# taz.de -- Proteste gegen Energiekonzern: Shells Ölbohrungen in der Kritik | |
> Royal Dutch Shell will bald mit der Ölförderung in der Arktis beginnen. | |
> Die USA hat nichts dagegen, Umweltschützer versuchen mit allen Mitteln, | |
> das Projekt zu verhindern. | |
Bild: Der Eisbär, egoistisch wie er nun mal ist, ist gegen die Arktis-Bohrunge… | |
WASHINGTON taz | Das Eis in der Arktis schmilzt – die Ölbohrer können | |
kommen. Wenn es nach dem britisch-niederländischen Konzern Royal Dutch | |
Shell geht, beginnen die ersten Probebohrungen in der Tschuktschen- und der | |
Beaufortsee im August. | |
Der Konzern vermutet gigantische Ölvorkommen unter dem Seeboden zwischen | |
Sibirien und der USA und nördlich von Alaska. Die mineralölfreundlichen | |
PolitikerInnen des Bundesstaats unterstützen das Projekt. Doch | |
UmweltschützerInnen versuchen, die Bohrungen in der Heimat von Eisbären und | |
Grönlandwalen noch zu verhindern. | |
Die Aktivisten demonstrieren, sie petitionieren, sie agitieren in Sozialen | |
Netzwerken. Und sie klagen vor Gericht gegen die Bohrlizenzen. Ihre | |
Begründung: Die Umweltauflagen seien ungenügend, die Notfallpläne bei einer | |
Ölpest unzureichend. | |
Wie stark sich Shell kurz vor dem geplanten Bohrbeginn fühlt, zeigt ein | |
Pokerspiel zwischen dem Konzern und der [1][Umweltbehörde EPA]. Der Konzern | |
verlangt für die Bohrungen sogar Ausnahmegenehmigungen vom | |
US-Luftreinhaltungsgesetz. Denn die Generatoren auf seinem Bohrschiff | |
„Noble Discoverer“ geben mehr Schadstoffe ab als zugelassen. | |
Im Gespräch mit US-Medien erklärt Shell-Sprecher Curtis Smith, die | |
Generatoren seien bereits so umgebaut, dass sie über den aktuellen Stand | |
der Technik hinausgingen. Mehr sei nicht möglich. Er gibt sich | |
zuversichtlich, dass die Ausnahmeregel kommen wird. | |
## Vier Milliarden Dollar investiert | |
Der Konzern arbeitet seit 2005 daran, die Ölvorkommen in der Arktis zu | |
erschließen. Dabei hat er bereits mehr als vier Milliarden US-Dollar in | |
Bohrlizenzen und Bohrmaterial investiert. Prinzipiell hat Washington den | |
Plänen längst zugestimmt. Trotzdem gerieten Shells Vorhaben wiederholt ins | |
Stocken. | |
Im Sommer 2010 konnte der Konzern nicht mit den Bohrungen beginnen, weil | |
die US-Regierung nach der Explosion der BP-Plattform „Deepwater Horizon“ | |
und der anschließenden Ölpest im Golf von Mexiko ein Moratorium für | |
Offshore-Bohrungen erklärte. Im Sommer 2011 ging es nicht, weil die EPA | |
noch mit den Genehmigungen zögerte. | |
In diesem Jahr hatte Shells 46 Jahre altes Bohrschiff „Noble Discoverer“ | |
eine Panne: Auf dem Weg in die Arktis rutschte es vor einer Insel in der | |
Beringsee vom Anker und geriet unkontrolliert bis auf 165 Meter nah an eine | |
Insel bei Dutch Harbour heran. Gegenwärtig untersuchen Experten den Rumpf | |
in einem Dock in Seattle auf Schäden. Wenn die Arbeiten abgeschlossen sind, | |
benötigt das Schiff aber immer noch zwei Wochen für die Fahrt zu seinem | |
Ziel. | |
Das Zeitfenster für Bohrungen in der Arktis ist kurz. Selbst in normalen | |
Jahren ist das Ölbohren aus meteorologischen Gründen maximal drei Monate | |
lang möglich. Doch in diesem Jahr hat ein besonders kalter Winter den | |
Sommerbeginn in der Arktis noch weiter nach hinten verschoben. | |
## Ölversorgung für drei Jahre | |
Einer der prominenten Gegner des Vorhabens ist der Musiker Paul McCartney. | |
Er argumentiert, dass Aufwand und Risiko unverhältnismäßig groß seien. Die | |
dort vermuteten 24 Milliarden Barrel Öl reichten gerade, um den Ölbedarf | |
der USA über etwas mehr als drei Jahre zu decken – wenn der | |
Energieverbrauch des Landes nicht steigt. | |
Andere Gegner des Projekts, die „Yes Men“, haben eine [2][gefakte | |
Shell-Webseite] ins Internet gestellt. Die PR-Abteilung des Konzerns | |
reagierte darauf mit einer wütenden Klagedrohung. Die Umweltorganisation | |
[3][Greenpeace] ist mit einem eigenen Boot nach Alaska gefahren. Wie ein | |
Crew-Mitglied der „Esperanza“ der New York Times sagte, will sie dort den | |
Seeboden rund um die Bohrstelle kartografieren. | |
Der Umweltverband [4][Sierra Club] hat seine Mitglieder aufgefordert an | |
US-Präsident Barack Obama zu schreiben. Der Vorschlag für den Brieftext: | |
„Wir können Shell in der Arktis nicht trauen.“ | |
27 Jul 2012 | |
## LINKS | |
[1] http://www.epa.gov/ | |
[2] http://arcticready.com/ | |
[3] http://www.greenpeace.de/ | |
[4] http://www.sierraclub.org/ | |
## AUTOREN | |
Dorothea Hahn | |
## TAGS | |
Alaska | |
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