# taz.de -- Wahlen in Ecuador: Ungebrochener Glaube ans Erdöl | |
> Präsident Rafael Correa wird am Sonntag wohl gewinnen, trotz Kritik von | |
> Linken und Indigenen. Sein stärkster Herausforderer ist ein neoliberaler | |
> Bankier. | |
Bild: „Chinesische Firmen raus aus Ecuador!“ Der Protest von Umweltaktivist… | |
GUAYAQUIL taz | In der Ayacucho-Straße reiht sich ein Geschäft für | |
Autoersatzteile an das andere. Die schwüle Mittagshitze staut sich zwischen | |
den Häuserzeilen. Schwitzend zieht ein kleiner Wahlkampftross die Straße im | |
ärmeren Süden von Guayaquil entlang, der zweitwichtigsten Stadt Ecuadors. | |
„Hier kommt Alberto Acosta, Ecuadors nächster Präsident“, brüllt es aus | |
einem Megafon. | |
Am Sonntag sind Wahlen in Ecuador. Neben dem Staatsoberhaupt und dem | |
Vizepräsidenten stehen die 137-köpfige Nationalversammlung sowie die fünf | |
Delegierten im Andenparlament zur Wahl. | |
Acht Männer kandidieren zum Staatspräsidenten. Darunter Amtsinhaber Rafael | |
Correa, der Bankier Guillermo Lasso und der 2005 als Präsident abgesetzte | |
Lucio Gutiérrez. Alberto Acosta ist der Kandidat der oppositionellen Linken | |
und der indigenen Bewegungen. | |
Zwischen seinem Angebot an Auspuffen und Radkappen steht Henrique Ramírez. | |
Gerade hat er Alberto Acosta die Hand geschüttelt. Ramírez hat großen | |
Respekt vor dem ehemaligen Präsidenten der Verfassunggebenden Versammlung. | |
Aber daran, dass Correa die Wiederwahl schafft, hat er keinen Zweifel. | |
„Nach all den Scharlatanen zuvor hat Correa dem Land wieder Stabilität | |
verschafft“, sagt er. | |
## Alberto Acosta, Kandidat der Linken und Indigenen | |
In Guayaquil und der umliegenden Provinz wird die Wahl entschieden. Hier | |
lebt ein Drittel der Stimmberechtigten. „Wenn wir hier 10 Prozent holen, | |
dann haben wir eine Chance, in die Stichwahl zu kommen“, sagt einer aus | |
Acostas Wahlkampfteam. „In den Provinzen der Amazonasregion liegen wir weit | |
vorne, aber dort leben weitaus weniger Menschen.“ | |
Später hat Acosta vor jungem Publikum im überfüllten Audimax der | |
Wirtschaftsfakultät der Universität Guayaquil ein Heimspiel. An der | |
früheren Wirkungsstätte des Wirtschaftswissenschaftlers gerät die | |
Wahlkampfrede zur Vorlesung. „Es stimmt, dass die offizielle | |
Arbeitslosenquote bei 5 Prozent liegt, aber es stimmt auch, dass 45 Prozent | |
der Erwerbsfähigen unterbeschäftigt sind. Es stimmt, dass die | |
Steuereinnahmen des Staates erheblich gestiegen sind, aber auch, dass die | |
unteren Einkommensschichten den größten Beitrag dazu leisten“, doziert er. | |
Nie zuvor verfügte ein Präsident über so viele Finanzmittel wie Rafael | |
Correa. Ein Grund ist der hohe Ölpreis. Selbst die internationale | |
Finanzkrise von 2008 überstand das Land dank der immensen Nachfrage aus | |
China und Indien relativ schadlos. Hinzu kommen einige neuverhandelte | |
Verträge mit Ölfirmen, die eine bessere Rendite gewähren. | |
Correa setzt auf die weitere Ausbeutung von Bodenschätzen. Allen voran die | |
großen Bergbaufirmen warten nur darauf, dass am Tag nach der Wahl grünes | |
Licht für die Zulassung der Mega-Minen in den Bergregionen des Andenstaates | |
gegeben wird. Und die staatliche Petroamazonas wartet auf die Erlaubnis für | |
weitere Ölförderungen in der Amazonasregion. Beides wird die sozialen | |
Spannungen in den betroffenen Regionen verschärfen. | |
## Städtische Mittelschichten und Arme profitieren von Correa | |
Große Teile der städtischen Mittelschichten und ärmeren Bevölkerungsgruppen | |
hingegen profitieren von Correas Ausgaben- und Sozialpolitik. Allen voran | |
in seiner Heimatstadt Guayaquil in der Provinz Guayas, in der rund 30 | |
Prozent der stimmberechtigten Bevölkerung lebt, liegt Correa schier | |
uneinholbar vorn. | |
Linke Kritik und die Sorgen der Indigenen bleiben im Wahlkampf ein | |
Randthema, und das liegt nicht zuletzt an der Präsidentschaftskandidatur | |
von Guillermo Lasso, der in den Umfragen als Zweitplatzierter gehandelt | |
wird. Der Mehrheitseigentümer der zweitwichtigsten Bank Ecuadors | |
präsentiert sich als moderater Rechter und verspricht Steuersenkungen und | |
weniger staatliche Reglementierung in allen Bereichen. Correa konterte mit | |
der Frage, wie denn ohne Steuereinnahmen die Aufgaben des Staates | |
finanziert werden sollen. | |
Seither dreht sich nahezu alles im Wahlkampf um die eine Frage: Will | |
Ecuador den post-neoliberalen sozialen Verteilerstaat oder die Rückkehr zum | |
neoliberalen Modell? Correa, dem viele linke Unterstützer den Rücken | |
gekehrt haben, gilt da denn doch als das kleinere Übel. | |
17 Feb 2013 | |
## AUTOREN | |
Jürgen Vogt | |
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