# taz.de -- Kungelei in Österreich: Haiders politische Erben vor Gericht | |
> Ein Steuerberater des ehemaligen Kärntner Landeshauptmannes hat | |
> gestanden: Beim Verkauf der landeseigenen Bank Hypo Alpe Adria kassierte | |
> er 6 Millionen Euro. | |
Bild: Die BayernLB kaufte 2007 die Bank Hypo Alpe Adria, 2009 wurde sie verstaa… | |
WIEN taz | Ein Beratungshonorar von 6 Millionen Euro bringt Kärntens | |
politische Elite ins Schleudern. Und das, weil der Empfänger Gewissensbisse | |
bekam. Dietrich Birnbacher habe „alles Revue passieren lassen“ und am | |
Mittwoch ein Teilgeständnis abgelegt. Der 71-jährige Villacher | |
Steuerberater steht vor dem Landesgericht Klagenfurt, wo aufgeklärt werden | |
soll, warum ein Gutachten von 44 Sätzen so fürstlich bezahlt wurde. | |
Ursprünglich wurde Birnbacher sogar das Doppelte angeboten. „Bei mir sind | |
alle Sicherungen durchgebrannt, als Haider das Angebot machte“, erklärte er | |
vor dem Richter. Jörg Haider, damals Landeshauptmann von Kärnten, hatte den | |
Steuerberater seines Koalitionspartners Josef Martinz (ÖVP) beauftragt, den | |
Verkauf der landeseigenen Hypo Alpe Adria an die BayernLB zu begleiten. | |
Gleichzeitig wurde ihm beschieden, der Vertrag sei längst ausgehandelt. | |
Jörg Haider war 2008 schwer alkoholisiert verunglückt. Josef Martinz sitzt | |
neben Birnbacher und zwei Vorständen der Kärntner Landesholding, die das | |
Honorar begleichen mussten, auf der Anklagebank. | |
Nach Birnbachers Geständnis, ihm sei die Entlohnung damals schon völlig | |
unangemessen erschienen, legte der Richter Martinz nahe, er solle seine | |
Verteidigungslinie überdenken. Martinz plädiert auf nicht schuldig. Das | |
Honorar sei branchenüblich gewesen. Den Verdacht, aus der überhöhten | |
Entlohnung des Gutachters seien Rückflüsse an die Parteien oder deren | |
Repräsentanten gegangen, hat er immer zurückgewiesen. In diesem Punkt wird | |
er von Birnbacher vorerst entlastet. Diesbezüglich sei nichts vereinbart | |
worden. Aber: „Ich hab es für möglich gehalten, dass einer kommt und sagt: | |
Jetzt zahlst du mir was …“ | |
## Verlierer sind die Steuerzahler | |
Die Hypo Alpe Adria war von Jörg Haider mit zwielichtigen Balkangeschäften | |
zur sechstgrößten Bank Österreichs aufgeblasen und 2007 an die Bayerische | |
Landesbank verkauft worden. Der Journalist Richard Schneider hat die | |
Geschichte 2010 in dem Buch „Tatort Hypo Alpe Adria“ aufgearbeitet. | |
2009, als die Bayern bemerkten, dass ihnen ein Portfolio von mehr als 3 | |
Milliarden Euro an faulen Krediten als prosperierendes Kreditinstitut | |
verkauft worden war, musste die österreichische Bundesregierung einspringen | |
und die Hypo notverstaatlichen. | |
Verlierer sind die Steuerzahler in Österreich und Bayern, Gewinner gibt es | |
weniger: der deutsche Investmentbanker Tilo Berlin, der durch den Verkauf | |
binnen weniger Monate 700.000 Euro verdiente. Und Österreichs | |
Exfinanzminister Karl-Heinz Grasser, dessen Familie für eine Investition | |
von einer halben Million Euro mehr als 56 Prozent Rendite kassierte. Berlin | |
soll außerdem eine Erfolgsprämie kassiert haben. | |
Immerhin ist Hypo-Exvorstandsvorsitzender Wolfgang Kulterer (noch nicht | |
rechtskräftig) zu dreieinhalb Jahren Haft wegen Untreue verurteilt worden. | |
Haider kann von der Staatsanwaltschaft nicht mehr belangt werden. Aber | |
seine politischen Erben sitzen in Kärnten noch an den Schalthebeln der | |
Macht. Einige auch auf der Anklagebank. | |
12 Jul 2012 | |
## AUTOREN | |
Ralf Leonhard | |
## TAGS | |
Kroatien | |
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