# taz.de -- Nigeria verdonnert Shell zu Milliarden-Strafe: 125.000 Dollar pro B… | |
> Nigeria hat wegen eines Lecks am Bonga-Ölfeld eine Strafe von 5 | |
> Milliarden Dollar gegen Shell verhängt. Der Konzern sieht dafür keine | |
> gesetzliche Grundlage. | |
Bild: Die nigerianischen Küstenbewohner am Nigerdelta haben sich mittlerweile … | |
COTONOU taz | Shell hört es gar nicht gern, wenn man von Strafe spricht. Es | |
sei lediglich ein Vorschlag seitens der nigerianischen Behörden gewesen, | |
antwortet ein Sprecher des Konzerns in Großbritannien auf Nachfrage knapp. | |
Trotzdem: Die gewaltige Summe von 5 Milliarden US-Dollar (gut 4 Milliarden | |
Euro) steht im Raum. | |
Genannt hat sie Peter Idabor von der Agentur zur Untersuchung von | |
Ölhavarien Nosdra (Nigerian Oil Spills Detection and Response Agency). Die | |
staatliche Behörde führt Buch darüber, wo und wie häufig im Nigerdelta im | |
Südosten des Landes Öl austritt. | |
Ursache für die Forderung ist eine Ölkatastrophe, die sich kurz vor | |
Weihnachten 120 Kilometer vor der nigerianischen Küste abspielte. Vom | |
Ölfeld Bonga sollen innerhalb weniger Tage 30.000 bis 40.000 Barrel in den | |
Atlantik geflossen sein. Shell bemühte sich um Schadenbegrenzung, | |
veröffentlichte regelmäßig neue Informationen über die Säuberungsarbeiten | |
und verkündete am 5. Januar stolz: Die Arbeiten auf der Plattform seien | |
wieder aufgenommen worden und der Atlantik sauber. | |
Nnimmo Bassey, Träger des Alternativen Nobelpreises und Nigerias | |
bekanntester Umweltschützer, bewertet das anders. „Es ist katastrophal für | |
die ganze Region gewesen. Fischer haben uns beispielsweise immer wieder von | |
der Verschmutzung berichtet.“ Bassey hält die mögliche Strafe deshalb für | |
angemessen. „Aus meiner Sicht ist das keine riesige Summe“, sagt er. | |
## Shell fördert in Nigeria seit 1958 | |
Im Vergleich zu vorherigen Ölkatastrophen erscheint die in Nigeria | |
geforderte Strafzahlung allerdings gigantisch. Setzt sich die Behörde mit | |
ihrer Forderung tatsächlich durch, dann müsste Shell etwa 125.000 US-Dollar | |
pro Barrel zahlen, das in den Atlantik geflossen ist. | |
Für die Katastrophe von „Deepwater Horizon“ vor dem Golf von Mexiko waren | |
beim Prozessauftakt Ende Februar lediglich 4.300 US-Dollar pro Fass im | |
Gespräch. Dort könnte es nun auf eine Schadenszahlung seitens des | |
BP-Konzerns von insgesamt 15 Milliarden Dollar hinauslaufen, berichtet die | |
Sunday Times. | |
Vielleicht empfindet Ölmulti Shell, der seit 1958 Öl in Nigeria fördert und | |
vergangenes Jahr 71 Ölfelder betrieben hat, die Summe deshalb als viel zu | |
hoch. „Für die Höhe der Strafe gibt es unserer Ansicht nach gar keine | |
Rechtsgrundlage“, teilte das Unternehmen mit. Außerdem habe man sehr | |
professionell auf den Vorfall reagiert. | |
Für Umweltschützer Nnimmo Bassey ist das die typische Reaktion eines | |
Ölgiganten. „Shell will sich so der Verantwortung entziehen und weist die | |
Schuld von sich.“ Stattdessen hat es nun aus seiner Sicht ein Erwachen | |
aufseiten der nigerianischen Behörden gegeben. „Die Forderung ist ein gutes | |
Zeichen der Regierung. Ein Schritt in die richtige Richtung.“ Durchgesetzt | |
ist sie damit aber noch lange nicht. Über die Empfehlung muss nun das | |
nigerianische Parlament entscheiden. | |
18 Jul 2012 | |
## AUTOREN | |
Katrin Gänsler | |
## TAGS | |
Nigeria | |
Umweltkatastrophe | |
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