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# taz.de -- Aktenschredder-Affäre beim Verfassungsschutz: Reformieren oder abs…
> Nach dem Rücktritt von Verfassungsschutzchef Heinz Fromm wollen alle
> Parteien etwas ändern. Auch über eine Auflösung des Bundesamtes wird bei
> den Politikern nachgedacht.
Bild: Es muss sich was ändern im Bundesamt für Verfassungsschutz.
BERLIN taz/dpa/dapd | Nach dem Rücktritt von Verfassungsschutzchef Heinz
Fromm wegen der Aktenschredder-Affäre in seinem Amt fordern Politiker aller
Parteien Reformen. Die Forderungen reichen von einer besseren
Zusammenarbeit der Geheimdienste von Bund und Ländern über eine bessere
Kontrolle des Verfassungsschutzes durch das Parlament bis zu einer
kompletten Auflösung des Amtes.
Fromm hatte am Montag seinen Rücktritt verkündet. Zuvor war bekannt
geworden, dass im Verfassungsschutz potenziell relevante Akten zum Umfeld
des rechtsextremen NSU-Trios vernichtet worden sind.
„Es darf natürlich das, was passiert ist, nicht passieren, und deshalb muss
es da auch Konsequenzen geben“, sagte Bundesinnenminister Hans-Peter
Friedrich (CSU). Man werde nun „ganz in Ruhe über Reformen oder
Veränderungen beim Verfassungsschutz reden“, so Friedrich im
Deutschlandfunk.
FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle kündigte an, dass sich die schwarz-gelbe
Koalition an eine „grundlegende Reform der Strukturen der
Sicherheitsinstitutionen“ machen werde.
Genauer wurde er nicht. Der ehemalige liberale Bundesinnenminister Gerhart
Baum will die Rolle des Parlaments bei der Geheimdienstkontrolle stärken.
Der innenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Michael Hartmann,
verlangt, dass sich nach dem Rücktritt von Fromm beim Verfassungsschutz
„nun auch strukturell etwas ändern“ müsse.
„Manchmal haben verschiedene Geheimdienste, aber auch die Polizei, je
eigene V-Leute und verdeckte Ermittler in der Szene und wissen noch nicht
mal voneinander“, sagte er der taz. „Die verschiedenen Sicherheitsbehörden
von Bund und Ländern müssen sich viel besser austauschen.“
In seinen Augen müsse aber auch die Ausbildung der Verfassungssschützer
verbessert werden. Hartmann: „Zum Teil wissen zivilgesellschaftliche
Initiativen besser über moderne Erscheinungsformen des Rechtsextremismus
Bescheid als die Nachrichtendienstler.“
## Immer noch: Kalter Krieg
Es gehe aber auch um eine Haltung, die sich ändern müsse. „Vor allem die
ältere Generation in den Geheimdiensten scheint immer noch in der Zeit des
Kalten Krieges stecken geblieben zu sein“, so der SPD-Politiker.
„Zugespitzt dachten die jahrelang: Der Iwan könnte morgen über den Hügel
gerollt kommen.“
Grünen-Chef Cem Özdemir brachte indirekt eine Abschaffung ins Gespräch.
„Der Verfassungsschutz auf Bundes- und Landesebene gehört komplett auf den
Prüfstand“, sagte er dem Hamburger Abendblatt.
Ähnlich äußerte sich der Linkspartei-Kovorsitzende Bernd Riexinger. Mit
Blick auf die Aktenaffäre fragte er: „Wozu braucht es einen
Inlandsgeheimdienst, der die Ermittlungen zur NSU-Mordserie in die Irre
führt?“
Direkt nach dem Auffliegen der Terrorzelle hatte die Parteiführung schon
gefordert: „Auflösen und abschaffen“.
## Nicht alle sind für Auflösung
Hingegen sprach sich Wolfgang Neskovic, der für die Linke im
Geheimdienstkontrollgremium des Bundestags sitzt, gegen eine Abschaffung
aus: „Wir benötigen einen Verfassungsschutz, weil die Verfassung echte
Feinde hat.“
In der Aktenschredder-Affäre selbst soll der NSU-Untersuchungsausschuss des
Bundestags am Mittwoch die übrig gebliebenen Akten zur „Operation
Rennsteig“ einsehen dürfen.
Von dieser Geheimdienstoperation von 1996 bis 2003 in der Thüringer
Neonaziszene, aus der das NSU-Trio kommt, wurden sieben Aktenordner
gelöscht. Am Donnerstag soll der deshalb zurückgetretene
Verfassungsschutzchef vor dem Ausschuss aussagen.
3 Jul 2012
## AUTOREN
Wolf Schmidt
## TAGS
Schwerpunkt Rechter Terror
Schwerpunkt Rechter Terror
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