# taz.de -- Skandal im deutschen Olympia-Team: Rechte Schlagseite | |
> Weil sie seit Jahren mit einem führenden Neonazi aus | |
> Mecklenburg-Vorpommern liiert ist, hat Ruderin Nadja Drygalla das | |
> olympische Dorf verlassen. | |
Bild: Nadja Drygalla war bis Ende September 2011 Polizeianwärterin | |
BERLIN/LONDON taz | Am vergangenen Dienstag schied die Ruderin Nadja | |
Drygalla mit dem Frauen-Achter bei den Olympischen Spielen aus. Die | |
sportliche Leistung der Rostockerin löste keine große Debatte aus. Ihre | |
persönliche Beziehung schon. Die Leistungssportlerin des Olympiakaders ist | |
mit Michael Fischer, einem militanten Neonazi aus ihrer Heimatstadt liiert. | |
„Die Beziehung der beiden ist seit langem bekannt“, sagt Günther Hoffmann, | |
langjähriger Rechtsextremismus-Experte in Mecklenburg-Vorpommern. Auch | |
Petra Pau, Mitglied im Vorstand der Bundestags-Fraktion der Linkspartei und | |
im NSU-Untersuchungsausschuss, erklärte: „Frau Drygalla wird ein strammer | |
Hang ins Nazi-Millieu nachgesagt. Das ist nicht neu und das war nicht | |
unbekannt. Dennoch wurde sie sportlich von Behörden und Organisationen zur | |
Olympia-Reife gefördert und in das deutsche Vorzeige-Team berufen.“ | |
Auch von Paus Parteikollegen in Mecklenburg-Vorpommern kommt Kritik. | |
Steffen Bockhahn, Landesvorsitzender der Linken, bestätigte, dass Vorwürfe | |
über Drygallas Kontakte in die rechte Szene bereits seit Frühjahr 2011 | |
bekannt gewesen seien. Sollte Innenminister Lorenz Caffier darauf | |
verzichtet haben, diese Informationen an den Ruderverband weiterzuleiten, | |
ware das nicht entschuldbar, so Bockhahn auf Anfrage der Nachrichtenagentur | |
dapd. | |
In der Nacht zu Donnerstag wies die Internetseite [1][Kombinat Fortschritt] | |
erneut auf die Beziehung zwischen Nadja Drygalla und Michael Fischer hin | |
und fragte, inwieweit diese Verbindung nicht dem olympischen Geist der | |
Völkerverständigung zuwider laufe. | |
Michael Fischer ist dabei nicht bloß ein Mitläufer. Er gilt als Kopf der | |
„Nationalen Sozialisten Rostock“. Für die NPD trat er 2011 zur Landtagswahl | |
an. Drygalla verdankt ihre sportliche Karriere teilweise der Polizei. Mit | |
Beginn ihrer Ausbildung bei der Landespolizei Mecklenburg-Vorpommern im | |
Jahre 2008, so die Redaktion, soll sie Mitglied der Sportfördergruppe | |
geworden sein. | |
Im Polizei-Journal vom März 2008 findet sich ein Bild mit dem Innenminister | |
Lorenz Caffier (CDU) und ihr. Bei der Polizei ist eine Pressesprecherin auf | |
taz-Nachfrage sehr zurückhaltend. „Bitte wenden sie sich an das | |
Innenministerium.“ Michael Teich, Sprecher des Innenministeriums, sagt: | |
„Seit dem 30. September 2011 ist Frau Drygalla nicht mehr | |
Polizeianwärterin.“ Die Polizeischule in Güstrow hat sie vorzeitig | |
verlassen. | |
## Ministerium äußert sich nicht | |
Spekulationen, inwieweit die private Beziehung dabei eine Rolle spielte, | |
wollte Teich nicht befeuern. Zu privaten Beziehungen würde sich das | |
Ministerium grundsätzlich nicht äußern, so der Pressesprecher, erst Recht | |
nicht, wenn es um ehemalige Polizeianwärter geht. | |
