# taz.de -- Kommentar Aserbaidschan-Armenien: Erneute Kriegsgefahr im Kaukasus | |
> Nach der Freilassung Ramil Safarows steht die Situation im Kaukasus auf | |
> der Kippe. Gut, dass der Konflikt die Aufmerksamkeit des Westens hat. | |
Bild: Der Wahlsieger Serge Sarkisjan bei der Stimmabgabe. | |
Eine erneute militärische Konfrontation zwischen Armenien und Aserbaidschan | |
rückt wieder näher. Über die Motive der ungarischen Regierung, den wegen | |
Mordes an einem Armenier verurteilten aserbaidschanischen Offizier Ramil | |
Safarow vorzeitig an sein Heimatland zu überstellen, kann zwar nur | |
spekuliert werden, aber die Bemühungen, den Konflikt beider Länder um die | |
Enklave Berg-Karabach in absehbarer Zeit friedlich beizulegen, wirft dies | |
ein gehöriges Stück zurück. | |
Dass Aserbaidschan dieses Szenario einkalkuliert, zeigt der Umstand, dass | |
die Regierung in Baku Safarow zum Volkshelden stilisiert, ihn noch dazu für | |
sein brutales Verbrechen mit einer Beförderung belohnt und damit Armenien | |
in drastischer Art und Weise demütigt. | |
Die drohende Kriegsgefahr ist es wohl auch, die die internationalen Akteure | |
ungeahnt schnell reagieren lässt. Nicht einmal 24 Stunden dauerte es, ein | |
Treffen des armenischen Außenministers und seines aserbaidschanischen | |
Amtskollegen mit Vertretern der Minsk-Gruppe der OSZE, der Frankreich, die | |
USA und Russland angehören, in Paris zu organisieren. | |
Dieser plötzliche Hyperaktionismus irritiert. Denn von einer ruhigen | |
Situation konnte bis jetzt keine Rede sein. Im Gegenteil: Durch Scharmützel | |
an der Demarkationslinie zwischen Aserbaidschan und Berg-Karabach fallen | |
diesem Konflikt schon derzeit fast wöchentlich Menschen zum Opfer. Nur | |
interessierte das außer den unmittelbar Beteiligten bisher kaum jemanden. | |
Bezeichnend ist auch die Reaktion Russlands, das sich derzeit vornehm | |
zurückhält. Aus gutem Grund: Nur eine Aufrechterhaltung des Status quo, | |
also eines anhaltenden Konflikts, sichert Moskau seinen Einfluss in einer | |
Region, die es immer noch als seinen angestammten Machtbereich betrachtet. | |
Um diese Politik durchzusetzen, scheut sich der Kreml auch nicht, | |
militärische Mittel einzusetzen – wie schon 2008 im Georgienkrieg. | |
Der Fall Safarow hat nun den eingefrorenen Konflikt zwischen Armenien und | |
Aserbaidschan international wieder auf die Tagesordnung gesetzt. Die | |
internationale Gemeinschaft muss den Druck verstärken, auf beide Seiten | |
mäßigend einwirken und versuchen, eine Eskalation zu verhindern. Jede | |
andere Entwicklung wäre fatal. Denn auf dem Spiel steht nichts Geringeres | |
als die ohnehin längst fragile Stabilität einer ganzen Region. | |
4 Sep 2012 | |
## AUTOREN | |
Barbara Oertel | |
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