# taz.de -- Debatten um Energiepolitik: Mit dem Turbo in die Wende | |
> Mehr Tempo beim Ausbau der Windkraft will Schleswig-Holsteins | |
> Energieminister Robert Habeck. Für die Opposition ist das Aktionismus. | |
Bild: Die Umweltminister Peter Altmaier (CDU) und Robert Habeck (Grüne) sitzen… | |
Robert Habeck will bei der Energiewende mächtig aufs Tempo drücken: „Wir | |
müssen es schaffen, da den Turbo reinzukriegen“, sagte der grüne | |
Energieminister am Mittwoch im schleswig-holsteinischen Landtag. Es gebe | |
aber ein Problem: „Ohne Netzausbau keine Energiewende“, so Habeck in seiner | |
Regierungserklärung nach 72 Tagen im Amt. Weshalb er bereits die | |
Planfeststellungsbehörde neu geordnet habe und die Nutzung von | |
Ersatzleitungen prüfen lasse, um mehr Kapazität zu ermöglichen. | |
Das Leitungsnetz sei nicht in der Lage, den gesamten Strom aus erneuerbaren | |
Energiequellen einzuspeisen. Deshalb müssten immer wieder Windanlagen mit | |
hohen Kosten abgeschaltet werden. In Schleswig-Holstein seien 2010 rund 18 | |
Millionen Euro an Entschädigung für nicht genutzten Strom gezahlt worden, | |
rechnete Habeck vor. 2011 dürften diese Kosten noch erheblich gestiegen | |
sein. „Der Netzausbau muss dem Tempo der erneuerbaren Energien folgen“, | |
sagte Habeck. Dies sei in der Vergangenheit absichtlich politisch verzögert | |
worden, um mehr Atomstrom verkaufen zu können. | |
Heftig kritisierte Habeck auch Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU), | |
mit dem er am Montag noch auf einem Nordseedeich in der Sonne gesessen | |
hatte. Altmaier hatte vorige Woche erklärt, es sollten lieber nicht so | |
viele Solar- und Windparks gebaut werden. „Die Deckelung von Wind-Onshore | |
im Norden macht die Energiewende teuer und ist falsch“, so Habeck: „Wir | |
wollen preiswerten erneuerbaren Strom aus Schleswig-Holstein. | |
Onshore-Windenergie ist der Kostensenker.“ | |
Scharfe Kritik an Habeck übte FDP-Fraktionschef Wolfgang Kubicki. „Kopflos, | |
tölpelhaft und von Sachkenntnis befreit“ sei der Minister und dessen Rede | |
alles andere als „richtungweisend“ gewesen. Die Energiewende führe zu | |
steigenden Strompreisen, orakelte Kubicki. Deshab sei Energiepolitik auch | |
„eine soziale Frage“, mahnte der Freidemokrat: „Energie darf kein Luxusgut | |
werden.“ CDU-Fraktionschef Johannes Callsen warnte Habeck davor, „mit | |
ideologisch überladenem Aktionismus“ das Ziel zu gefährden, „die | |
Jahrhundertchance Energiewende sozial verträglich, ökologisch und | |
ökonomisch sinnvoll umzusetzen“. | |
SPD-Fraktionschef Ralf Stegner ließ sich davon nicht beirren. Es bleibe das | |
Ziel der Koalition aus SPD, Grünen und SSW, in acht Jahren dreimal mehr | |
Ökostrom zu erzeugen, als im Land selbst verbraucht werde: „Wir wollen bis | |
2020 in Schleswig-Holstein 300 Prozent des theoretischen Verbrauchs aus | |
erneuerbaren Quellen produzieren“, kündigte Stegner an. Bis 2005 habe die | |
rot-grüne Koalition in Kiel den Anteil des Ökostroms bereits „von 0,05 in | |
Richtung 40 Prozent gesteigert“, erinnerte Stegner. Das zeige, dass die | |
Energiewende nicht nur machbar sei: „Wenn wir es richtig machen, ist sie | |
auch für alle bezahlbar.“ | |
22 Aug 2012 | |
## AUTOREN | |
Sven-Michael Veit | |
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Leben | |
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