# taz.de -- Streit um Betreuungsgeld: Berliner Koalitionstheater | |
> Die Koalition wird mal wieder auf die Probe gestellt. Die FDP fühlt sich | |
> ungerecht behandelt und verlangt eine Gegenleistung für die Zustimmung. | |
Bild: Protest gegen die Herdprämie vor dem Kanzleramt. | |
BERLIN taz | Tja, so was kommt von so was. Am letzen Freitag haben | |
unionsregierte Länder im Bundesrat für eine feste Frauenquote in | |
Aufsichtsräten gestimmt - und schon kündigt die düpierte FDP dem | |
Koalitionspartner die Gefolgschaft beim Betreuungsgeld. Plötzlich steht die | |
Union da und braucht die kleine FDP. | |
Ohne die Liberalen, das ist klar, kriegt sie ihr Gesetz zum Betreuungsgeld | |
nicht durch den Bundestag. Und die plustern sich jetzt noch mal nach | |
Kräften auf. Sachsens FDP-Chef Volker Zastrow fordert von der Union | |
„deutliche Entlastungszeichen“ und meint damit, der Koalitionspartner möge | |
doch die Praxisgebühr beim Arztbesuch abschaffen. Denkbar wäre auch die | |
Absenkung des Solidaritätszuschlags oder die Abschaffung der Stromsteuer. | |
Die Liberalen sind endlich einmal in der Position, Forderungen zu stellen. | |
Das FDP-Präsidium hat am Montagnachmittag den zuletzt von CSU und CDU | |
vorgelegten Kompromissvorschlag zum Betreuungsgeld abgelehnt. Die Liberalen | |
sind sauer, dass der Koalitionspartner vor lauter Freude über die Einigung | |
eine Kleinigkeit übersehen hat: die FDP. | |
## Der Termin ist perdu | |
Deren Haushaltsexperte Jürgen Koppelin sagte in der ARD, es könne nicht | |
sein, dass die Union die FDP „vor vollendete Tatsachen“ stelle. „Das geht | |
einfach nicht, so geht man in der Koalition nicht miteinander um.“ Der | |
Termin am 18. Oktober, an dem das Gesetz zum Betreuungsgeld im Bundestag | |
verabschiedet werden sollte, ist jedenfalls perdu. Und die CDU wird ihren | |
Parteitag im Oktober ohne Vollzugsmeldung von der Familienfront abhalten | |
müssen. | |
Geht jetzt, ein Jahr vor der Bundestagswahl, die Koalition baden? Nicht | |
jetzt. Zwar nennt Horst Seehofer, CSU-Chef im Wahlkampfmodus, die Situation | |
„schwierig und ernst“. Aber FDP-Chef und Vizekanzler Philipp Rösler sagt, | |
unterschiedliche Auffassungen innerhalb einer Regierungskoalition seien | |
„normal“, und gibt so schon mal grünes Licht Richtung Machterhalt. Auch | |
Lasse Becker, Vorsitzender der Jungen Liberalen, wiegelt ab. | |
Der taz sagt er, Horst Seehofer habe „schon so häufig mit Koalitionsbruch | |
gedroht, dass sich das schon abgenutzt hat“. Im Koalitionskrach sieht | |
Becker einen Streit über „die grundsätzliche Frage nach Prioritäten: Will | |
man den Haushalt ausgleichen oder will man eine unsinnige Sozialleistung | |
schuldenfinanziert schaffen?“ | |
Die CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt widerspricht der | |
FDP-Darstellung, die Union habe die Entscheidung zum Betreuungsgeld im | |
Alleingang gefällt. „Sie können davon ausgehen, dass etwa der | |
Fraktionsvorsitzende der FDP im Kontakt mit uns stand“, sagt sie in Berlin. | |
Die Liberalen hätten CDU und CSU zuvor ausdrücklich aufgefordert, sich | |
zunächst innerhalb der Union zu verständigen, betont die CSU-Frau. | |
Die SPD wiederum sekundiert den Krach mit Genugtuung. Vizeparteivorsitzende | |
Manuela Schwesig fordert die Bundesregierung erneut auf, „dieses verkorkste | |
Projekt endgültig zu begraben und die vorgesehenen 1,2 Milliarden Euro | |
stattdessen in den dringend notwendigen Kita-Ausbau zu investieren“. | |
25 Sep 2012 | |
## AUTOREN | |
Anja Maier | |
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