# taz.de -- Von der Leyens Rentenpläne: Warnung vor Altersarmut | |
> Auch Durchschnittsverdiener sind von Altersarmut bedroht. Darauf weist | |
> Bundesarbeitsministerin von der Leyen hin und wirbt für ihr Modell einer | |
> Zuschussrente. | |
Bild: Sinkendes Niveau: Am Ende des Arbeitslebens springt für viele Beitragsza… | |
BERLIN taz | Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) hat vor | |
einer umfassenden Altersarmut künftiger Rentner und Rentnerinnen gewarnt. | |
Wer weniger als 2.500 Euro brutto verdiene und nicht privat oder | |
betrieblich vorsorge, müsse ab 2030 „mit dem Tag des Renteneintritts den | |
Gang zum Sozialamt antreten“, schrieb die CDU-Politikerin in einem Brief an | |
junge Abgeordnete in der Unionsfraktion, der der taz vorliegt. | |
Von der Leyen will mit einer Zuschussrente für Geringverdiener gegen | |
Altersarmut vorgehen. Der Koalitionspartner FDP lehnt diese jedoch ab, auch | |
in der Union ist das Vorhaben umstritten. Am Mittwoch will sich von der | |
Leyen mit unionsinternen Kritikern zusammensetzen und das Vorhaben beraten. | |
Nach Berechnungen des Bundesarbeitsministeriums droht ab 2030 | |
Beschäftigten, die in Vollzeit weniger als 2.500 Euro brutto im Monat | |
verdienen, nach 35 Beitragsjahren eine Rente unterhalb des | |
Grundsicherungsbetrags von derzeit 688 Euro. Und wer 2.300 Euro brutto im | |
Monat verdient, läge mit einer Rente von 633 Euro sogar deutlich unter dem | |
Grundsicherungsniveau. | |
Diese Berechnungen gelten bei der aktuellen Rechtslage für den Fall, dass | |
den Betroffenen keine Kindererziehungs- und Pflegeleistungen angerechnet | |
werden – und sie weder betrieblich noch privat, etwa durch eine | |
Riesterrente, vorsorgen. In der Berechnung wurden keine künftigen Lohn- und | |
Rentensteigerungen berücksichtigt. | |
## Rentenniveau sinkt auf 43 Prozent | |
Dennoch zeigen diese Zahlen, wohin rentenpolitisch die Reise nach den von | |
der früheren rot-grünen Bundesregierung begonnenen Reformen geht. So soll | |
das Rentenniveau bis 2030 von derzeit 51 Prozent auf 43 Prozent des | |
durchschnittlichen Nettolohns vor Steuern sinken. | |
Auch wenn man 40 Jahre Beitragszahlung zugrunde legt, sieht die Rechnung | |
des Bundesarbeitsministeriums nur geringfügig besser aus. „Da müsste nach | |
heutiger Gesetzeslage das durchschnittliche Monatsgehalt in Vollzeit | |
konstant 2.200 Euro pro Monat (Stundenlohn 12,43 Euro), um eine eigene | |
Rente knapp oberhalb der Grundsicherung zu erzielen“, schreibt von der | |
Leyen. | |
Die kritischen Grenzeinkommen von 2.500 und 2.200 Euro zeigten, dass man | |
über Arbeitnehmer spreche, „die fleißig arbeiten und heute ohne Probleme | |
fern von staatlicher Fürsorge ihr Leben finanzieren“. Auch sie seien von | |
Altersarmut bedroht und brauchten zwingend eine zusätzliche Altersvorsorge. | |
Angesichts dieser Dimension sei es verharmlosend, von der Zuschussrente als | |
einer zusätzlichen Sozialleistung zu sprechen, so von der Leyen. „Es steht | |
nicht mehr und nicht weniger die Legitimität des Rentensystems für die | |
junge Generation infrage.“ Schließlich könne man kaum von den Menschen | |
verlangen, Jahrzehnte in die Rentenkassen einzuzahlen, wenn sie absehbar am | |
Ende der Erwerbsphase statt einer eigenen auskömmlichen Rente die | |
Anrechnung ihrer Lebensersparnisse und den Gang zum Sozialamt zu erwarten | |
hätten. | |
Dort würden sie auf Leute treffen, die nichts dergleichen geleistet hätten. | |
„Das ist zutiefst ungerecht.“ Vehement wirbt von der Leyen für das Modell | |
ihrer Zuschussrente. Dieses sende eine klare Botschaft an junge Leute: | |
„Sorgt zusätzlich vor, fangt sofort damit an!“ Dann sichere im Regelfall | |
die Kombination aus gesetzlicher Rente und privater Vorsorge den | |
Lebensstandard. Und wenn es nicht reiche, sorge die Zuschussrente dafür, | |
„dass es einen Unterschied macht, ob man sich im Leben angestrengt hat oder | |
nicht“. | |
2 Sep 2012 | |
## AUTOREN | |
Richard Rother | |
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