# taz.de -- Verbindungen vom NSU zum Ku-Klux-Klan: Viele Spuren führen zu Thom… | |
> Uwe Mundlos erwähnte Thomas R. in einer Adressliste. R. war auch im KKK, | |
> wie die Kollegen eines NSU-Opfers. Diese Verbindung wirft viele Fragen | |
> auf. | |
Bild: Wer steckt unter der Kapuze? | |
BERLIN taz | Was jüngst bekannt wurde, ist eigentlich schon brisant genug: | |
Zwei Kollegen der Polizistin Michèle Kiesewetter, die am 25. April 2007 in | |
Heilbronn von den Terroristen des NSU ermordet worden sein soll, waren | |
zeitweise Mitglied in einem deutschen Ableger des Ku-Klux-Klan (KKK). Mit | |
der Tat hätten die bis heute Dienst schiebenden Polizisten aber absolut | |
nichts zu tun, beteuern die Ermittler. | |
Recherchen der taz zeigen jetzt: Es gibt eine noch direktere Verbindung | |
zwischen der Terrorzelle NSU und dem rassistischen Geheimbund KKK. Denn in | |
internen Verfassungsschutzakten wird neben den zwei baden-württembergischen | |
Polizisten auch der Neonazi Thomas R. als eines von rund 20 Mitgliedern der | |
bis 2002 in Deutschland aktiven „European White Knights of the Ku Klux | |
Klan“ aufgeführt. | |
Just jenen Thomas R. hatte sich NSU-Terrorist Uwe Mundlos als Kontakt auf | |
einer Adressliste notiert. Die Liste hatten die Ermittler schon nach dem | |
Abtauchen der drei Jenaer Rechtsextremen im Januar 1998 in deren | |
Bombenwerkstatt gefunden – sie schenkten ihr aber damals keine besondere | |
Beachtung. | |
Ein fataler Fehler, wie man inzwischen weiß: Die Namensammlung liest sich | |
heute wie ein „Who is who“ der mutmaßlichen Helfer des Neonazitrios. Allein | |
zehn Kontakte führten nach Chemnitz. Einer der aufgelisteten Kameraden soll | |
dem Trio dort den ersten Unterschlupf organisiert haben, bevor es später | |
jahrelang klandestin in Zwickau lebte. Aber auch Ralf Wohlleben steht auf | |
dieser Liste. Er sitzt seit Monaten in Untersuchungshaft, weil er zu neun | |
der zehn NSU-Morde Beihilfe geleistet haben soll. | |
Gleich darüber findet sich – handschriftlich eingetragen – der Name Thomas | |
R. Dazu eine Festnetz- und eine Handynummer sowie seine Postfachadresse in | |
Halle an der Saale. Ebendieser Thomas R. – Spitzname „HJ Tommy“ – war um | |
die Jahrtausendwende einer der führenden Neonazis Sachsen-Anhalts. | |
In einem internen Bericht des Bundeskriminalamts über „Rechtsextremistische | |
Kameradschaften“ wurde er damals als Einziger aus dem Bundesland namentlich | |
genannt und als „Namengeber und Initiator“ des „Nationalen Widerstands | |
Halle“ bezeichnet. Unter dessen Dach sei auch die regionale Sektion des | |
militanten Neonazi-Netzwerkes „Blood & Honour“ organisiert gewesen, das in | |
Deutschland im Jahr 2000 verboten wurde. | |
## BKA: Keine heiße Spur | |
Thomas R. war auch Herausgeber der Zeitung Nationaler Beobachter und | |
betrieb eine Reihe rechtsextremer Webseiten. Besonders interessant ist | |
dabei R.s Bezug zur Neonazi-Zeitschrift Der Weisse Wolf: Die | |
Internetpräsenz des neonazistischen Fanzines befand sich auf einer seiner | |
Webseiten. In der Ausgabe 18 druckte Der Weisse Wolf im Jahr 2002 einen aus | |
heutiger Sicht bemerkenswerten Satz. Im Vorwort steht fettgedruckt, ohne | |
weitere Erläuterung: „Vielen Dank an den NSU“. Neun Jahre bevor die | |
Öffentlichkeit den Namen der Nazi-Terrorzelle erfuhr, wussten die | |
Magazinmacher womöglich schon Bescheid. | |
Der Mord an der Polizistin Michèle Kiesewetter gilt längst schon als einer | |
der mysteriösesten Kriminalfälle der deutschen Geschichte. Warum | |
ausgerechnet sie ermordet wurde, ist nach wie vor völlig unklar. Durch die | |
nun bekannt gewordene Verbindung zwischen NSU und KKK wird das Bild noch | |
verworrener. | |
Die Ermittler gehen dieser Spur nach, bewerteten sie aber nach | |
Informationen der taz bisher nicht als heiß. Sowohl die beiden Polizisten, | |
die zwischenzeitlich im Ku-Klux-Klan waren, als auch Thomas R. gelten als | |
Zeugen, nicht als Verdächtige. Offiziell äußern will man sich beim | |
Bundeskriminalamt dazu nicht. Bei der Bundesanwaltschaft heißt es: „Es gibt | |
nach derzeitigem Stand der Ermittlungen keinerlei Anhaltspunkte, dass | |
andere Personen oder Organisationen außer den NSU-Mitgliedern in die Tat | |
verwickelt waren.“ | |
Der heute 37-jährige Thomas R. selbst will nicht mit der taz sprechen. In | |
der rechtsextremen Szene ist er nach wie vor aktiv – als selbst ernannter | |
„Nationaler Demonstrationsbeobachter“. Im Mai noch wurden auf seiner Seite | |
Fotos von einer NPD-Demo online gestellt. R.s Name und seine Hallenser | |
Postfachadresse allerdings sind nach der Anfrage der taz aus dem Impressum | |
der Seite verschwunden. | |
15 Aug 2012 | |
## AUTOREN | |
Sebastian Erb | |
Wolf Schmidt | |
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