Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Urteil zur Bettensteuer: Kulturtaxe versagt
> Das Geld ist ausgegeben, bevor es eingenommen wurde: Die Erfahrungen in
> NRW mit der Bettensteuer, auch Kulturföderabgabe genannt, sind nicht die
> besten.
Bild: Ob wirklich aufs Bett oder die städtische Kultur: Die kommunale Bettenst…
KÖLN taz | Muss man die FDP fürchten, wenn sie Geschenke bringt? Nach der
Bundestagswahl 2009 hatte die Klientelpartei in den Koalitionsverhandlungen
den ermäßigten Mehrwertsteuersatz für Hotelübernachtungen durchgesetzt.
Die Städte sahen in der Ermäßigung eine Chance, ihre prekären Haushalte
aufzubessern. Sie brummten den Hoteliers postwendend die so genannte
„Bettensteuer“, euphemistisch auch „Kulturförderabgabe“ genannt, auf, …
sich in der Regel auf zwei Euro bis 5 Prozent pro Übernachtung beläuft.
Nach einem jetzt ergangenen Urteil des Bundesverwaltungsgerichts in Leipzig
darf die Steuer nur auf private, nicht auf dienstliche Übernachtungen
erhoben werden. Geklagt hatten Hoteliers aus Bingen und Trier. Das Urteil
gilt zwar nur im konkreten Fall, doch das Verfahrenkönnte den Charakter
eines Musterprozesses haben. Die Kulturförderabgabe dürfte sich in Zukunft
nur noch für Städte mit hohem touristischen Aufkommen rechnen.
Köln war bundesweit die erste Kommune, die eine Kulturförderabgabe
eingeführt hat - für Privat- und Dienstreisen. Obwohl man mit 16 Mio.
jährlich kalkuliert hat, wurden für die Jahre 2010 bis 2012 jeweils nur
Beträge zwischen 4,5-7 Mio. Euro erhoben. Und nur im ersten Jahr wurde die
Steuer überhaupt eingezogen.
Später stellte man die Summen zwar in den Haushalt ein, vereinnahmte sie
jedoch nicht, weil die Kölner Hoteliers drei Prozesse vor Kölner Gerichten
angestrengt hatten und die Erhebung währenddessen ausgesetzt ist.
Nichtsdestotrotz wurde das Geld bereits ausgegeben.
## Keine Kompensationsmöglichkeit
Die Beträge wanderten zum Teil in den Gesamthaushalt, zum Teil in die
Stadtbibliothek, die neu gegründete Akademie der Künste der Welt, die
Museumsanierung, aber auch in ein Toilettenkonzept. "Die
Kulturförderausgabe ist sehr wichtig für den Kölner Kulturetat", sagt
Kulturdezernent Georg Quander und sieht derzeit keine Möglichkeit, wie die
in Zukunft fehlenden Gelder kompensiert werden könnten.
Wieviel genau wegfällt, darüber gehen die Meinungen auseinander: Die Stadt
Köln rechnet mit 60 Prozent, Claus Becker vom Hotel- und Gaststättenverband
Köln mit 80 Prozent dienstlich veranlasster Reisen. Er verweist zudem auf
die schwierige Situation für die Hoteliers, die sich jetzt Rückforderungen
von Unternehmen gegenübersehen.
In Köln gibt man sich trotzdem siegessicher. Inge Schürmann, die
Presssprecherin der Stadt, verweist auf einen Erstattungsparagraphen in der
Kölner Satzung, der eine Zurückzahlung zusichert, wenn die Steuer zu
Unrecht erhoben worden sei. Faktisch sieht das so aus: Alle zahlen,
Dienstreisende bzw. Hoteliers können danach einen Antrag stellen. 15.000
Anträge auf Rückerstattung sind bei der Stadt bereits eingegangen, es
dürften noch mehr werden.
