| # taz.de -- Tatort-Regisseur über Krimis: „Deutsche Ermittler sind sehr altb… | |
| > Ku-Klux-Klan-Anhänger bei der Polizei? Für einen „Tatort“ ist so etwas … | |
| > ernst, sagt Regisseur Lars Kraume. Dafür tut die Frankfurter Kommissarin | |
| > Conny Mey viel für die Emanzipation. | |
| Bild: Tut viel für die Emanzipation: Frankfurts Ermittlerin Conny Mey. | |
| taz: Herr Kraume, jüngst kam raus, dass zwei schwäbische Polizisten, die im | |
| Ku-Klux-Klan organisiert waren, bis heute im Dienst sind. | |
| Lars Kraume: Im Ernst? Nein, das wusste ich nicht. | |
| Sie haben viele „Tatorte“ geschrieben und gedreht, sie sind der Autor des | |
| Frankfurter Duos Frank Steier und Conny Meys. Ist es nicht an der Zeit, ein | |
| kritischeres Bild von der Polizei in deutschen Krimis, auch im Frankfurter | |
| „Tatort“ zu zeichnen? | |
| Natürlich ist die mutmaßliche Verstrickung der Polizei in das rechte Milieu | |
| ein spannendes Thema, auch für den Krimi. Aber konkret für den Frankfurter | |
| „Tatort“ sind solche politisch relevanten Themen nicht wirklich passend. | |
| Dafür ist er zu fiktional. | |
| Die von ihnen geschriebenen „Tatorte“ arbeiten doch stark mit einem | |
| Realitätsbezug. Die meisten basieren auf echten Fällen, und auch die | |
| lichtlosen Behördenflure, durch die Conny Mey laufen muss, sind ein immer | |
| wiederkehrendes Bild. | |
| Vier von fünf „Tatorten“ basieren auf echten Fällen, mit denen sich eine | |
| Bremer Mordkommission befasst hat. Insofern gibt es einen Realitätsbezug. | |
| Aber Rechtsradikalismus in der Polizei hört sich für mich eher nach einem | |
| Sujet für einen Politthriller an. | |
| Warum? | |
| Weil der „Tatort“, wenigstens für mich, nicht am stärksten ist, wenn er | |
| gesellschaftliche Realität eins zu eins abbildet. | |
| Deshalb kann keine Nebenfigur rechtsradikal sein, deswegen zeichnen so gut | |
| wie alle deutschen Krimis ein so positives Bild von der deutschen Polizei? | |
| Na ja, es gab ja einen Polizeiruf von Hans Steinbichler, der erst um 22.15 | |
| Uhr gesendet wurde, weil er das positive Bild der Polizei angekratzt hat – | |
| und zu viel Gewalt enthielt. | |
| Einen, genau. | |
| Natürlich gibt es ein Ungleichgewicht. Das Gros der deutschen Ermittlerduos | |
| funktioniert noch immer sehr konservativ und altbacken, mit einem sehr | |
| aufrechten Ermittler im Zentrum. | |
| Warum verklären die Deutschen ihre Polizisten so? Im Ausland ist das völlig | |
| anders. | |
| Wahrscheinlich weil in Deutschland die Krimis so erfolgreich sind – und im | |
| Grunde wie „Derrick“ funktionieren. Wir versuchen mit Figuren wie Conny Mey | |
| authentischere Figuren zu zeigen. Aber da ist dann auch schon das Ende der | |
| Fahnenstange erreicht. Die meisten Leute, die bei so einem Krimi mitzureden | |
| haben, von den Redaktionen bis zu den Schauspielern, haben in Deutschland | |
| noch ein sehr altmodisches Bild vom Ermittler. | |
| Wie erklären Sie sich den Krimiboom im deutschen Fernsehen? | |
| Vielleicht sind die Programmgestalter ein bisschen einfallslos. Mir fällt | |
| dazu nur der Satiriker Oliver Kalkofe ein. Der hat zum deutschen Fernsehen | |
| gesagt: Das ist, als ob man einem Häftling Brot und Wasser hinstellt und | |
| hinterher sagt, schau, er hat alles gegessen, er will gar nichts anderes. | |
| Könnte es nicht sein, dass der Krimi gerade in Krisenzeiten boomt? Immerhin | |
| zeigt er die massive Verletzung der moralischen Ordnung, nimmt also eine | |
| Verunsicherung auf – stellt aber am Ende verlässlich die Ordnung wieder | |
| her. | |
| In deutschen Filmen ist eine solche Verunsicherung ja gar nicht zu sehen. | |
