# taz.de -- Forscher fordert EU-Solarkonzern: Nur die Größten überleben | |
> Die Krise der Photovoltaikindustrie nimmt kein Ende. Nun fordert | |
> Deutschlands bekanntester Solarforscher, einen europäischen | |
> Sonnenkonzern. | |
Bild: Eicke Weber, Chef des Freiburger Fraunhofer Instituts für Solare Energie… | |
Auch diese Woche war nicht sonderlich rosig für die Solarindustrie. | |
Deutschland Branchenprimus SMA meldete einen Einbruch im dritten Quartal, | |
der große Modulhersteller Conergy gab bekannt, auch in diesem Jahr Verlust | |
zu machen. Zuvor gab es bereits zahlreiche Pleiten. | |
Schuld daran ist für den Herstellerverband EU ProSun die Billigkonkurrenz | |
aus China. In dieser Woche reichten europäische Solarbauer erneut Klage bei | |
der EU in Brüssel ein, weil China angeblich unfaire Subventionen zahlt. Der | |
Wirtschaftsdienst Bloomberg errechnete sogar, dass China seit dem Jahr 2010 | |
seine Solarindustrie mit etwa 43 Milliarden Dollar Billigkrediten päppelte. | |
Der Chef des Freiburger Fraunhofer Instituts für Solare Energiesysteme, | |
Eicke Weber, hält allerdings wenig von diesen Klagen. Für Deutschlands | |
bekanntesten Solarforscher ist ein Überleben vor allem eine Frage der | |
Produktionskapazitäten. Er forderte die EU am Donnerstag daher auf, eine | |
große, von Europa geförderte Fabrik für Solarmodule zu errichten. | |
„Es ist unbedingt erforderlich, dass es auf europäischer Ebene einen | |
bedeutenden Akteur für die Konzeption und die Herstellung von | |
Photovoltaikgeräten gibt“, sagte auch Bundesumweltminister Peter Altmaier | |
(CDU) unlängst der französischen Zeitung Le Monde. Vorbild: die | |
deutsch-französische EADS, mit der Europa in der zivilen Luftfahrt zu einem | |
globalen Akteur aufgestiegen sei. | |
## Vorbild EADS | |
Auch Weber zieht als Beispiel den europäischen Flugzeugbau heran. Den | |
Konzern EADS/Airbus mit Produktionsstätten in Deutschland, Frankreich und | |
anderen Staaten würde es ohne Kooperation und abgestimmte Förderung nicht | |
geben. Das Unternehmen hat in den vergangenen Jahrzehnten zwar Milliarden | |
gekostet, ist heute aber auch neben Boeing der größte Hersteller ziviler | |
Flugzeuge weltweit. | |
Weber schlägt vor, eine von mehreren Staaten getragene Solarfabrik mit | |
europäischen Fördermitteln zu unterstützen. Dafür käme unter anderem Geld | |
aus der Struktur- oder Regionalförderung infrage. „Außerdem könnte | |
beispielsweise die Europäische Investitionsbank (EIB) zinsgünstige Kredite | |
geben“, sagt der Solarexperte. | |
Die deutschen Fertigungsstätten für Solarzellen und -module seien | |
einerseits zu klein, um konkurrenzfähig produzieren zu können, so Weber. | |
Zweitens hätten sie keinen Zugang zu günstigem Kapital – im Gegensatz zur | |
Konkurrenz in China. | |
Das ist für den Forscher ein wirtschaftspolitischer Fehler. Deutschland | |
verzichte damit auf Technologieexporte und entsprechende Arbeitsplätze. | |
„Wenn wir bereit sind, Banken Kreditgarantien von Hunderten Milliarden Euro | |
zu geben, sollte auch eine Milliarde für die Schlüsseltechnologie | |
Solarenergie möglich sein“, sagt Weber. | |
## „Innovationskraft der Branche stärken“ | |
Die Reaktionen sind verhalten. Das führende Unternehmen Solarworld aus Bonn | |
wollte am Donnerstag keinen Kommentar abgeben. Solarworld hat in den USA | |
durchgesetzt, dass chinesische Solarimporteure hohe Einfuhrzölle entrichten | |
müssen. Die EU-Kommission prüft gegenwärtig eine Antidumpingklage von 25 | |
Solarunternehmen gegen chinesische Billigimporte. Solarexperte Weber steht | |
diesen Versuchen kritisch gegenüber. | |
Bosch Solar erklärte, dass „deutsche Photovoltaikunternehmen und die Leiter | |
wichtiger deutscher PV-Forschungsinstitute intensiv daran arbeiten, die | |
Innovationskraft der Branche weiter zu stärken“. Der Bundesverband der | |
Solarwirtschaft sagte: „Um im Wettbewerb zu bestehen, gibt es derzeit | |
verschiedene Ansätze. Dazu zählt auch die Idee, Kapazitäten und Ressourcen | |
zu bündeln, um so Synergievorteile und leichter Skaleneffekte in der | |
Massenfertigung erzielen zu können.“ | |
27 Sep 2012 | |
## AUTOREN | |
I. Arzt | |
H. Koch | |
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