# taz.de -- Schwäbische Beamte beim Ku-Klux-Klan: Polizisten, Ritter und Rassi… | |
> Zwei Polizisten aus Baden-Württemberg waren Mitglied im Rassistenbund | |
> KKK. Bekannt wurde das erst jetzt, weil sie Kollegen der vom NSU | |
> ermordeten Michèle Kiesewetter waren. | |
Bild: Das sind zwar KKK-Mitglieder in den USA – aber wer weiß, wer unter der… | |
BERLIN taz | Jeder kennt die Bilder aus Filmen über die Südstaaten der USA | |
in den 30er- bis 60er-Jahren: Männer in weißen Kapuzengewändern, die Kreuze | |
entflammen – und Jagd auf Schwarze machen. Nur die wenigsten dürften aber | |
gewusst haben, dass der Ku-Klux-Klan (KKK) auch in der Bundesrepublik sein | |
Unwesen treibt. Und kaum jemand hätte wohl damit gerechnet, dass | |
ausgerechnet deutsche Polizisten bei dem rassistischen Geheimbund | |
mitmischen. | |
Doch genau so ist es in Baden-Württemberg vor wenigen Jahren gewesen. | |
Bekannt wird der Vorfall erst jetzt im Zusammenhang mit den Ermittlungen | |
zum Nationalsozialistischen Untergrund (NSU). | |
Nach Informationen der taz waren gleich zwei baden-württembergische | |
Polizisten 2001/2002 Mitglieder bei den „European White Knights of the Ku | |
Klux Klan“. Dieser Ableger der US-Rassistenorganisation war laut interner | |
Akten des baden-württembergischen Verfassungsschutzes im Oktober 2000 vom | |
Skinband-Musiker Achim S. alias „Ryan Davis“ gegründet worden. Er | |
existierte mit rund 20 Mitgliedern bis etwa Ende 2002. | |
Als Ziel nannte der KKK-Ableger die „Erhaltung der weißen Rasse in einem | |
weißen Europa“. Aufgenommen wurde nur, wer eine weiße Hautfarbe und keine | |
jüdischen Vorfahren hatte. „Rassenvermischung? Nein danke“, lautete ein | |
Slogan. | |
## Blut zum Schwur | |
Unter den Mitgliedern der Truppe war laut Akten des Verfassungsschutzes | |
auch der heutige Chef der NPD-Jugendorganisation JN, Michael Schäfer – und | |
eben die zwei baden-württembergischen Polizisten, die rund ein halbes Jahr | |
bei der Rassistentruppe mitmischten. Fotos aus der Zeit zeigen sie vor | |
KKK-Devotionalien. Im Rahmen eines Disziplinarverfahrens hatten die beiden | |
Männer im Jahr 2004 ihre frühere Mitgliedschaft beim KKK eingeräumt und von | |
Initiationsriten berichtet. | |
Der eine der beiden Polizisten gab an, er sei auf einer Ruine in der Nähe | |
von Schwäbisch Hall zum Ku-Klux-Klan-Ritter geschlagen worden und habe | |
seinen Schwur mit einem Tropfen Blut besiegelt. | |
Gleichzeitig behaupteten die Polizisten aber, sie hätten nicht geahnt, dass | |
der Geheimbund rassistisch und voller Neonazis sei. Als ihnen das | |
aufgefallen sei, seien sie ausgetreten. Von einer „vorübergehenden | |
Fehlorientierung“ war die Rede. | |
Das baden-württembergische Innenministerium räumt den Vorgang auf Nachfrage | |
ein. Es habe damals disziplinarrechtliche Konsequenzen gegeben, sagte ein | |
Ministeriumssprecher am Dienstag, ohne weitere Details zu nennen. Ihren Job | |
verloren hätten die beiden Polizisten aber nicht. Die Beamten mit | |
KKK-Vergangenheit sind also nach wie vor im Dienst. | |
## Keine Hinweise auf Verbindungen zum NSU | |
Wirbel erzeugt der Vorfall mit den baden-württembergischen Polizisten aber | |
auch, weil die beiden Männer Kollegen von Michèle Kiesewetter waren. Die | |
gebürtige Thüringerin arbeitete bei der Böblinger Bereitschaftspolizei und | |
wurde im April 2007 in Heilbronn ermordet. Wie erst viereinhalb Jahre | |
später herauskam, waren die Täter wohl Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt von | |
der rassistischen NSU-Terrorzelle. | |
Das schafft Raum für neue Spekulationen. Allerdings haben die Ermittlungen | |
bisher keinerlei Hinweis darauf ergeben, dass es eine Verbindung zwischen | |
dem deutschen Ableger des KKK und dem NSU gab oder gar die Polizisten etwas | |
mit den Taten zu tun haben. „Es gibt keinen einzigen Anhaltspunkt, dass | |
andere Personen oder Organisationen außer den NSU-Mitgliedern an der Tat | |
beteiligt sein könnten, in welcher Form auch immer“, sagte ein Sprecher der | |
Bundesanwaltschaft, die in der Mordserie seit bald neun Monaten mit hohem | |
Druck ermittelt. | |
Das beruhigt die Abgeordneten im NSU-Untersuchungsausschuss des Bundestags | |
aber nur ein kleines bisschen. „Ich hätte es nicht für möglich gehalten, | |
dass zwei deutsche Polizeibeamte Mitglieder des rassistischen und | |
antisemitischen Ku-Klux-Klans waren“, sagte die SPD-Obfrau Eva Högl. „So | |
etwas darf sich in unseren Sicherheitsbehörden nicht ereignen.“ | |
Ähnlich empört reagierte auch FDP-Obmann Hartfrid Wolff. „Der Vorgang hat | |
mich sprachlos gemacht“, sagte er. „Ich hätte mir nie vorstellen können, | |
dass deutsche Polizeibeamte beim Ku-Klux-Klan sind. Leider müssen wir | |
feststellen: Je mehr wir wissen, desto mehr und unglaublichere Fragen | |
stellen sich.“ | |
31 Jul 2012 | |
## AUTOREN | |
Wolf Schmidt | |
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