| Anders als etwa in „The Dark Night Rises“, dem letzten Batmanfilm. Da wird | |
| ein hoch fiktionales Genre – Comic der Superhelden – mit realitätsnahen | |
| Krisenbildern aufgeladen, Stichwort 9/11. Für solche Filme passt Ihre These | |
| von Verunsicherung und Wiederherstellung der Ordnung. | |
| Die Deutschen lieben nicht nur ihre Polizeimärchen, sie mögen es auch | |
| zunehmend, wenn Frauen die Verbrechen aufdecken. Gibt es in den Redaktionen | |
| eine Diskurs darüber nach dem Motto: Wir wollen mehr starke Frauen sehen, | |
| denn die machen Quote? | |
| Nein, den gibt es so nicht. Aber natürlich nimmt man es Frauen heute mehr | |
| ab, dass sie sich in Männerberufen behaupten können. Und es gibt ja auch | |
| viel mehr Frauen in der Polizei. | |
| Das stimmt nicht. Es gibt einen leichten Zuwachs bei der | |
| Bereitschaftspolizei, die Mordkommissionen aber sind noch immer zu 90 | |
| Prozent mit Männern besetzt. | |
| Wirklich? Dann ist das Fernsehen ja ausnahmsweise mal Vorreiter. | |
| Solche Realitäten interessieren Sie bei der Figurenentwicklung gar nicht? | |
| Für mich war Schimanski immer der beste Ermittler, und ich fand, wir | |
| brauchen jetzt mal ein weibliches Pendant. Natürlich ist die Conny Mey ist | |
| eine hoch fiktive Figur. Uns ging es darum, wie Frauen mit Weiblichkeit in | |
| Männerdomänen umgehen, mit ihrer Sexualität, mit Emanzipation. | |
| Diese Frage entspricht natürlich dem Zeitgeist. | |
| Eben. | |
| Im Moment ist keine Kommissarin so lässig wie die von Ihnen entworfene | |
| Conny Mey. | |
| Ich finde auch, dass Sie mit ihrer unabhängigen Sinnlichkeit viel tut für | |
| die Emanzipation. | |
| Welche Eigenschaft war für Sie noch wichtig? | |
| Dass sie spürbar aus der working class kommt. Diese Conny Mey hätte auch | |
| den Friseurladen ihrer Mutter übernehmen können, aber jetzt hat sie eben | |
| richtig Spaß am Polizistenjob. Einfach weil sie gerne Jungs um den Block | |
| scheucht. Die meisten Polizisten, die ich im Rahmen meiner Recherche | |
| getroffen habe, hatten eine solche körperliche Lust an ihrer Arbeit. | |
| Das Prollige der Conny Mey wurde zunächst ziemlich kritisiert. | |
| Die Reaktionen waren gemischt, ja. Aber die Einschaltquoten waren von | |
| Anfang an sehr gut. | |
| 5 Aug 2012 | |
| ## AUTOREN | |
| Ines Kappert | |
| ## TAGS | |
| Matthias Brandt | |
| Schwerpunkt Rechter Terror | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Matthias Brandt im Polizeiruf 110: Eine Figur wie ein Puzzle | |
| Am Sonntagabend zeigt die ARD Matthias Brandts vierten Auftritt im Münchner | |
| „Polizeiruf 110“. Als Kommissar von Meuffels hat er viele Preise gewonnen. | |
| ARD-Krimi über Heilpraktiker: Vom Softie zum Killer | |
| Mit „Riskante Patienten“ versucht es die ARD zur Primetime mit schwarzem | |
| Humor. Dabei geizt der Sender nicht mit Blut. Die feine Ironie ist schwer | |
| zu finden. | |
| Polizisten beim Ku-Klux-Klan: Bibelstunde mit dem Reverend | |
| Wie kamen zwei Böblinger Polizeibeamte in den rassistischen Ku-Klux-Klan? | |
| An einer Ruine ließen sie sich Ende 2001 zu „Rittern“ schlagen. Ihren Job | |
| durften sie behalten. | |
| Kommentar Polizisten beim KKK: Nur noch widerlich | |
| Die NSU-Untersuchungen haben schon viel Unglaubliches ans Licht befördert. | |
| Dass zwei Polizisten beim Ku-Klux-Klan waren, muss Folgen haben. | |
| Schwäbische Beamte beim Ku-Klux-Klan: Polizisten, Ritter und Rassisten | |
| Zwei Polizisten aus Baden-Württemberg waren Mitglied im Rassistenbund KKK. | |
| Bekannt wurde das erst jetzt, weil sie Kollegen der vom NSU ermordeten | |
| Michèle Kiesewetter waren. |