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# taz.de -- ARD-Krimi über Heilpraktiker: Vom Softie zum Killer
> Mit „Riskante Patienten“ versucht es die ARD zur Primetime mit schwarzem
> Humor. Dabei geizt der Sender nicht mit Blut. Die feine Ironie ist schwer
> zu finden.
Bild: Blutiges Ende: Corinna Kirchhoff als Dorothee.
BERLIN taz | Heilpraktiker: Sie brauchen keine ärztliche Approbation, denn
Schaden können sie keinen anrichten, so sanft ist ihre Methodik. Manche
meinen auch: wirkungslos. Und halten alle Heilpraktiker für
„Scheißbetrüger“. Rüpel Rudger sagt das ganz offen, bei Heilpraktiker Jan
im Sprechzimmer sitzend.
Er ist allerdings auch voreingenommen, hat dafür persönliche Gründe. Er war
im Gefängnis, Jan hat sich zwischenzeitlich um Frau Milene und Sohn Lenny
gekümmert. Rudger nun zu Jan: „Du weißt, wo ich herkomme. Das waren keine
schönen zehn Jahre, und ich bin nicht scharf darauf, wieder hinzukommen.
Aber ich würd ’s riskieren. Verstehst du, was ich dir sagen will?“
Der sanfte Jan wird gespielt von Devid Striesow. Der hat in zwölf Jahren 70
Filme gedreht, sein auf den ersten Blick so sanftes Jungengesicht hat sich
als vielseitig verwendbar erwiesen. Den Ritterschlag hat ihm vor einigen
Monaten der Saarländische Rundfunk beschert: Striesow zählt neben Til
Schweiger, Wotan Wilke Möhring, Jörg Hartmann und Friedrich Mücke zu den
neuen „Tatort“-Kommissaren. Striesows Kommissar-Vorgänger beim SR waren
über das Werben um Striesow nicht informiert und unschön am Telefon
abserviert worden. Das kann man Striesow nicht vorwerfen, er ist nur der
Profiteur.
Nun hat sich der von Striesow gespielte Heilpraktiker Jan also an Rudgers
Stelle als Familienvater gesetzt. Rudger gibt ihm eine Woche Zeit, seine
Möbel zu holen und Milene und Lenny nie wiederzusehen. Und was sagt Milene
dazu: „Rudger ist einfach ein anderer Typ als du. Vielleicht ist es nicht
schlecht für Lenny, wenn er mal lernt, sich zu wehren.“
Lernen, sich zu wehren. Das kennt man als Filmmotiv. Der harmlose,
kreuzbrave Biedermann, der erkennen muss, dass es gegen körperliche Gewalt
am Ende kein anderes Mittel gibt als körperliche Gewalt. Wie Dustin Hoffman
in Sam Peckinpahs „Wer Gewalt sät“.
## Die Mechanismen von Gewalt
So was nennt man dann Studie über die Mechanismen von Gewalt. Die
beinhaltet einen Lernprozess. Jan muss erst einmal skeptisch sein, als ihm
Kumpel Steve (Aljoscha Stadelmann), auch er mit Knasterfahrung, für Rudger
die „finale Lösung“ vorschlägt: „Ist die sicherste Variante. Aber auch …
teuerste.“
Peckinpahs Film ist knallhart und destruktiv und schwer verdaulich. Und in
der ARD-Primetime schwer vorstellbar. Aber zum Glück gibt es ja das schöne
Mittel der Ironie, um auf souveräne Weise alles wieder zurückzunehmen oder
auch nicht. Einziger Nachteil: Nicht alle verstehen die Ironie. Ja, je
besser die Ironie ist, desto weniger wird sie verstanden. So will auch
Rudger-Darsteller Martin Feifel bei der ersten Lektüre des Drehbuchs die
schwarze Komödie nicht als solche erkannt haben.
Um zu zeigen, wohin die Reise gehen soll, hat der Regisseur nach Auskunft
der Darsteller immer wieder Filme der Coen-Brüder angespielt. Welche? Die
Tölpeltruppe um Kumpel Steve lässt an „Burn After Reading“ denken. Stefan
Krohmer (Regie) und Daniel Nocke (Drehbuch) haben seit der gemeinsamen
Ausbildung an der Filmakademie Baden-Württemberg mehr als zehn Filme
zusammen gedreht. Ihr „Dutschke“-Biopic haben viele nicht verstanden.
„Riskante Patienten“ werden auch nicht alle verstehen. Die Ironie ist von
der besseren Sorte.
„Riskante Patienten“, Mittwoch, 20.15 Uhr, ARD
22 Aug 2012
## AUTOREN
Jens Müller
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