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# taz.de -- Linke-Politiker Neskovic über Geheimdienste: „Die Verfassung hat…
> Reform ja, Abschaffung nein: Der Linken-Geheimdienstexperte und frühere
> Richter Wolfgang Neskovic will einen Verfassungsschutz ohne V-Leute.
Bild: Soll nach Meinung von Wolfgang Neskovic nicht geschlossen werden: Das Bun…
taz: Herr Neskovic, war der Rücktritt von Verfassungsschutzchef Heinz Fromm
richtig?
Wolfgang Neskovic: In vergleichbaren Situation haben andere Behördenchefs
nicht um ihre Entlassung gebeten, deswegen ehrt es Heinz Fromm, wenn er nun
die Verantwortung übernimmt. Doch die Strukturprobleme und Kontrolldefizite
im Amt sind damit natürlich nicht beseitigt.
Viele Linke wollen den Verfassungsschutz ganz abschaffen. Sie nicht. Warum
nicht?
Wir schaffen ja auch nicht die Feuerwehr ab, wenn sie bei der Brandlöschung
versagt. Wir benötigen einen Verfassungsschutz, weil die Verfassung echte
Feinde hat. Statt einer Abschaffung brauchen wir eine grundlegende Reform.
Was heißt das konkret?
Viel zu oft entziehen sich die Dienste der Kontrolle mit dem Hinweis auf
eine angebliche Geheimhaltungspflichtigkeit von Vorgängen. Aber meine
Erfahrung zeigt, dass 80 bis 90 Prozent davon überhaupt nicht
geheimhaltungsbedürftig sind.
Noch mal: Welche Reformen bräuchte es?
Der Verfassungsschutz muss eine Behörde wie jede andere werden. Das
bedeutet, dass für ihn auch die Kontrollstrukturen gelten müssen, die für
jede andere Behörde gelten. Verantwortlichkeiten müssen klar definiert
werden, Fehlverhalten muss konsequent sanktioniert werden. Gerade bei
Geheimdiensten darf es keine kontrollfreien Zonen geben.
Bisher konnte der Apparat doch auch nicht tun, was er wollte. Sie selbst
sitzen im für die Geheimdienstkontrolle zuständigen Bundestagsgremium …
… aber für eine echte Kontrolle haben wir doch viel zu wenig Zeit und
Mitarbeiter. Und dass es die Regierungsfraktionen in der Hand haben, ob und
in welchem Umfang überhaupt kontrolliert wird, führt das System vollends ad
absurdum.
Alle fordern Transparenz. Es gibt aber auch Dinge, mit denen der
Verfassungsschutz schlecht hausieren gehen kann, etwa die Klarnamen von
V-Leuten.
Das ist richtig, aber die sind nach meiner Überzeugung ohnehin entbehrlich.
Die Vorgänge um den NSU haben das bestätigt. Aus der mit V-Leuten
verseuchten rechtsextremen Szene ist nichts zu den Mordfällen nach außen
gedrungen. Und selbst wenn einzelne Informationen von Wert sind, bleibt das
Grundproblem: V-Leute kommen aus dem Milieu, und sie hören auch nicht auf,
Neonazis zu sein, sobald sie dem Staat gegen Geld berichten. Wir
finanzieren also mit Steuermitteln rechte Propaganda. Das ist unerträglich.
Wie soll der Geheimdienst denn ohne V-Leute mitbekommen, wenn sich
konspirative Terrorzellen bilden?
Der Gabentisch staatlicher Überwachung ist reich gedeckt. Observationen,
Onlinedurchsuchungen, Videoüberwachung oder auch der Einsatz von eigenen
verdeckten Ermittlern der Sicherheitsbehörden. All das ist rechtlich
möglich.
Sie haben mal ein Kurzpraktikum beim Verfassungsschutz gemacht: Wie war
das?
Gemischt. Ich habe dort jüngere, sehr engagierte Mitarbeiter kennengelernt,
die auch das nötige rechtsstaatliche Verständnis haben, andererseits aber
auch noch richtig kalte Krieger.
Das Bundesamt für Verfassungsschutz braucht jetzt einen neuen Chef. Herr
Neskovic, wäre das nicht was für Sie?
Ich frage mich, ob das was für das Bundesamt wäre.
4 Jul 2012
## AUTOREN
Wolf Schmidt
## TAGS
Die Linke
Schwerpunkt Rechter Terror
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