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# taz.de -- Kommentar Arbeiten im hohen Alter: Mit 70 zum Wachschutz
> Die Rentenzugangszahlen verraten: Bei sinkenden Bezügen geht ein
> wachsender Anteil der SeniorInnen minijobben. Das sind nicht Manager oder
> Apotheker.
Ungleich genug werden die Menschen geboren. Und wir kommen uns, je älter
wir werden, auch nicht näher. Die Chancen auf Gesundheit, Glück,
Wahlmöglichkeiten im Leben sind mit jedem Jahr ungleicher verteilt.
Es verwundert niemand, dass Ärzte, Apothekerinnen, Anwälte und
Journalistinnen es eine prima Idee finden, länger als bis 65 zu arbeiten.
Sie halten es in der Regel sogar für ihr eigenes Verdienst, dafür noch fit
und ausgeglichen und schlau genug zu sein.
Wer aber auch nur kurz bedenkt, wie die unterschiedlichen Lebens- und
Arbeitsbedingungen die Menschen verändern und beeinträchtigen, kann nicht
im Ernst verlangen, dass alle gleichermaßen im erlernten Gewerbe bis ins
höhere Alter arbeiten – oder eben auf Rente verzichten. Jeder Blick in die
Arbeitsstatistiken zeigt, dass auch qualifizierte Körperarbeiter kaum
länger als bis zum Alter von etwa 60 durchhalten: Trotz Verlusten gehen
viele früh in Rente.
Die neuen Rentenzugangszahlen verraten außerdem: Bei sinkenden
Rentenbezügen geht ein stark wachsender Anteil der SeniorInnen minijobben.
Das sind nicht die Manager oder Apotheker. Das sind auch eher keine älteren
Damen, die den Nachwuchs der Nachbarschaft hüten. Das sind vor allem Leute,
die einfachen Dienstleistungen nachgehen: Reinigen, Saubermachen, Bewachen,
Aufpassen, Regale-Einräumen – auch mit über 75 Jahren.
Einige mögen dies aus Gründen der Selbstverwirklichung und zur Bereicherung
des Alltags im Alter tun. Wahrscheinlicher aber ist, dass hier Leute mit
einer Schrumpfrente Hilfstätigkeiten nachgehen, die wohl selten dem
erworbenen Qualifikationsniveau entsprechen. Schal sind daher die
Wonnereden der Rente-mit-67-Politiker, dass „wir alle“ immer gesünder,
immer älter würden, weshalb „wir alle“ auch mit 68 zufrieden an der
Werkbank schrauben oder auf die Tastatur einhämmern werden.
Jede Rentenreform der vergangenen Jahre verstärkt die bestehenden, über
eine Lebensarbeitszeit angehäuften gesellschaftlichen Gräben nur noch: Der
Abstand zwischen Rentnern und Pensionären, zwischen Vermögenden und
Nichtvermögenden wächst. Viele erkennen darin eine neue Vielfalt der
Lebensentwürfe im Alter: bitte schön. Viele von ihnen werden sich wundern,
wenn sie mit 70 nicht am Computer sitzen, sondern sich am Supermarktregal
bücken dürfen.
28 Aug 2012
## AUTOREN
Ulrike Winkelmann
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