# taz.de -- Kommentar Rücktritt Heinz Fromm: Die Geste verdient Respekt | |
> Der Rücktritt des Verfassungsschutzpräsidenten ist honorig, löst aber | |
> nicht das Problem. Die Behörde selbst ist für die Lösung ihrer Aufgaben | |
> ungeeignet. | |
Der Mann hat Charakter. Heinz Fromm, Präsident des Kölner Bundesamtes für | |
Verfassungsschutz, zieht die Konsequenzen aus der Aktenvernichtung in | |
seiner Behörde und beantragt seine Versetzung in den Ruhestand. | |
Eine honorige Geste, denn der Behördenchef ist bestimmt nicht als Erster | |
berufen, im Zusammenhang mit der eklatanten Pannenserie in Sachen | |
Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) seinen Hut zu nehmen. | |
Fromm war einer der wenigen in den Reihen der Sicherheitsbehörden, der | |
wiederholt gewarnt hatte, den Großteil der Ressourcen der | |
Verfassungsschutzbehörden in die Überwachung der islamistischen Szene zu | |
stecken. | |
Fromm war es auch, der bei seinem Amtsantritt von terroristischen | |
Strukturen unter Rechtsextremen sprach, als andere dies noch konsequent | |
bestritten. Und gegen die Zusammenlegung der Beobachtungsfelder rechter und | |
linker Extremismus aus Kosten- und Effizienzgründen hatte er sich, wenn | |
auch am Ende vergeblich, vehement gestemmt. | |
Als Präsident des Bundesamtes trägt Fromm dennoch Verantwortung. Daher | |
seine Entscheidung. Nur: Der Rücktritt löst kein einziges der Probleme. | |
Das Versagen der Verfassungsschützer im Kampf gegen den Rechtsextremismus | |
war und ist in den wenigsten Fällen ein personelles, es ist meist ein | |
systematisches. Nur um einige Punkte zu benennen: Vom Verfassungsschutz | |
bezahlte Informanten alimentieren die Neonaziszene, V-Leute vertreiben | |
rassistische Hetzmusik, sie verüben Brandstiftungen und veröffentlichen | |
Morddrohungen. | |
Sie fordern zu Straftaten auf und werden von ihren V-Mann-Führern vor | |
drohenden Polizeimaßnahmen gewarnt. Dass jetzt auch noch die Akten | |
vernichtet wurden, in denen derartige Vorgänge dokumentiert sein müssten, | |
ist fast schon die logische Folge. | |
Vornehme Aufgabe der nunmehr eingesetzten parlamentarischen | |
Untersuchungsausschüsse im Bund wie in den Bundesländern wäre nun, die | |
entsprechende Schlussfolgerungen aus den skandalösen Vorgängen zu ziehen, | |
die dazu geführt haben, dass eine braune Terrorgruppe jahrelang ungestört | |
Migranten ermorden konnte. | |
Es ist wenig wahrscheinlich, aber auch nicht ganz auszuschließen, dass sie | |
zu einer Erkenntnis kommen, auf die Insider und Kritiker der Dienste schon | |
lange gestoßen sind: Die Architektur selbst ist der Fehler. So würde | |
parlamentarische Aufarbeitung Sinn machen. | |
2 Jul 2012 | |
## AUTOREN | |
Wolfgang Gast | |
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