„Seit Jahren besteht die Beziehung“, versichert Hoffmann. Er weiß, dass | |
diese Verbindung von der Polizei skeptisch betrachtet wurde. Er fragt, | |
inwieweit ein Dienstherr bei der Auswahl der Lebens- und Sexualpartners | |
mitreden dürfe? „Eine heikle Auseinandersetzung“, sagt er. Die Auflösung | |
des Dienstverhältnisses dürfte den Behörden entgegengekommen sein, denn | |
Fischer gilt als führender Kopf der Neonazi-Szene in | |
Mecklenburg-Vorpommern. | |
Beim Szeneportal „Mupinfo“, das der NPD-Landtagsabgeordnete David Petereit | |
verantwortet, schrieb Fischer am 30. Juli 2011: „Die Stadt hat kein Geld, | |
da die Demokraten jahrelang in die eigene Tasche gewirtschaftet oder | |
Klientelpolitik betrieben haben, aber wenigstens kann man 10.000 Euro zur | |
Verfügung stellen, wenn es um den Bau einer neuen Moschee in Rostock geht“ | |
und forderte, „dass die verfügbaren Gelder der Stadt umgehend und | |
ausschließlich für deutsche Interessen eingesetzt werden“. Am 16. Juni | |
diesen Jahres wetterte er gegen die „linke Ausländerlobby“, die sich für | |
einen Asylbewerber engagierten. | |
Aber Fischer redet oder schreibt nicht bloß. Bei der Gedenkkundgebung in | |
der Hansestadt für das NSU-Opfer Mehmet Turgut am 25. Februar gehörte er zu | |
einer vermummten Gruppen von Neonazis, die die Veranstaltung störten. Ein | |
Beamter wurde dort mit einer Eisenstange verletzt. | |
## Falsche Handynummer | |
Nadja Drygalla war am Donnerstag nicht zu erreichen. Ihre dem Verband | |
bekannte Handynummer ist falsch. Der DOSB-Pressesprecher Christian Klaue | |
sagte der taz: „Ich habe von der Beziehung heute früh in einem Blog | |
gelesen.“ | |
Am Donnerstagmorgen sagte die Silbermedaillengewinnerin im Vierer, Carina | |
Bär, im Deutschen Haus noch, dass sich alle an der Olympiastrecke treffen | |
würden, auch Drygalla. Doch die war dann nicht da. Die Ruderinnen, die | |
gekommen waren, hatten keine Ahnung, wo Drygalla stecken könnte. | |
„Vielleicht kommt sie ja morgen“, sagte Ersatzruderin Lisa Schmidla der | |
taz. Sie kam nicht. | |
Am Freitagmorgen veröffentlichte der DOSB eine Presseerklärung in der es | |
heißt, man habe ein „ausführliches und intensives Gespräch mit unserem | |
Mannschaftsmitglied geführt“. Drygalla habe darin „glaubwürdig“ ihr | |
Bekenntnis zu den Werten der Olympischen Charta und den „in der Päambel des | |
DOSB-Satzung niedergelegten Grundsätzen“ erklärt. | |
Auf einer Pressekonferenz zum Thema am Freitagmorgen nahm Michael Vesper | |
die Ruderin in Schutz. „Wichtig ist, wie sie selber denkt und handelt“, | |
sagte er. „In Deutschland ist jeder für die eigenen Taten und Handlungen | |
verantwortlich, und nicht für die seines Umfelds“. | |
Nadja Drygalla habe das olympische Dorf verlassen „um keine Belastung für | |
die Olympiamannschaft entstehen zu lassen. Die Mannschaftsleitung begrüßt | |
diesen Schritt.“ Noch im August soll ein weiteres Gespräch mit Drygalla | |
stattfinden. | |
3 Aug 2012 | |
## LINKS | |
[1] http://kombinat-fortschritt.com/2012/08/01/mecklenburgische-neonazifreundin… | |
## AUTOREN | |
Andreas Speit | |
Andreas Rüttenauer | |
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