## Jeder Euro wird gebraucht
Grundsätzlich vergleicht Schürmann die Kulturförderabgabe mit einer
Kurtaxe. Die Stadt stelle kulturelle und sonstige Infrastruktur zur
Verfügung, dafür soll der Gast zahlen. Das klingt nach einem globalen
Kulturraumgesetz, wonach Besucher aus Peking die Kölner Stadtbibliothek
mitfinanzieren sollen. Die Stadt will jetzt trotzdem die Leipziger
Urteilsbegründung genau prüfen und sich notfalls am Dortmunder Vorbild
orientieren.
Dort ist man gleich den sicheren Weg gegangen, hat das Kulturmäntelchen
weggelassen und die Steuer nur für private Übernachtungen erhoben. "Wir
haben das keinem Zweck zugeordnet, sondern entschieden, dass die
,Bettensteuer' in die Gesamtdeckung des Haushalts einfließt", sagt der
Dortmunder Stadtdirektor Jörg Stüdemann. Auf rund 900 000 Euro beziffert er
das jährliche Aufkommen. Die Frage, ob der Betrag bei einer
Gesamtverschuldung von 2,1 Milliarden Euro ins Gewicht fällt, lässt
Stüdemann nicht gelten. Die Stadt braucht jeden Euro.
Beim Hotel- und Gaststättenverband Westfalen sieht man das anders.
Geschäftsführer Claus Altendorf hält eher eine Summe von 600 000 Euro pro
Jahr für realistisch, vom der noch der hohe Verwaltungsaufwand abzuziehen
sei. Und so haben Essen, Münster und Herne bereits auf eine Erhebung
verzichtet, Bochum prüft derzeit, ob Aufwand und Ertrag der 2012
eingeführten Steuer jetzt noch in einem vernünftigen Verhältnis stehen.
Auch wenn sie jeden Euro brauchen können, für die Ruhrgebietsstädte dürfte
sich die Kulturförderabgabe nach dem Leipziger Urteil kaum noch lohnen.
1 Aug 2012
## AUTOREN
Christoph Zimmermann
## TAGS
Bremen
Tourismus
## ARTIKEL ZUM THEMA
Verfassungsklage wegen Bettensteuer: Hoteliers fühlen sich diskriminiert
Hoteliers in Bremen und Hamburg klagen vorm Bundesverfassungsgericht im
Auftrag des Hotel- und Gaststättenverbandes gegen die „Bettensteuer“.
Kulturtaxe: Eklatante Fehleinschätzung
Stadt verschätzt sich zum zweiten Mal bei Kultur- und Tourismustaxe und
muss aufstocken. Dabei war die Abgabe eigentlich als Entlastung des
Haushalts gedacht.
Neue Einnahmequelle in Hamburg: Bettensteuer reloaded
Die SPD-Fraktion legt einen neuen Gesetzesentwurf zur Kulturtaxe vor. Doch
nur die Hälfte der Einnahmen sollen der Kultur zugute kommen.
Urteil zum Übernachtungszuschlag: Kultursteuer nur für Touristen
Ab 1. Januar wollte Hamburg eine Bettensteuer erheben. Dem Gesetzesentwurf
macht das Bundesverwaltungsgericht einen Strich durch die Rechnung.
Sparen in Lübeck: Saxes Streichliste
Um Sonderhilfen aus dem Konsolidierungsfonds zu bekommen, hat Lübecks
Bürgermeister Bernd Saxe (SPD) den Rotstift angesetzt und eine Sparliste
vorgelegt. Die Reaktionen darauf sind eher zurückhaltend.
Kulturtaxe: Immenser Imageschaden
Die Hotelabgabe ist verfassungswidrig, sagt der Kieler
Rechtswisssenschaftler Florian Becker.
Ku(ltu)rtaxe an der Spree: Kein Mut zur Bettensteuer
Weimar macht vor, wie eine Stadt über eine Kulturabgabe zusätzlich Geld mit
Tourismus verdienen kann. Die Grünen fordern das auch für Berlin, doch SPD
und Linke lehnen ab
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.