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# taz.de -- Arbeitende Rentner: Weniger Rente, mehr Minijobber
> Rentner arbeiten nicht nur mehr als vor zehn Jahren, auch ihre Rente
> sinkt. Doch die Regierung sieht darin keine Indizien für Altersarmut.
Bild: Arbeitet auch im Alter: 74-jähriger Drechslermeister.
BERLIN taz | Ruheständler in Deutschland erhalten immer weniger Geld aus
der Gesetzlichen Rentenversicherung (GRV). Wer 2011 nach 35
Versicherungsjahren das Arbeiten aufgab, bekam monatlich im Schnitt 953
Euro Rente. 2010 waren es noch 1.021 Euro gewesen. Das geht aus Zahlen
hervor, die aus einer Anfrage der Linkspartei an die Bundesregierung
stammen.
Noch deutlicher fällt der Rückgang bei den Erwerbsminderungsrenten aus. So
erhielten Menschen, die 2011 in Rente gingen, weil sie erkrankt sind und
nicht mehr arbeiten können, 634 Euro monatlich. 2000 waren es noch 738 Euro
gewesen.
Die Debatte über drohende Altersarmut haben diese Zahlen befeuert. Denn
parallel zu sinkenden Leistungen aus der GRV, die für 80 Prozent aller
Personen den wichtigsten Pfeiler der Altersvorsorge darstellt, steigt die
Zahl der minijobbenden Ruheständler: Hatten im Jahr 2000 etwas über 480.000
Menschen über 65 Jahre einen 400-Euro-Job, waren es 2011 bereits fast
762.000. Das ist ein Plus von fast 60 Prozent. Die Zahl der Minijobber, die
über 75 Jahre alt sind, stieg sogar um fast 86 Prozent auf 119.000 Personen
an.
Für die Bundesregierung sind diese Zahlen kein Indiz dafür, dass mehr
Ältere arbeiten gehen, weil ihre Rente nicht ausreicht. Man sei vielmehr
„auf dem Weg in die Gesellschaft des längeren Lebens und Arbeitens“, sagt
das Bundesarbeitsministerium. In der Antwort auf die Anfrage verweist die
Regierung zudem darauf, dass die Quote der über 65-Jährigen, die
Grundsicherung im Alter beziehen, seit 2007 konstant bei 2,4 Prozent oder
rund 400.000 Personen liege.
Die Rentenbeträge sinken, weil kontinuierliche Erwerbsbiografien abnehmen –
aber auch, weil derzeit mehr als jeder Zweite seinen Job noch vor der
offiziellen Altersgrenze von bisher 65 Jahren an den Nagel hängt. Deswegen
müssen Rentner derzeit Abschläge von durchschnittlich 114 Euro hinnehmen.
Dieser Betrag dürfte in den nächsten Jahren steigen, wenn die
Regelaltersgrenze schrittweise auf 67 Jahre angehoben wird.
Dass die Grundsicherungsquote trotz sinkender Rentenzahlungen nicht steigt,
führen Forscher unter anderem auf die Minijobs im Alter zurück. Es liegt
aber auch daran, dass seit Anfang der 1990er Jahre der Anteil der Älteren,
die in einem Paarhaushalt leben und sich finanziell aushelfen, auf fast
zwei Drittel angestiegen ist. Etliche Ruheständler beziehen zudem eine
Betriebs- oder private Rente. Doch Geringverdiener haben während ihres
Arbeitslebens kaum Geld übrig, um privat vorzusorgen.
Ulrike Mascher, Präsidentin des Sozialverbandes VdK, warnte am Dienstag,
die Altersarmut nehme zu. Die steigende Zahl minijobbender Renter zeige,
„dass das Absenken des Rentenniveaus nicht spurlos an der
Lebenswirklichkeit der Rentner vorbeigeht“. Matthias W. Birkwald,
rentenpolitischer Sprecher der Linksfraktion, kritisierte: „Merkels
Regierung verschließt die Augen vor der Wirklichkeit zunehmender Armut im
Alter.“
28 Aug 2012
## AUTOREN
Eva Völpel
## TAGS
Arbeit
Minijob
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