# taz.de -- Shell-Ölbohrinsel auf Grund gelaufen: „Vabanquespiel“ in der A… | |
> Die „Kulluck“ sitzt vor Alaskas Küste fest. Für den Energiekonzern Shell | |
> ist das ein Rückschlag, denn bislang sind alle Bohrversuche erfolglos. | |
Bild: Die „Kulluck“ hat mehr als eine halbe Million Liter Diesel sowie 45.0… | |
STOCKHOLM taz | Die Pannenserie bei den Ölbohrversuchen in der Arktis geht | |
weiter. Am Montag lief das von Shell eingesetzte Bohrschiff „Kulluck“ vor | |
der Küste Alaskas auf Grund. Es hat mehr als eine halbe Million Liter | |
Diesel sowie 45.000 Liter Schmier- und Hydrauliköl an Bord, die bei einem | |
Leck auslaufen könnten. Umweltschützer sehen nun alle Vorbehalte gegenüber | |
Bohrungen in der sensiblen Region bestätigt. | |
Shell spiele ein „Vabanquespiel“, sagt der Inuit und Biologe Carl | |
Wassillie: „Sichere Operationen? Die Wirklichkeit sieht ganz anders aus!“ | |
Die 30 Jahre alte „Kulluk“ wurde seit Spätsommer 2012 vor der Nordküste | |
Alaskas eingesetzt und befand sich auf dem Weg nach Seattle ins | |
Winterquartier. | |
Vor der Südküste Alaskas geriet sie bei einem Schleppmanöver bei | |
stürmischem Wetter außer Kontrolle, die Verbindung zum ersten Schleppschiff | |
riss, ein zweites hatte Maschinenschaden und musste sich ebenfalls von dem | |
Bohrschiff lösen, um nicht selbst in Seenot zu geraten. | |
Sean Churchfield, Shell-Produktionsmanager in Alaska, spricht von einer | |
ganzen Kette von Pannen, die „nicht hätten passieren dürfen“. Das | |
Bohrschiff sitzt nun auf einem Felsen rund 500 Meter vom Ufer entfernt | |
fest. Laut US-Küstenwache gab es bis Mittwoch noch kein Anzeichen eines | |
Lecks. Wegen des schlechten Wetters sei es aber nicht möglich, den | |
Treibstoff abzupumpen, hieß es. Man sei deshalb darauf eingestellt, eine | |
Ölpest bekämpfen zu müssen. | |
## Investitionen von 4,5 Milliarden US-Dollar | |
Der jetzige Unfall ist ein weiterer Rückschlag für die Arktisölsuche | |
allgemein und speziell die Offshore-Ölaktivitäten von Shell in der | |
Beaufort- und Tschuktschensee. 4,5 Milliarden US-Dollar hat der Konzern | |
bereits investiert, ohne einen Tropfen Öl gefunden zu haben. | |
Ende November war bekannt geworden, dass eine der zentralen | |
Sicherheitskomponenten, mit denen Shell das Risiko der Arktisbohrungen für | |
beherrschbar erklärt hatte, falsch konstruiert war: Eine Auffangglocke, die | |
bei einem unkontrollierten Ölaustritt über das Bohrloch auf dem Meeresboden | |
gestülpt werden soll, war bei einem Test kollabiert und hatte sich wie eine | |
zerknüllte Bierdose verformt. | |
Und kurz vor Weihnachten hatte die US-Küstenwache das andere | |
Arktis-Bohrschiff von Shell, die 47 Jahre alte und von Kritikern als | |
schrottreif bezeichnete „Noble Discoverer“, wegen technischer Mängel | |
stillgelegt. Sollte die „Kulluk“ verloren gehen, werden in diesem Sommer | |
wohl keine Bohrungen stattfinden: Derartige eisverstärkte Konstruktionen | |
sind rar, und laut Sicherheitsauflagen müssen immer zwei vor Ort sein, um | |
im Falle eines Blow-outs schnell eine Entlastungsbohrung starten zu können. | |
Die „Kulluk“ werde hoffentlich der „tipping point“ sein, der die | |
US-Regierung davon überzeugt, dass wir „technisch nicht in der Lage sind, | |
in der Arktis nach Öl zu bohren“, erklärte Susan Murray, Vizepräsidentin | |
der Meeresschutzorganisation Oceana. | |
2 Jan 2013 | |
## AUTOREN | |
Reinhard Wolff | |
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