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# taz.de -- Ku(ltu)rtaxe an der Spree: Kein Mut zur Bettensteuer
> Weimar macht vor, wie eine Stadt über eine Kulturabgabe zusätzlich Geld
> mit Tourismus verdienen kann. Die Grünen fordern das auch für Berlin,
> doch SPD und Linke lehnen ab
Bild: Weimar schwimmt im Geld, Berlin bleibt sexy
Weimar erhebt sie schon seit 2005, Köln hat sie als erste Großstadt vor
drei Wochen beschlossen: Eine Abgabe für Touristen, die der Kultur zugute
kommen soll. Auch in Berlin sollen nach dem Willen der Grünen wie in Weimar
2,50 Euro pro Übernachtung fällig sein. In Friedrichshain-Kreuzberg hat das
Bezirksparlament gefordert, eine solche Bettensteuer einzuführen, nächste
Woche soll Charlottenburg-Wilmersdorf folgen. Darüber entscheiden aber kann
allein das Abgeordnetenhaus. Doch dort sind SPD und Linke - anders als in
den Bezirken - dagegen.
"Wir sollten die günstigen Hotelpreise nicht künstlich verteuern", sagt der
Wirtschaftsexperte der SPD-Fraktion, Frank Jahnke. Er hält zudem den
Verwaltungsaufwand für zu hoch. Gemäß des aktuellen Vorstoßes, der auf die
Grünen-Fraktionschefin in Charlottenburg-Wilmersdorf, Nicole Ludwig,
zurückgeht, würden die Hotels die Abgabe mit dem Übernachtungspreis
einziehen. "Wir glauben, dass unter dem Strich zu wenig dabei rum kommt,
als dass man mit so einer Abgabe den Tourismusstandort Berlin gefährden
darf", meint Jahnke. Auch Gernot Klemm (Linkspartei) spricht von zu hohen
Verwaltungskosten.
Damit ist vor allem Jahnke inhaltlich auf einer Linie mit der CDU-Fraktion.
"Wir lehnen einen Einreisezoll für Touristen eindeutig ab", sagt deren
wirtschaftspolitischer Sprecher Heiko Melzer. Tourismus sei ein boomenden
Markt in Berlin, "vielleicht gerade, weil die Politik sich da nicht so
stark einmischt."
Rund 19 Millionen Übernachtungen von 8,3 Millionen Gästen zählte die
mehrheitlich landeseigene Berlin Tourismus Marketing GmbH (BTM) für 2009,
die höchste jemals erreichte Zahl trotz Wirtschaftskrise. Bei einer
Kulturgabe von 2,50 Euro pro Nacht wären das über 47 Millionen, die
jährlich in die derzeit oft klammen Kultureinrichtungen der Bezirke fließen
könnten. Die BTM hält sich mit einer Bewertung zurück und zieht sich auf
die Rechtslage zurück: Solche Pläne habe es schon mehrfach gegeben. Gleich
zwei Mal, 1994 und 2008, seien sie am Oberverwaltungsgericht gescheitert.
Dass eine Kulturabgabe rechtlich umstritten ist, räumt auch Jan Stöß (SPD),
neuer Finanz- und Kulturstadtrat in Friedrichshain-Kreuzberg und zuvor als
Verwaltungsrichter tätig. Berlins Attraktivität als Reiseziel aber leide
nicht darunter: "Man fährt nicht deshalb nach Frankfurt/Oder, nur weil es
da keine Bettensteuer gibt."
Auf rechtliche Probleme weist auch der Deutsche Hotel- und
Gaststättenverband hin. "Kurabgaben sind ja ganz klar mit Auflagen belegt,
da müsste es einen Mehrwert geben", sagt ihr Berliner Hauptgeschäftsführer
Thomas Lengfelder. Der Verband hatte bereits protestiert, als der Rat der
Stadt Köln Ende März auf SPD-Antrag eine Bettensteuer beschloss: Eine
solche "Wegelagerei" schade dem lokalen Tourismus, dem Wirtschaftsstandort
sowie dem Handwerk und Einzelhandel.
Auch in Weimar gab es anfangs einen Rechtsstreit, der aber mit einer
Einigung endete. "Die Rückmeldungen der Beherbergungsbetriebe haben sich
zum Positiven entwickelt", heißt es von der Pressestelle der Stadt.
Der Beschluss in Köln, wo man sich davon jährlich 15 bis 20 Millionen Euro
erhofft, ist allerdings noch nicht in Kraft, weil die Steuer in NRW
einmalig ist und daher vom Land genehmigt werden muss. SPD-Fraktionschef
Martin Börschel sieht die Argumente aber auf seiner Seite: Die Kommunen
würden von ihren Aufsichtsbehörden doch immer gedrängt, alle
Einnahmequellen auszuschöpfen. In Berlin lässt sich sein derzeit
ablehnender Parteifreund Frank Jahnke eine Hintertür offen: "Wenn andere
vorangehen, Hamburg oder München, dann könnte sich die Lage anders
darstellen."
15 Apr 2010
## AUTOREN
Stefan Alberti
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