# taz.de -- Gesichtserkennung bei Facebook: Bei Biometrie droht Ohnmacht | |
> Der Hamburger Datenschutzbeauftragte nimmt das Verfahren gegen Facebook | |
> wegen der Gesichtserkennungssoftware wieder auf. Was kann er damit | |
> erreichen? | |
Bild: Biometrischer Datensatz oder auch „Fotomarkierung“: Ein Gesicht wird … | |
BERKELEY taz | Johannes Caspar, der Hamburgische Datenschutzbeauftragte, | |
ist keiner, der vorprescht. Er ist ein besonnener, ein eher nachdenklicher | |
Typ. Und genau so führt er auch seinen Kampf gegen die Gesichtserkennung | |
von Facebook. Sehr strategisch. | |
Nachdem Facebook angekündigt hatte, dass seine Verhandlungen mit dem | |
irischen Datenschutzbeauftragten kurz vor dem Abschluss stünden, hatte | |
Caspar sein Verfahren gegen das soziale Netzwerk ausgesetzt. Er hoffte, | |
Facebook werde sich mit seinem irischen Kollegen auf eine rechtlich saubere | |
Lösung einigen. Nun hat Caspar diese Hoffnung offenbar aufgegeben. Der | |
Hamburgische Datenschutzbeauftragte nimmt das Verfahren gegen Facebook | |
selbst wieder auf. | |
Facebook verzichtet zwar laut dem irischen Datenschutzbeauftragten darauf, | |
von neuen Nutzern, die seit dem 1. Juli Mitglieder wurden, biometrische | |
Profile anzulegen. Mehr allerdings nicht. „Damit ist und bleibt die | |
bestehende Datenbank biometrischer Muster, die ohne Einwilligung der | |
Betroffenen angelegt wurde, rechtswidrig“, teilt Caspars Behörde mit. | |
Er fordert ihre Löschung. Oder, dass die Facebook-Nutzerinnen, der | |
Speicherung ihrer biometrischen Daten durch den Konzern wenigstens im | |
Nachhinein zustimmen müssen. Facebook hat diese Zustimmung bisher nie so | |
eingeholt, dass sie nach Caspars Auffassung mit dem europäischen | |
Datenschutzrecht übereinstimmen würde. Es waren Anfang des Jahres lediglich | |
einige Infoboxen eingeblendet worden, die Nutzer aber auch einfach | |
ignorieren konnten. | |
## Biometrische Fotomarkierungen | |
„Bedauerlich ist, dass Facebook die Chance für eine einvernehmliche Lösung | |
nicht genutzt hat und offenbar in dieser Frage auch weiterhin auf Zeit | |
spielt“, sagt Caspar. Seine Auseinandersetzung mit dem Konzern läuft nun | |
[1][seit mehr als einem Jahr]. Lange hatte er auf Verhandlungen gesetzt. | |
Dann wieder darauf vertraut, dass der Kollege in Irland Facebook zum | |
Einlenken bringen würde. Offenbar vergebens. | |
Der Konzern behauptet weiterhin, man befinde sich im Einklang mit | |
europäischem Datenschutzrecht – auch in Sachen Gesichtserkennung. Das Wort | |
benutzen Facebook-Vertreter nie, sie sprechen nach wie vor von | |
„Fotomarkierungen“. Denn das ist das, was Nutzer auf den Facebookbildern | |
sehen. Namen über markierten Gesichter. Vorschläge für diese Markierungen | |
werden über Berechnungen anhand der biometrischen Gesichts-Daten gemacht. | |
Im vergangenen Dezember hatte der irische Datenschutzbeauftragte einen | |
Prüfbericht über Facebook herausgegeben, der auch einige Auflagen | |
formuliert hatte, deren Einhaltung in diesem Sommer noch einmal überprüft | |
werden sollte. Mittlerweile spricht man in Dublin vom Herbst, wenn es um | |
abschließende Beurteilungen oder Konsequenzen geht. | |
Die Wiener Initiative Europe vs. Facebook, die der Student Max Schrems | |
gegründet hat, beklagt, dass sie keinen Einfluss mehr auf dieses Verfahren | |
ausüben könne, obwohl sie es mitangestrengt habe. Schrems fürchtet, dass | |
die irische Behörde vor Facebook einknickt. Mit ihm [2][redet man erst | |
einmal nicht] mehr. | |
## Aufmerksamkeit und Druck | |
Der irische Datenschutzbeauftragte Gary Davis allerdings behauptet, man | |
befinde sich weiterhin in einer „sehr aktiven Diskussion“ in Sachen | |
Gesichtserkennung. Es gehe darum, wie mit den biometrischen Daten jener | |
Nutzer umgegangen werde, die Facebook vor dem 1. Juli beigetreten sind. | |
„Die Diskussionen gehen weiter und wir hoffen, dass wir sie bald zu einem | |
zufrieden stellenden Ende bringen“, sagte Davis der New York Times. | |
Parallel läuft nun das Verfahren in Deutschland. An dessen Ende könnte sich | |
zeigen, wie viel Macht ein deutscher Datenschutzbeauftragter gegen einen | |
Internetkonzern aus den USA wirklich hat. Aufmerksamkeit ist [3][Caspar | |
sicher]. Das erhöht möglicherweise den öffentlichen Druck auf das | |
Unternehmen aus dem kalifornischen Menlo Park, das gerade einen steil | |
sinkenden Börsenkurs verkraften muss. Eine Geldstrafe in Höhe von 25.000 | |
Euro gegen Facebook zu verhängen, wäre wohl möglich. Aber könnte Caspar | |
Facebook auch per Gerichtsbeschluss dazu zwingen, die biometrischen Daten | |
in Deutschland zu löschen? | |
Im schlimmsten Fall wird das Verfahren die Ohnmacht der deutschen | |
Datenschützer verdeutlichen. Auch das könnte ein Grund sein, warum Caspar | |
sehr vorsichtig vorgeht. | |
16 Aug 2012 | |
## LINKS | |
[1] /1/archiv/digitaz/artikel/ | |
[2] /!98597/ | |
[3] http://www.nytimes.com/2012/08/16/technology/germans-reopen-facebook-privac… | |
## AUTOREN | |
Johannes Gernert | |
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