# taz.de -- Kommentar Assange: Ecuador gegen die Achse der Arroganz | |
> Ecuadors Regierung gewährt Julian Assange Asyl und zeigt klare Kante | |
> gegen die Briten und die USA. Und sie bekommt den Opferstatus auf dem | |
> Silbertablett serviert. | |
Bild: „Chinesische Firmen raus aus Ecuador!“ Der Protest von Umweltaktivist… | |
Glaubt ernsthaft jemand, die USA ließen Julian Assange seine Vorliebe für | |
Veröffentlichungen im Internet straflos durchgehen? Dieser | |
„High-Tech-Terrorist“ (Mitch McConnell, Führer der Republikaner im | |
US-Senat), der zum „Angriff nicht nur gegen die USA, sondern ebenso gegen | |
die internationale Gemeinschaft“ (US-Außenministerin Hillary Clinton) | |
geblasen hatte. | |
Solche Aussagen aus dem Jahr 2010 müssen in Erinnerung gerufen werden, um | |
nachvollziehen zu können, warum der Wikileaks-Gründer Julian Assange am 19. | |
Juni in der ecuadorianischen Botschaft [1][um Asyl nachsuchte] und sich | |
einer drohenden Auslieferung nach Schweden entzog. Ebenso das Schicksal des | |
mutmaßlichen Wikileaks-Informanten Bradley Manning, der seit 2010 im | |
US-Knast sitzt und darauf wartet, welche Strafe die US-Justiz gegen ihn | |
verhängen wird. | |
Weder das Vereinigte Königreich noch Schweden wollten oder konnten eine | |
Garantie dafür geben, dass Assanges Überführung von London nach Stockholm | |
nicht nur eine Zwischenstation vor einem US-Gefängnis ist. Ebenso wenig | |
sprach sich die US-Regierung dagegen aus, den gebürtigen Australier Julian | |
Assange nicht früher oder später in Empfang nehmen zu wollen. Das | |
bestätigte am vergangenen Donnerstag Ecuadors Außenminister Ricardo Patiño | |
als er die Entscheidung bekannt gab, Assange diplomatisches Asyl zu | |
gewähren. | |
Konnte sich Ecuadors Regierung anders entscheiden? Die schwedische Justiz | |
hätte Assange jederzeit in der Botschaft vernehmen können. Sie hat es | |
abgelehnt und auf der Auslieferung bestanden. Also, ab mit Assange nach | |
Schweden, dort ist er jedenfalls vor US-Nachstellungen sicher. So und nicht | |
anders wäre es zu kalten Kriegszeiten gelaufen. | |
## So nicht! | |
Doch die Zeiten, in denen ein Anruf aus der US-Botschaft bei der gerade | |
installierten Hinterhofregierung genügt hätte, sind vorbei. Aber, dass die | |
britische Regierung öffentlich darüber nachdachte, mal eben in die | |
Botschaft einzureiten, zeigt, dass die Achse der Arroganz zwischen den USA | |
und Europa noch immer besteht. Ecuadors Entscheidung für Assange ist denn | |
auch weit mehr als nur die Entscheidung über einen Asylantrag. Die | |
Botschaft lautet: So könnt ihr mit uns nicht mehr umspringen! | |
Die Versicherung von Außenminister Patiño, Ecuador sei keine britische | |
Kolonie, mag in Europa als beiläufige Äußerung durchgehen. In Südamerika | |
trifft sich haarscharf den richtigen Ton. Seit Jahren erntet Argentinien | |
mit der Forderung ‚Schluss mit dem Kolonialismus‘ im Ringen um die | |
Falkland/Malwinen-Inseln, von Europa ignoriert, fleißig Zustimmung bei den | |
Nachbarn und vor internationalen Gremien, wie zuletzt Mitte Juni vor dem | |
UN-Komitee zur Entkolonialisierung. | |
Wer es deftiger möchte, der hört seit Jahren Venezuelas Präsident Hugo | |
Chávez, wenn dieser wieder gegen das Imperium im Norden wettert. Dagegen | |
kann Brasilien auf markige Wort verzichten. Die Regionalmacht klettert | |
ohnehin in der Tabelle der führenden Wirtschaftsnationen immer weiter nach | |
oben und spiegelt so das wachsende Selbstbewusstsein in der Region am | |
deutlichsten wider. | |
## Opferstatus auf dem Silbertablett | |
Mit ihrem Gefasel vom Entzug des Botschaftsstatus hat die britische der | |
ecuadorianischen Regierung den Opferstatus auf dem silbernen Tablett | |
serviert. Patiño sprach denn auch zuerst in ganzer Breite über die | |
britische Drohung, bevor er zum eigentlichen Punkt, der Entscheidung über | |
Assanges Asylantrag kam. Vor möglichem Druck aus Europa oder den | |
Vereinigten Staaten braucht sich Ecuador nicht zu fürchten. | |
Die bereits anberaumten Sondersitzungen der Alba-Staaten und der Union | |
Südamerikanischer Nationen (UNASUR) werden den regionalen Schulterschluss | |
bekräftigen. Interessant wird die Dringlichkeitssitzung der Organisation | |
Amerikanischer Staaten (OAS) kommenden Donnerstag. Denn die USA sind nur in | |
der OAS vertreten. | |
Der britische Außenminister William Hague hat derweil den Zeitplan | |
vorgegeben. Es gebe kein "Zeitlimit" für die Lösung des Problems, sagte | |
Hague. Mit anderen Worten, Schweden fordert weiter die Auslieferung, die | |
britischen Regierung sieht sich weiter verpflichtet dem nachkommen zu | |
müssen und solange Julian Assange die ecuadorianische Botschaft nicht | |
verlässt, bleibt alles wie gehabt. Droht Assange lebenslanger Hausarrest? | |
Sein Anwalt, der ehemalige spanische Richter Baltasar Garzón, hat den | |
möglichen Weg aus der Botschaft schon angedeutet. | |
Mit einer Klage beim internationalen Gerichtshof könnte sich sein Mandant | |
die Ausreise nach Ecuador erstreiten. Das aber kann sich hinziehen. | |
17 Aug 2012 | |
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## AUTOREN | |
Jürgen Vogt | |
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Ecuador | |
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