# taz.de -- Neue Kampagne zur Flexi-Quote: Schröder sendet ein Lebenszeichen | |
> Zwei Wochen nachdem sie die Flexi-Quote öffentlich abmoderiert hat, | |
> startet Kristina Schröder eine Kampagnen-Website. Die Opposition | |
> kritisiert sie als unnütz. | |
Bild: Macht keine glückliche Figur: Kristina Schröder mit ihrer Flexi-Quote. | |
BERLIN taz | Die Aktion soll ihr Lieblingsprojekt am Leben halten: | |
Bundesfamilienministerin Kristina Schröder sandte am Dienstag einen Brief | |
an die Regierungsfraktionen, der ihnen die sogenannte Flexi-Quote noch | |
einmal schmackhaft machen soll. „Die Flexi-Quote ist die intelligente | |
Quote: Sie berücksichtigt individuelle Ausgangsbedingungen – statt alle | |
Unternehmen und Branchen über einen Kamm zu scheren“, schreibt Schröder an | |
die Koalitionskollegen. | |
Ihr Gesetzesentwurf soll Firmen unter Androhung von Sanktionen | |
verpflichten, selbst gesetzte Frauenquoten in Führungspositionen | |
einzuhalten. In der Koalition wird er derzeit vor allem von der FDP | |
blockiert, Schröder hatte ihr Prestigeprojekt deshalb vor knapp zwei Wochen | |
für diese Legislatur abmoderiert. Frauen aus der Union sprechen sich | |
ebenfalls gegen die Flexi-Quote aus, weil sie weitergehen wollen und eine | |
feste Quote befürworten. An diesem Mittwoch nutzte die Ministerin den Start | |
einer neuen [1][Internetseite] nun für einen neuen Vorstoß. | |
Dort stellen die 30 Dax-notierten deutschen Unternehmen ihren Frauenanteil | |
in Führungspositionen dar. Es geht dabei um die Ebenen unterhalb der | |
Aufsichtsräte und der Vorstände der Unternehmen, für die BefürworterInnen | |
einer gesetzlichen Quote feste Frauenanteile fordern. Die Unternehmen | |
hatten die Ergebnisse bereits im Juni präsentiert, als eine erste Bilanz | |
der freiwilligen Selbstverpflichtung, die Schröder im Herbst 2011 mit ihnen | |
ausgehandelt hatte. | |
Am besten schneidet dabei der Waschmittelhersteller Henkel mit 29,5 Prozent | |
Führungsfrauen bei einem gesamten Frauenanteil von 36 Prozent ab. Das | |
Technologieunternehmen Thyssen-Krupp rangiert zwar mit 7,5 Prozent im | |
unteren Bereich der Skala. Doch das Unternehmen nimmt sich mit 15 Prozent | |
leitender Frauen für 2020 offenbar vor, künftig viele weibliche | |
Führungskräfte einzustellen. Der momentan noch sehr männlich dominierte | |
VW-Konzern nimmt sich 30 Prozent Frauenanteil in leitenden Positionen vor – | |
allerdings ohne eine Zeitspanne dafür anzugeben. | |
Jutta von Falkenhausen, Vize-Präsidentin des Vereins Frauen in die | |
Aufsichtsräte, sieht die Seite als „Versuch Frau Schröders, ein kleines | |
Stück ihrer Glaubwürdigkeit zu retten.“ Sie, die mit ihrer | |
Unternehmerinnen-Initiative für eine feste Quote von 30 Prozent Frauen in | |
Aufsichtsräten eintritt, kritisierte gegenüber der taz: „Es wird überhaupt | |
nicht definiert, was eine Führungskraft unterhalb der Vorstandsebene und | |
der Aufsichtsräte ist – damit ist das Instrument witzlos.“ Außerdem greife | |
die Fokussierung – auch der Flexi-Quote insgesamt – auf die Dax-notierten | |
Unternehmen deutlich zu kurz. | |
## „Pseudo-Instrument“ | |
Die Oppositionsparteien kritisierten die Seite ebenfalls als „verzweifelte | |
Selbstdarstellung“. Caren Marks, frauenpolitische Sprecherin der SPD sieht | |
in den Ergebnissen der Dax-Unternehmen eine Bestätigung dafür, dass die | |
Flexi-Quote keine Alternative zu einer gesetzlichen Quote in Vorständen und | |
Aufsichtsräten sein könne. Die meisten Unternehmen hätten sich nur 20 | |
Prozent-Ziele gesetzt, doch unter 30 Prozent verändere eine Regelung nichts | |
an der Unternehmenskultur. „Der Begriff ,intelligente Quote' ist insofern | |
reiner Zynismus“, sagte Marks der taz. | |
Ihre Amtskollegin von den Grünen, Astrid Rothe-Beinlich, glaubt, dass | |
Schröder mit der Seite nur Aktivität vorgeben wolle, weil sie in den | |
eigenen Reihen nicht vorankommt. „Wie naiv muss man denn sein, darauf zu | |
hoffen, dass Transparenz und freiwillige Selbstverpflichtungen es ohne | |
Sanktionsmöglichkeiten schaffen, die enormen Beharrungstendenzen bei den | |
Entscheidungsträgern der Wirtschaft zu überwinden“, sagte Rothe-Beinlich | |
der taz. | |
Sowohl Opposition als auch Verbände trauen Schröder nicht zu, bis zum Ende | |
der Legislatur noch etwas in ihrer Koalition durchzusetzen, was das | |
Geschlechterverhältnis in den deutschen Chefetagen verbessert. Die Berliner | |
Erklärung zeige eindringlich, wie allein Schröder mit ihrem „unsinnigen | |
Pseudo-Instrument Flexi-Quote“ sei, sagte Astrid Rothe-Beinlich. | |
In dieser Erklärung hatten sich im Dezember Persönlichkeiten aus allen | |
Gesellschaftsbereichen für eine feste Quote in deutschen Aufsichtsräten | |
ausgesprochen, unter den 16.860 Unterzeichnern sind auch prominente | |
Unionspolitikerinnen wie familienpolitische Sprecherin Dorothee Bär (CSU) | |
und Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU). | |
22 Aug 2012 | |
## LINKS | |
[1] http://www.flexi-quote.de/startseite.html | |
## AUTOREN | |
Karen Grass | |
## TAGS | |
CDU-Parteitag | |
Schwerpunkt Feministischer Kampftag | |
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