# taz.de -- Neuer Verfassungsschutzchef Maaßen: Mann aus dem Maschinenraum | |
> Hans-Georg Maaßen wird neuer Verfassungsschutzchef. Für den Innenminister | |
> Friedrich ist er ein „brillanter Jurist“. Grüne und Linke hingegen ätzen | |
> gegen den Neuen. | |
Bild: Jurist, konservativ – und nun Chef des Verfassungsschutzes: Hans-Georg… | |
BERLIN taz | Noch vor zweieinhalb Wochen hatte Innenminister Hans-Peter | |
Friedrich (CSU) behauptet, er wolle sich Zeit lassen und „ganz in Ruhe“ | |
einen neuen Chef für das krisengeschüttelte Bundesamt für Verfassungsschutz | |
suchen. Es gebe „keine Notwendigkeit, jetzt irgendeine Entscheidung zu | |
fällen“. | |
Nun ging es doch hopplahopp. An diesem Mittwoch beschloss das | |
Bundeskabinett, dass der 49-jährige Jurist Hans-Georg Maaßen vom 1. August | |
an Nachfolger von Heinz Fromm wird, der Anfang Juli wegen der | |
NSU-Aktenschredderaffäre seinen Rückzug bekannt gegeben hatte. | |
Maaßen ist ein Mann aus dem Maschinenraum. Seit mehr als 20 Jahren arbeitet | |
er als Beamter im Bundesinnenministerium, hat also sechs verschiedene | |
Minister von CDU, SPD und CSU erlebt. Man kann davon ausgehen, dass er | |
stets ein loyaler Untergebener seiner jeweiligen Dienstherren war. Zuletzt | |
war der Ministerialdirigent Stabsleiter für Terrorbekämpfung. | |
Öffentlich aber ist Maaßen bisher ein Unbekannter. Das wird er ändern | |
müssen, will er den Menschen im Land erklären, warum sie dem | |
Verfassungsschutz (wieder) Vertrauen schenken sollen. Nach den über Jahre | |
unaufgeklärten Morden des NSU und der nach wie vor ominösen | |
Aktenvernichtung im Amt. | |
Der Verfassungsschutz steckt in seiner wahrscheinlich tiefsten Krise, und | |
selbst der nach 12 Jahren aus dem Amt scheidende Fromm ist sich nicht | |
sicher, ob er wieder aus ihr herauskommen wird. Man hätte meinen können, in | |
einer solchen Situation würde der Innenminister sich einen neuen | |
Verfassungsschutzchef suchen, der überparteilich auf breite Zustimmung | |
stößt. | |
## Kritik wegen Umgangs mit Kurnaz | |
Die Personalie Maaßen stößt aber zumindest bei Grünen und der Linkspartei | |
auf scharfe Kritik. Sie werfen ihm vor, im Herbst 2002 als damaliger | |
Referatsleiter für Ausländerrecht im Innenministerium dazu beigetragen zu | |
haben, dass der bis 2006 unschuldig im Gefangenenlager Guantanamo | |
internierte Bremer Deutschtürke Murat Kurnaz nicht schon Jahre früher frei | |
kam. Maaßen sei ein „empathieloser Technokrat“, ätzt | |
Linkengeheimdienstexperte Wolfgang Neskovic. Und die Grünen-Fraktionschefin | |
findet: Maaßen habe wegen der Kurnaz-Affäre Altlasten und verkörpere nicht | |
den Neuanfang. | |
Innenminister Friedrich nimmt den Mann aus seinem Haus gegen Kritik in | |
Schutz, vor allem die der Grünen. Die Verantwortung für den Fall Kurnaz | |
habe bei der damaligen rot-grünen Bundesregierung gelegen; diese Jahre | |
später auf einen Beamten im Innenministerium abzuwälzen, findet Friedrich | |
„dreist und unglaublich“. „Maaßen ist ein ausgewiesener Experte und | |
brillanter Jurist“, sagte Friedrich am Mittwoch, und in seinen Augen habe | |
er auch die „nötige Durchsetzungskraft“ für die anstehenden Reformen beim | |
Verfassungsschutz. | |
Dass Maaßen zumindest ein sehr konservativer Jurist ist, ist auch in | |
linksliberalen Kirchenkreisen aufgefallen. Ein evangelischer Pfarrer, der | |
von Maaßens Ernennung gehört hatte, meldete sich bei der taz und empörte | |
sich über einen Aufsatz Maaßens von Ende der 90er. | |
Darin warf Maaßen Kirchenasyl-Aktivisten, die Flüchtlinge vor einer | |
drohenden Abschiebung verstecken, Selbstjustiz vor und schrieb: Der | |
„Zusammenschluss von Gemeindemitgliedern zur gemeinschaftlichen auf | |
bestimmte Dauer ausgerichteten Gewährung von 'Kirchenasyl'“ könne „als | |
Bildung einer kriminellen Vereinigung zu werten sein“. | |
18 Jul 2012 | |
## AUTOREN | |
Wolf Schmidt | |
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