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# taz.de -- Grünen-Gutachten zu Energiepreisen: Drei Milliarden Euro zu viel
> Von sinkenden Einkaufspreisen profitiert nur die Industrie, nicht der
> Privatkunde, so eine Studie. Der Umweltminister prognostiert sogar noch
> weitere Preissteigerungen.
Bild: Viel zu teuer: die Stromrechnung.
BERLIN afp | Die deutschen Verbraucher zahlen für ihren Strom einer Studie
zufolge rund drei Milliarden Euro zu viel. Die Preise für den Einkauf von
Strom seien in den vergangenen Jahren deutlich gefallen - doch die
Versorger hätten dies nicht an ihre Kunden weitergegeben, heißt es in dem
Gutachten im Auftrag der Grünen im Bundestag. Lediglich die Industrie
profitiere von sinkenden Preisen.
Der Energieexperte Gunnar Harms untersuchte in der Studie, wie sich der
Börsenpreis für Strom und die diversen Steuern und Umlagen auf den
Strompreis entwickelten. Dem gegenüber stellte er die Entwicklung der
Preise, die Verbraucher für Elektrizität zahlen müssen. Sein Fazit:
„Aktuell müsste der Strompreis zwei Cent die Kilowattstunde niedriger
liegen, wenn die Versorger die gesunkenen Einkaufspreise der Vergangenheit
an die Verbraucher entsprechend weitergereicht hätten.“
In den letzten fünf Jahren habe sich gezeigt, dass gestiegene
Einkaufspreise stets unverzüglich weitergegeben wurden, Preissenkungen
hingegen nicht, heißt es in der Studie. Private Haushalte zahlen demnach
für Strom mittlerweile 20 Prozent mehr als noch vor fünf Jahren. Ganz
anders sei es bei Großverbrauchern wie Unternehmen: Diese zahlten
mittlerweile drei Prozent weniger als zuvor. Die Stromrechnung der privaten
Haushalte sei damit „in diesem Jahr immer noch zirka drei Milliarden Euro
zu hoch“.
Den Grund sieht Harms im mangelnden Wettbewerb der Versorger bei den
Privatkunden: Noch immer hat die ganz große Mehrheit der Stromkunden nie
ihren Anbieter oder auch nur ihren Tarif gewechselt. Sie alle zahlen
deshalb unter Umständen hunderte Euro mehr im Jahr als nötig. Anders sei
das bei Großverbrauchern, denen die Versorger gute Angebote machten, um sie
von einem Wechsel abzuhalten. „Die privaten Kunden werden seitens der
Stromanbieter genutzt, um höhere Gewinne zu realisieren“, kritisierte
Harms.
Der Studienautor kritisierte, die Energieversorger sprächen sich „von
jeglicher eigener Veranlassung zu Preiserhöhungen frei und schieben die
Ursachen hauptsächlich auf die Politik“, insbesondere die Förderung
erneuerbarer Energien. Tatsächlich aber seien die von den Unternehmen
veranschlagten Kosten für Erzeugung, Beschaffung und Vertrieb von Strom
auffällig gestiegen. „Plausibel erklärbar“ sei davon allerdings nur ein
Teil.
Die Vizechefin der Grünen-Fraktion im Bundestag, Bärbel Höhn, beklagte, die
Verbraucher würden „von Stromanbietern und der Politik gleichzeitig in die
Zange genommen“. Nicht nur kassierten die Stromanbieter zu hohe Gewinne.
Auch lade die Bundesregierung „die Kosten der Energiewende hauptsächlich
bei den Verbrauchern ab, indem sie die Unternehmen breit entlastet“.
Unternehmen der energieintensiven Industrie sind ganz oder teilweise von
der EEG-Umlage befreit. Hinzu kommen Entlastungen bei der Finanzierung des
Netzausbaus.
## Altmaier: Es wird noch teurer
Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) rechnet unterdessen mit einem
wetieren Anstieg der Strompreise von unter fünf Prozent im nächsten Jahr.
Den Preis lege die Energiewirtschaft fest, sagte er der Rheinischen Post.
„Es gibt Experten, die eine Preiserhöhung von fünf Prozent erwarten. Ich
hoffe, dass wir etwas darunter liegen können.“ Im Herbst werden die Kosten
neu berechnet, die für die Einspeisung erneuerbarer Energien anfallen, und
die auf alle Stromverbraucher umgelegt werden.
Ein großer Teil der EEG-Umlage fließt an die Produzenten von Sonnenenergie.
Altmaier sagte der Zeitung, die Förderung des Solarstroms werde ganz
auslaufen, „wenn wir das Ziel von 52 Gigawatt erreicht haben“. Das sei für
2020 vorgesehen. „Falls wir das Ziel früher schaffen, läuft die Förderung
entsprechend früher aus.“
24 Aug 2012
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