| # taz.de -- Kommentar Kapitalflucht: Der Mars hat kein Casino | |
| > Der Abzug von Firmenvermögen kann die Euro-Zone nicht zerstören. Dass | |
| > Konzerne auf riesigen Barreserven sitzen, ist aber ein Zeichen für eine | |
| > drohende Rezession. | |
| Diese Nachricht klingt zunächst bedrohlich: Shell will seine Barbestände | |
| aus Europa abziehen. Zur Disposition stehen 15 Milliarden Dollar, die der | |
| Ölkonzern nun lieber in den USA investieren möchte. Allerdings hat Shell | |
| noch nicht endgültig entschieden, wie es sein Barvermögen über den Globus | |
| verteilt. | |
| Trotzdem drängt sich eine Frage auf: Wenn Großkonzerne die Eurozone | |
| verlassen – ist die Gemeinschaftswährung dann am Ende? Da kann Entwarnung | |
| gegeben werden. Der Euro kann durch Fluchtbewegungen nicht zerstört werden. | |
| Selbst wenn alle Firmen aus dem Euro fliehen wollten – sie wären gefangen. | |
| Denn es würde sich die banale Frage stellen: Wo sollen sie mit ihrem | |
| Fluchtgeld hin? | |
| Die Firmen können ihre Barschaften nicht auf dem Mars anlegen, und auf der | |
| Erde ist selbst der Dollarraum zu klein, um alle Euros zu absorbieren. | |
| Konsequenz: Falls viele Unternehmen wie Shell fliehen wollen, würde der | |
| Dollarkurs so stark steigen, dass es sich bald nicht mehr lohnte, den Euro | |
| zu verlassen. Die Flucht würde wieder enden. Genau deswegen wurde der Euro | |
| übrigens gegründet: Man wollte einen Währungsraum schaffen, der groß genug | |
| ist, um gegen Spekulationen weitgehend abgesichert zu sein. | |
| An Shells publizierten Fluchtgedanken ist daher ein anderer Aspekt | |
| interessant: Es ist bemerkenswert, dass das Unternehmen so viele Milliarden | |
| besitzt, die es auf den Finanzmärkten anlegen will. Die Firma ist keine | |
| Bank, benimmt sich aber wie eine. Dies ist kein Einzelfall. Alle | |
| Großkonzerne verfügen über enorme Barreserven. | |
| Dies mag gesund aussehen, ist aber krank. Statt in die Produktion zu | |
| investieren, horten die Firmen ihr Geld. Das ist ein sicheres Zeichen | |
| dafür, dass eine Rezession droht. | |
| 7 Aug 2012 | |
| ## AUTOREN | |
| Ulrike Herrmann | |
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