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# taz.de -- Politischer Index auf Twitter: Ein tückisches Wahlorakel
> Wer hat die User auf seiner Seite? @BarackObama oder @MittRomney? Mit dem
> Index „Twindex“ will Twitter politische Stimmung einfangen.
Bild: Ungleichgewicht: Obama folgen mehr als 18,3 Millionen User bei Twitter, M…
BOSTON taz | Es gibt da diese Geschichte mit Mitt Romney und seinem Hund.
Sie wird gern erzählt im amerikanischen Präsidentschaftswahlkampf. Es war
1983, Familie Romney war mit dem Auto auf dem Weg von Boston nach Ontario,
ein 12-Stunden-Trip. Hund Seamus war in einem Zwinger auf dem Dach des
Autos „untergebracht“, laut Zeitplan sollte es nur eine Pause geben.
Der irische Setter kannte jedoch keine Pläne, bald liefen Fäkalien am Auto
herunter und Romney musste einen unplanmäßigen Halt einlegen – Hund Seamus
blieb aber für den Rest der Reise auf dem Autodach.
Romney, der Rücksichtslose, der wenig Empathische. Begleitet wird diese
Episode mit einem endlosen Strom von Umfragewerten, die Romney im Vergleich
zu Barack Obama schlechte Sympathiewerte bescheinigen. Für jede
Charaktereigenschaft und jedes Politikfeld gibt es im US-Wahlkampf eine
Fülle an Daten und Umfragen. Und nun will auch noch Twitter mitmischen.
Der Kurznachrichtendienst hat drei Monate vor der Wahl Anfang November den
„[1][Twitter Political Index]“ gestartet, kurz Twindex. Online seit Anfang
August soll der Index die Stimmung der User in Bezug auf die Kandidaten
messen. Dafür verteilt Twindex täglich Punkte an Romney und Obama von 0 bis
100.
Basis des Ganzen, schreibt Twitters Nachrichten- und Innovationschef Adam
Sharp in einem [2][Blog], sind sowohl die Erwähnungen der offiziellen
Accounts [3][//twitter.com/BarackObama:@BarackObama] und
[4][//twitter.com/MittRomney:@MittRomney], als auch die Inhalte der Tweets.
Um die Stimmung eines Tweets zu analysieren, arbeitet Twitter mit zwei
Datenanalyse-Unternehmen zusammen, die per Algorithmus die Tweets nach
positiven wie negativen Schlagwörtern durchsuchen. „Der Index wird täglich
die Stimmung der Tweets, die Obama und Romney erwähnen, mit den mehr als
400 Millionen Tweets vergleichen, die täglich zu allen anderen Themen
gesendet werden“, schreibt Sharp.
## Jeden Abend neue Punktzahl
Bekommt Obama etwa an einem Tag die Punktzahl 63 von 100, waren die Tweets,
die seinen Namen enthielten oder auf seinen offiziellen Kanal hinwiesen,
positiver als 63 Prozent aller anderen gesendeten Tweets an diesem Tag. Die
Punktzahl wird jeden Abend neu vergeben, um die Stimmung des Tages
widerzuspiegeln. Vorteil von Obama dabei könnte allein die schiere Masse
sein: Dem Präsidenten folgen mehr als 18,3 Millionen User, Romney nicht mal
800.000.
Auch auf Twindex hat der Amtsinhaber Vorteile gegenüber dem Herausforderer.
Am Sonntag kam Obama auf einen Wert von 74, am Montag auf 61. Romney
hingegen hatte lediglich 24 und 21 Punkte. Eine Verlaufslinie auf der Seite
zeigt die Tageswerte außerdem im Überblick. Der Logik von Twitter folgend
ist Obama demnach seit Mitte Juli weitaus populärer als Romney.
Aber kann man Stimmung und Meinung eines Tweets überhaupt messen? „Es ist
möglich“, sagt Tom Rosenstiel, Direktor des unabhängigen „[5][Pew Research
Center for Excellence in Journalism]“. Das Institut hat für eine Studie
über Twitter und den republikanischen Vorwahlkampf in Tweets erstellt, die
die Grenzen des Nutzens von Twitter aufzeigt: Da die politische Diskussion
extrem schnelllebig sei, müsse sich der Algorithmus kontinuierlich
anpassen, um zu funktionieren, so Rosenstiel. „Und was passiert, wenn der
Kandidat nicht direkt in einem Tweet genannt wird? Sind Witze – von denen
es viele auf Twitter gibt – eigentlich als Kritik gemeint?“
## Die Kluft gibt es gar nicht
Auch einem Vergleich mit traditionellen Umfragen hält Twindex nicht stand.
Bei [6][Gallup] kommt Obama aktuell auf 46 Prozent Zustimmung, Romney auf
45. Bei einer [7][Erhebung von CBS News und New York Times] liegt Romney
gar mit einem Prozentpunkt vor Obama (47 zu 46). Die Kluft, die es laut
Twindex gibt, existiert demnach nicht.
Twitter möchte die traditionellen Umfragen nach eigenen Angaben nicht
ersetzen, sondern „ergänzen“, wie Sharp schreibt. Eine Ergänzung, die sich
im marginalen Bereich bewegt, wie Rosenstiel bemerkt. „Lediglich 17 Prozent
der erwachsenen Amerikaner sind bei Twitter und nur 2 Prozent informieren
sich unseren Umfragen zufolge via Twitter über politische Kampagnen.“
Darüber hinaus seien Tweets oftmals sehr viel negativer konnotiert als etwa
Blogs oder klassische Medien.
Twindex dient daher eher nicht als Orakel für den Ausgang der Wahl. Das
zeigt nicht zuletzt die Pew-Studie zum Vorwahlkampf der Republikaner. Denn
wäre es nach Twitter gegangen, hieße Obamas Gegner jetzt nicht Mitt Romney,
sondern Ron Paul.
8 Aug 2012
## LINKS
[1] http://election.twitter.com/
[2] http://blog.twitter.com/2012/08/a-new-barometer-for-election.html
[3] http://https
[4] http://https
[5] http://www.journalism.org/
[6] http://www.gallup.com/home.aspx
[7] http://www.cbsnews.com/sections/opinion/polls/main500160.shtml
## AUTOREN
Rieke Havertz
## TAGS
Schwerpunkt USA unter Donald Trump
Schwerpunkt USA unter Donald Trump
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