegen einer beispiellosen Aktenschredder-Affäre in seinem | |
| Amt am Montag zurückgetreten, deren Hintergründe weiter nebulös bleiben. | |
| Fromms Aussage war freilich schon für diesen Tag geplant worden, bevor die | |
| Schredderei potenziell wichtiger Akten zur Aufklärung des NSU-Komplexes | |
| bekannt wurde. Und so äußerte sich der 63-Jährige am Donnerstagnachmittag | |
| erst mal grundsätzlicher. | |
| Aschfahl und sichtbar angefasst bedauerte er, die Taten des NSU über Jahre | |
| hinweg nicht als rechtsextreme Mordserie erkannt zu haben. „Das ist, und | |
| dabei bleibe ich, eine schwere Niederlage für die Sicherheitsbehörden.“ Und | |
| es sei zugleich „eine schwere Last“, so Fromm weiter, von der man auch | |
| nicht durch organisatorische und personelle Konsequenzen entlastet werde. | |
| Um persönliche Eitelkeiten dürfe es nicht gehen, sagte er mit Blick auf | |
| seinen vorgezogenen Ruhestand ab August. | |
| Dem Verfassungsschutz sei klar gewesen, dass Neonazis zu tödlicher Gewalt | |
| fähig seien, so Fromm. Aber eine rechtsextreme Terrorgruppe, die über 13 | |
| Jahre hinweg abgetaucht bleibt und zehn Menschen exekutiert, habe man nicht | |
| für denkbar gehalten. Man sei wohl „etwas borniert“ gewesen, nur das zu | |
| sehen, was man schon gekannt habe. „Der Blick war zu eng“, so Fromm. | |
| Zur Aktenschredderei selbst äußerte sich der scheidende | |
| Verfassungsschutzchef Fromm mit einigen deutlichen Worten, doch viele | |
| Fragen blieben bis zum Redaktionsschluss weiter offen. | |
| Wie vergangenen Donnerstag bekannt wurde, hatte ein Referatsleiter aus dem | |
| Verfassungsschutz Akten zu mehreren V-Leuten aus dem „Thüringer | |
| Heimatschutz“ gelöscht – jener Neonazitruppe, aus dem auch Uwe Mundlos, Uwe | |
| Böhnhardt und Beate Zschäpe stammten, die nach ihrem Untertauchen 1998 den | |
| Nationalsozialistischen Untergrund bildeten. Noch heikler wurde die | |
| Angelegenheit dadurch, dass die Akten am 11. November 2011 im Reißwolf | |
| landeten: An jenem Tag wurde bekannt, dass es den NSU gab. | |
| „Der Vorgang hat zu einem schwerwiegenden Ansehensverlust des Amtes | |
| geführt, dessen Folgen für die Funktionsfähigkeit des Amtes leider nicht | |
| absehbar sind“, sagte Fromm dazu am Donnerstag. Auf die Nachfrage des | |
| NSU-Ausschussvorsitzenden Sebastian Edathy (SPD), wie er sich erkläre, dass | |
| einer seiner Mitarbeiter diese Akten vernichten ließ, antwortete Fromm: | |
| „Ich weiß nicht, ob es dafür irgendwann eine überzeugende Erklärung geben | |
| wird.“ | |
| Er fühlt sich von dem Mann schwer getäuscht, da dieser zunächst behauptet | |
| hatte, die Akten seien lange vor und nicht unmittelbar nach Auffliegen des | |
| NSU vernichtet worden. „Wenn ich mich bei einem solchen Thema und in einer | |
| solchen Situation nicht darauf verlassen kann, dass mir meine Mitarbeiter | |
| die volle Wahrheit sagen, dann habe ich Probleme“, so Fromm. | |
| Die zunächst vom Aktenschredderer vorgebrachten Datenschutzargumente | |
| überzeugen jedenfalls kein Mitglied des NSU-Untersuchungsausschusses, | |
| unabhängig von der Parteizugehörigkeit. Am Donnerstagvormittag war der für | |
| die Löschaktion verantwortliche Referatsleiter von der Öffentlichkeit | |
| abgeschirmt in einen Raum auf der Präsidialebene des Reichstagsgebäudes | |
| gebracht und von den Ausschussmitgliedern gehört worden. | |
| Er soll dort allerdings nur allgemein über die Aktenführung im Amt geredet | |
| haben. Zur Schredderei selber und seinem Motiv verweigerte er die Aussage. | |
| Gegen ihn läuft ein Disziplinarverfahren, zudem haben die Anwälte von | |
| Opferangehörigen Anzeige erstattet. „Diese Aktion Konfetti ist nach | |
| Befragung des Zeugen noch mysteriöser, als sie vorher schon war“, sagte | |
| Grünen-Obmann Wolfgang Wieland hinterher. | |
| Von einer Sache immerhin konnten sich die NSU-Ausschussmitglieder schon am | |
| Vortag überzeugen. Sie konnten in der Berliner Dienststelle des Bundesamts | |
| für Verfassungsschutz die Klarnamen derjenigen V-Leute erfahren, von denen | |
| Teile der Akten vernichtet worden waren. Das NSU-Trio und seine engsten | |
| Helfer waren nicht darunter. | |
| 5 Jul 2012 | |
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| Wolf Schmidt | |
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