# taz.de -- Kulturtaxe: Immenser Imageschaden | |
> Die Hotelabgabe ist verfassungswidrig, sagt der Kieler | |
> Rechtswisssenschaftler Florian Becker. | |
Bild: Möglicherweise verfassungswidrig: Die soganannte Bettensteuer. | |
Die geplante Kulturtaxe scheint zurzeit das einzige zu sein, was dem | |
unseligen Kultursenator Reinhard Stuth (CDU) noch Halt verspricht: Die | |
fünfprozentige Besteuerung von Hotelübernachtungen könnten ab kommendem | |
Jahr geschätzte zehn Millionen Euro in die Kasse bringen. 7,5 Millionen | |
sollen davon der Kultur zugute kommen - die damit als heimlicher Gewinner | |
aus der Sparklausur hervorgehen würde, wie Stuth nicht müde wurde, seinen | |
Kritikern vorzurechnen. | |
Glaubt man Florian Becker von der Universität Kiel, so klammert sich Stuth | |
allerdings an einen Strohalm: "Die Kulturtaxe ist zweifelsfrei | |
verfassungswidrig." So fasste der Rechtswissenschaftler gestern ein | |
Gutachten zusammen, das er im Auftrag des Deutschen Hotel- und | |
Gastättenverbandes (Dehoga) erstellt hatte. Den Hoteliers empfiehlt er, die | |
entsprechenden Abgabenbescheide vor dem Finanzgericht anzufechten. | |
Da der Gesetzentwurf noch nicht vorliegt, hat Becker die zwei möglichen | |
Varianten der Kulturtaxe durchgespielt: Entweder sie wird, wie etwa die | |
Hundesteuer, als örtliche Aufwandsteuer erhoben - oder als Abgabe, wie es | |
in Kurorten geschieht. | |
Um eine "Bettensteuer" als Aufwandsteuer zu erheben, habe Hamburg aber | |
keine Gesetzgebungskompetenz. Laut Becker wäre sie eine landesrechtliche | |
Imitation der bundesrechtlichen Umsatzsteuer. Mehr noch: Die Kulturtaxe | |
ziele darauf, die bundesgesetzliche Senkung der Mehrwertssteuer zu | |
konterkarieren - und widerspreche damit dem Gebot der "Widerspruchsfreiheit | |
der Rechtsordnung". Hinzu kommt laut Becker, dass die Aufwandsteuer es | |
nötig mache, geschäftliche Übernachtungen von der Regelung auszunehmen. | |
Damit seien aber der Umgehung Tür und Tor geöffnet. | |
Als Abgabe nach dem Modell der Kurorte wiederum könne die Kulturtaxe zwar | |
auf alle Übernachtungen erhoben werden. Nur bedarf es dazu laut Becker | |
einer Typisierung, nach der jeder Übernachtungsgast üblicherweise die | |
kulturelle Infrastruktur eines Ortes in Anspruch nimmt. Was in Hamburg bei | |
50 Prozent geschäftlichen Übernachtungen keinesfalls ginge. | |
Die Kulturbehörde nahm diese Einwände gelassen zur Kenntnis. Im | |
Gesetzentwurf, der noch mit den anderen Behörden abgestimmt werde, habe man | |
die rechtlichen Bedenken gegen die Kulturtaxe berücksichtigt, sagte | |
Sprecherin Claudia Fregiehn. Die Behörde könnte sich dabei auf Klaus | |
Rosenzweig berufen, einem Kollegen von Florian Becker, der an der Uni | |
Lüneburg lehrt. Rosenzweig hat, wie er sagt, "aus eigenem Antrieb" zur | |
Kulturtaxe geforscht und seine Ergebnisse dann als Gutachter für die Grünen | |
in Stuttgart zusammengefasst, wo ebenfalls eine Kulturtaxe beschlossen | |
wurde. Sein Fazit: "Es geht, ganz klar." | |
So sicher wie ihr Gutachter Becker scheint sich schließlich auch die Dehoga | |
nicht zu sein. Ihr Hamburger Vorsitzender, Lutz Nicolaus, beschwor wohl | |
auch deshalb eine Schreckensvision, wenn die Kulturtaxe tatsächlich käme: | |
Die Aufschwungsphase in der Tourismusbranche würde abgewürgt, Kongresse | |
verließen die Hansestadt, um sich anderswo anzusiedeln, "der Imageverlust | |
für Hamburg als Reiseziel wäre immens". | |
Zunichte gemacht würden durch die Kulturtaxe auch der Segen der gesenkten | |
Mehrwertssteuer für Hotelübernachtungen. Die hat laut Dehoga dazu geführt, | |
dass "landauf, landab Hotels investieren und neue Mitarbeiter einstellen". | |
25 Oct 2010 | |
## AUTOREN | |
Maximilian Probst | |
## TAGS | |
Tourismus | |
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