# taz.de -- Rücktritte bei ÖVP: Kärnten immer tiefer im Sumpf | |
> Der Skandal um die Kärntner Parteienfinanzierung weitet sich aus. Nach | |
> der rechtspopulistischen FPK hängt jetzt auch die ÖVP voll mit drin. Ein | |
> Haider-Erbe sieht sich als Opfer. | |
Bild: Möchtegern Opfer in Siegerpose: Haider-Nachfolger Uwe Scheuch. | |
WIEN taz | Die Kärntner Landesregierung ist wieder um ein Mitglied kleiner. | |
Am Donnerstagabend erklärte der ÖVP-Landesrat Achill Rumpold gemeinsam mit | |
zwei weiteren hohen Parteifunktionären überraschend seinen Rücktritt. | |
Am Mittwoch hatte der Chef der rechtspopulistischen Freiheitlichen in | |
Kärnten (FPK), Uwe Scheuch, seinen Sitz in der Landesregierung geräumt und | |
sein Amt als Landeshauptmannstellvertreter niedergelegt. | |
Als Begründung gab der politische Haider-Erbe nicht die gegen ihn laufenden | |
Ermittlungen an, sondern die „Medienhetze“, als deren unschuldiges Opfer er | |
sich sieht. Scheuch wurde im Juli erstinstanzlich zu sieben Monaten auf | |
Bewährung und einer kräftigen Geldstrafe verurteilt, weil er einem | |
potenziellen russischen Investor für eine Parteispende die österreichische | |
Staatsbürgerschaft in Aussicht gestellt hatte. | |
Weitere Verfahren stehen ins Haus: wegen der Finanzierung einer | |
Parteibroschüre aus öffentlichen Mitteln und wegen der Korruptionsaffäre um | |
den Steuerberater Dietrich Birnbacher. Der hatte letzte Woche gestanden, | |
Haider und seine Verbündeten hätten ihm 2007 ein völlig überzogenes Honorar | |
von 12 Millionen Euro aufgedrängt, um ihm dann Zuwendungen für die Parteien | |
abzuverlangen. | |
Während Haiders damaliger Koalitionspartner Josef Martinz, ÖVP, daraufhin | |
ein umfassendes Geständnis ablegte und von allen Ämtern zurücktrat, | |
bestreiten die FPK-Politiker jede Schuld. Birnbacher sagte aus, Uwe Scheuch | |
und sein Finanzlandesrat Harald Dobernig hätten eine halbe Million Euro | |
verlangt, aber nicht bekommen. Denn nach dem Unfalltod Jörg Haiders hätte | |
er, Birnbacher, den Großteil des Geldes für sich behalten. | |
In der ÖVP Kärnten bleibt jetzt kein Stein auf dem anderen. Der neue | |
geschäftsführende Obmann Gabriel Obernosterer versucht, da Neuwahlen | |
drohen, eine völlige Neuaufstellung. Mit neuen Gesichtern will der kaum in | |
der Partei verankerte Obernosterer seine eigene Hausmacht stärken. | |
## Mauern, solange es geht | |
Bei der FPK, die mit der FPÖ in einer CDU-CSU-Allianz verbunden ist, geht | |
man den umgekehrten Weg: Mauern, solange es geht. Uwe Scheuch setzte als | |
Nachfolger seinen älteren Bruder Kurt ein, der als weniger intelligent, | |
aber als radikaler gilt. | |
Auch er ist in der Birnbacher-Affäre belastet, war er doch Mitglied des | |
Aufsichtsrats der Kärntner Landesholding, die das absurd hohe | |
„Beratungshonorar“ zahlen musste. Im Amt der Kärntner Landesregierung wurde | |
am Donnerstag die Korruptionsstaatsanwaltschaft vorstellig, um Akten | |
sicherzustellen. | |
Die anderen Parteien – SPÖ, ÖVP und Grüne – könnten gemeinsam die Aufl�… | |
des Landtags und Neuwahlen beschließen. Allerdings nicht, wenn die | |
FPK-Abgeordneten den Sitzungssaal verlassen und so das Zweidrittelquorum | |
verhindern. Genau das will die FPK tun. | |
Grünen-Chef Rolf Holub, der sich um die Aufdeckung der Skandale verdient | |
gemacht hat, rechnet mit Wahlen im November, hält es aber für möglich, dass | |
die FPK mit zuletzt 45 Prozent stärkste Partei bleibt: „Die können verdammt | |
gut wahlkämpfen.“ | |
3 Aug 2012 | |
## AUTOREN | |
Ralf Leonhard | |
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