# taz.de -- Neonazis und der DOSB: Einwandfreie Gesinnung | |
> In den Sportverbänden gibt man sich im Fall Nadja Drygalla ahnungslos. | |
> Oder stört sich erst gar nicht an ihren Kontakten. Die Ruderin | |
> distanziert sich von der rechten Szene. | |
Bild: Wer wusste wann was über Nadja Drygallas Umfeld? | |
LONDON/KESSIN taz/dpa | Nadja Drygalla ist wieder in Deutschland. Hans | |
Sennewald, der Chef des Landesruderverbandes Mecklenburg-Vorpommern, hat | |
mit ihr telefoniert. „Sie ist am Boden zerstört“, sagte er der | |
Nachrichtenagentur dpa. | |
Ihm tut die Ruderin aus dem Deutschlandachter der Frauen leid, die | |
[1][London verlassen hat], nachdem berichtet wurde, dass sie mit Michael | |
Fischer, einem militanten Neonazi und NPD-Kader, liiert ist. Für ihn ist | |
die Ruderin ein Opfer. Er spricht von „Sippenhaft für die Überzeugungen | |
ihres Freundes“ und ist entsetzt über den Umgang in der Öffentlichkeit mit | |
ihr. Es ist ein befangenes Urteil. Sennewald selbst ist Teil des Falls | |
Drygalla. | |
Seine Tochter Ulrike saß zusammen mit Drygalla in dem Achter, der auf der | |
olympischen Regattastrecke im Hoffnungslauf ausgeschieden ist. Beide rudern | |
zusammen für den Olympischen Ruderclub Rostock und sind miteinander | |
befreundet. Auch Michael Fischer war einmal Mitglied im ORC. Sennewald ist | |
stellvertretender Vorsitzender des Klubs. Man kennt sich. | |
So ist es auch kein Wunder, dass man im Landesruderverband [2][schon „seit | |
langem“ (Sennewald) weiß], in welchem Umfeld Drygalla sich bewegt. Ein | |
Problem wollte man darin nicht sehen, auch nachdem Drygalla wegen der | |
Beziehung zu Fischer Ende 2011 ihre Ausbildung bei der Polizei abbrechen | |
musste. | |
Sennewald könnte eventuell dazu beitragen, eine Frage zu klären, die | |
derzeit heftig diskutiert wird: Hatte Nadja Drygalla selbst Kontakt zur | |
rechtsextremen Szene? Kein Funktionär war ihr so nahe wie er. Doch er | |
stellt Drygalla einen Persilschein aus. So ist man auf Indizien angewiesen. | |
Die Suche danach läuft auf Hochtouren. Die Zweifel an der demokratischen | |
Gesinnung der 23-Jährigen wachsen. Verpixelte Bilder, die die Ruderin mit | |
Fischer auf einer rechten Demonstration in Malchow 2009 zeigen sollen, | |
schafften es schon in die „Tagesschau“. | |
Auch im Deutschen Olympischen Sportbund will man sich nicht mehr auf das | |
schnelle Urteil verlassen, in dem Generaldirektor Michael Vesper nach einem | |
„intensiven Gespräch“ Drygalla eine [3][einwandfreie Gesinnung attestiert] | |
hatte. „Es wird dazu weitere Gespräche geben, wie sie einzuschätzen ist in | |
dieser Frage“, sagte DOSB-Chef Thomas Bach am Samstag in London. | |
Bach ist vor allem darüber froh, dass der Fall Drygalla international nicht | |
für große Schlagzeilen gesorgt hat. In London berichteten zwar beinahe alle | |
Zeitungen über die Abreise von Drygalla aus dem olympischen Dorf, doch zum | |
großen Skandal wurde die Geschichte nicht gemacht. Auch im IOC wird man | |
sich nicht mit der Abreise Drygallas befassen. Sie habe „nichts über die | |
Spiele und nichts, was im Zusammenhang mit den Spielen steht“, gesagt, | |
meinte Sprecher Mark Adams. | |
## Thomas Bach spielt die beleidigte Leberwurst | |
Thomas Bach, der ja auch Vizepräsident des Internationalen Olympischen | |
Komitees ist, wird das Seine dazu tun, dass das Thema da nicht hochkocht. | |
Doch mit einer Frage wird er sich beschäftigen müssen: Wer hat wann wie | |
viel gewusst? SPD-Bundestagsabgeordnete Dagmar Freitag, die Vorsitzende des | |
Sportausschusses, hatte von Aufklärungsbedarf gesprochen, nachdem sie | |
gehört hatte, die Beziehung Drygallas zu einem Nazi sei im Ruderverband und | |
im DOSB schon länger bekannt. | |
Dem widersprach Thomas Bach heftig. Nichts habe der Verband gewusst, sagte | |
er und gab die beleidigte Leberwurst. Wenn das alles bekannt gewesen sei, | |
warum habe dann niemand den DOSB vor der Nominierung der Athleten | |
informiert, beschwerte er sich und machte diejenigen, die den Fall | |
öffentlich gemacht haben, zum eigentlichen Problem. | |
Auch beim Deutschen Ruderverband gibt man sich ahnungslos. Hans Sennewald | |
hatte zwar angedeutet, dass es einmal Gespräche mit dem DRV gegeben hat, | |
doch der Verband sah keinen Handlungsbedarf, schließlich sei „auf der | |
Geschäftsstelle nichts eingegangen“, wie DRV-Justiziar Stefan Felsner | |
meinte. | |
Dagmar Freitag kündigte unterdessen an, dass sich der Sportausschuss des | |
Bundestages mit Drygalla beschäftigen wird. Wie viel davon dann nach außen | |
dringt, ist ungewiss. Der Ausschuss tagt unter Ausschluss der | |
Öffentlichkeit. Dem DOSB wird’s recht sein. | |
## Drygalla weist alle Spekulationen zurück | |
In einem Interview mit der Nachrichtenagentur dpa wies Drygalla die | |
Spekulationen zurück, dass sie auf dem Demo-Foto zu sehen ist: „Das bin ich | |
nicht, das kann ich ganz klar sagen. Ich empfinde das als unfair und | |
ungerechtfertigt.“ Im weiteren behauptete sie, dass ihr Freund seit Mai | |
2012 kein NPD-Mitglied mehr sei und dass er „persönlich mit dieser ganzen | |
Sache gebrochen und sich verabschiedet“ habe. | |
Die Athletin betonte: „Ich habe keine Verbindung in seinen Freundeskreis | |
und diese Szene gehabt und lehne das absolut ab.“ Wegen der politischen | |
Orientierung ihres Freundes habe sie zeitweise auch an eine Trennung | |
gedacht. „Ich bin froh, dass ich vor den Olympischen Spielen noch einmal | |
klar gesagt habe, dass es so nicht weiter laufen kann.“ | |
Im vergangenen Jahr sei sie freiwillig aus dem Polizeidienst ausgetreten. | |
Es habe Gespräche mit ihren Vorgesetzten gegeben, „in denen auch die | |
Beziehung thematisiert und an meiner Loyalität gegenüber dem Polizeidienst | |
gezweifelt wurde. Ich bin selber zu der Erkenntnis gelangt, dass es dort | |
Konflikte gibt", sagte Drygalla. Nach Angaben von Oliver Palme, Sprecher | |
des Deutschen Ruderverbandes, liegt ein Antrag auf Eintritt als Soldatin in | |
die Sportfördergruppe der Bundeswehr zum 1. September derzeit „auf Eis“. | |
5 Aug 2012 | |
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## AUTOREN | |
Andreas Rüttenauer | |
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