# taz.de -- Kommentar Strompreisdebatte: Altmaiers Dilemma | |
> „Bezahlbare Strompreise“ für alle wird es so nicht geben. Der | |
> Umweltminister muss entweder die Industrie beteiligen oder | |
> Geringverdiener unterstützen. | |
Dass die Debatte über steigende Strompreise derzeit so gewaltig anschwillt, | |
ist mit rationalen Fakten nicht zu erklären. Bisher zahlt ein | |
Vierpersonenhaushalt etwa 12 Euro monatlich für die Förderung von Ökostrom, | |
2013 werden es voraussichtlich 16,60 Euro sein. Wenn die Preise für | |
Monatskarten oder Lebensmittel in diesem Umfang steigen, interessiert das | |
kaum jemanden – doch wenn es um Strom geht, entdecken alle möglichen | |
Akteure ihr Herz für die Geringverdiener. | |
Dass es sich dabei um eine Kampagne handelt, die die Energiewende insgesamt | |
infrage stellen soll, ist offensichtlich. Die großen Energiekonzerne, die | |
um ihre Macht fürchten, werden dabei fleißig unterstützt von Teilen der | |
Industrie – obwohl deren Strompreise eher gesunken als gestiegen sind – und | |
einigen Verbraucherschützern, die in den Energiekosten ein neues | |
Profilierungsfeld sehen. Ob diese Kampagne Erfolg haben wird, ob es | |
gelingt, das Image der erneuerbaren Energien von einer umweltfreundlichen | |
Erfolgsbranche zu gefährlichen Kostentreibern zu verändern, ist | |
zweifelhaft. Klar ist nur, dass das Thema im Wahlkampf eine zentrale Rolle | |
spielen wird. | |
Davon profitieren werden die Grünen, die im Wesentlichen das bisherige | |
System verteidigen und dabei die Mehrkosten gerechter verteilen wollen. Die | |
Gegenposition ist vor allem durch die FDP besetzt, die das bisherige Gesetz | |
mit seinen garantierten Einspeisetarifen infrage stellt und sich als Anwalt | |
von Verbrauchern und Industrie präsentiert. | |
Ein Dilemma zeichnet sich hingegen für die Union ab. Weil sie die | |
Energiewende zu einem Schlüsselprojekt erklärt hat, kann sie sie nicht ohne | |
Weiteres infrage stellen – und braucht demzufolge auch ein Konzept, wer die | |
weiter steigenden Kosten tragen soll. Doch Umweltminister Peter Altmaier | |
hat „bezahlbare“ Strompreise für Verbraucher und Industrie zu seiner | |
„höchsten Priorität“ erklärt – was sich als gefährlicher Fehler erwei… | |
dürfte. | |
Denn wenn er die Energiewende nicht stoppen will, muss er die Kosten | |
entweder zum Teil aus Steuern finanzieren oder Geringverdiener | |
unterstützen. Beides dürfte am Finanzminister scheitern. Oder die Industrie | |
wird endlich an den Kosten beteiligt. Oder die Mehrkosten für Verbraucher | |
werden für „bezahlbar“ erklärt. Allen alles versprechen, ohne jemanden zu | |
belasten, wird jedenfalls auf Dauer nicht funktionieren. | |
28 Aug 2012 | |
## AUTOREN | |
Malte Kreutzfeldt | |
## TAGS | |
Leben | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Verbraucherschützer gegen Windräder: Herr Krawinkel unter Strom | |
Was treibt die Erfinder der Strompreisdebatte? Holger Krawinkel, einer | |
ihrer profiliertesten Vertreter, will mehr Effizienz und Sparsamkeit. | |
Kosten für Umlagebefreiung: Industrie steht auf Ökostromrabatt | |
Die Zahl der Anträge auf Befreiung von Umlage für Erneuerbare Energien | |
verdoppelt sich. Die Milliarden für den Rabatt müssen die Kunden zahlen. | |
Chef des Umweltamts über Strompreise: „Jetzt nicht hektisch reagieren“ | |
Neue Regeln für den Industrierabatt beim Ökostrom fordert Jochen Flasbarth. | |
Der Leiter des Umweltbundesamtes möchte mehr Kriterien als den | |
Stromverbrauch. | |
Streit um erneuerbare Energie: Öko gegen Öko | |
Die Energiewende treibt Natur- gegen Klimaschützer. Die Debatte über | |
Windräder und Stromtrassen kann der Umweltbewegung nutzen. | |
Energiewende in Deutschland: Kosten, Zuschläge, Umlagen | |
Private Verbraucher sparen Strom und zahlen den Zuschlag für erneuerbare | |
Energien. Dabei sind es Industriekunden, die von Wind- und Sonnenenergie | |
profitieren. | |
Bayerns Wirtschaftsminister über Energie: „Man hat die Leute für dumm verka… | |
Bayerns Wirtschaftsminister Zeil bleibt dabei: Die Energiewende wird teurer | |
als behauptet. Seine Lösung: flexible Stromsteuern. | |
Energiewende in Deutschland: Die Revolution steht vor der Tür | |
Vor einem Jahr wollten in der Bundesrepublik alle die Energiewende. Jetzt | |
ist der Kampf um die Details einer grünen Stromversorgung voll entbrannt. | |
Deutsche Strompreise im EU-Vergleich: Den zweiten Platz teuer erkauft | |
Nur die Dänen zahlen in Europa mehr für Strom als die BundesbürgerInnen. | |
Der Bundesumweltminister will in diesem Zusammenhang nicht über die | |
Energiewende reden. | |
Grünen-Gutachten zu Energiepreisen: Drei Milliarden Euro zu viel | |
Von sinkenden Einkaufspreisen profitiert nur die Industrie, nicht der | |
Privatkunde, so eine Studie. Der Umweltminister prognostiert sogar noch | |
weitere Preissteigerungen. | |
Umweltminister spricht über Single-Dasein: 140 Kilo Abweichung | |
Auf eine dicke Scheibe Käse mit Helmut Kohl: Peter Altmaier will über Essen | |
sprechen – stattdessen geht es aber wieder mal um Sex. | |
Kommentar Peter Altmaier: Die Avantgarde der CDU | |
Peter Altmaiers souveräner Umgang mit Fragen zu seiner Sexualität legt | |
nahe, dass er seiner Partei in Moralfragen weit voraus ist. Und auch vielen | |
anderen. |