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# taz.de -- „Open Access“ in der Wissenschaft: Transparenz beim Publizieren
> Wissenschafler nutzen das Internet, um überholte Strukturen im
> Publikationswesen abzuschütteln. Großverlage verlieren an Macht.
Bild: Die Möglichkeiten des Internets können zum Machtabbau bei den großen W…
LEIPZIG taz | Das Publizieren von wissenschaftlicher Literatur steht vor
einer grundlegenden Erneuerung. Open Access ist das Wort der Stunde.
Wissenschaftler wie Christoph Bruch machen sich für einen offenen Zugang
stark. Jeder soll über das Internet wissenschaftliche Arbeiten entgeltfrei
nutzen dürfen. Auch das festgefahrene, undurchsichtige Reputationssystem
muss überwunden werden. [1][ResearchGate, eine Internetplattform für
Forscher], könnte eine Lösung für beides sein.
In dieser Woche fanden die [2][6. Open-Access-Tage in Wien] statt.
Fachleute diskutierten über die Umsetzung von Open Access. Christoph Bruch
hielt im Auftrag der Helmholtz-Gemeinschaft einen Vortrag zum Stand in
Deutschland. Vorab sagte er der taz, was es noch zu tun gebe: „Eine
Untersuchung hat festgestellt, dass 20 Prozent der Artikel, die namhafte
Open-Access-Zeitschriften weltweit veröffentlichen, mit einer einfachen
Google-Suche gefunden werden. Das Problem: Ein Großteil dieser Artikel ist
nicht mit freien Lizenzen ausgestattet.“ Man könne sie lesen und
herunterladen, nicht aber weiterverwenden.
In Deutschland sollten alle wissenschaftlichen Organisationen
Open-Access-Richtlinien verabschieden. Wissenschaftler sollten Open Access
kompatibel veröffentlichen. „Außerdem ist es oft so, dass Wissenschaftler
für die Artikel in einer Open-Access-Zeitschrift bezahlen. Künftig müssen
Fonds geschaffen werden, um diese Gebühren zu übernehmen“, sagt Christoph
Bruch.
Die [3][Universität Konstanz hat eine solche Richtlinie im Februar
verabschiedet]. Anja Oberländer ist dort Beauftragte für Open Access. Sie
weiß, wie es um die Umsetzung an der Uni steht: „Unsere Wissenschaftler
können ihre Arbeiten auf einem Repository, einem digitalen Verzeichnis der
Arbeiten, zweitveröffentlichen. Dissertationen können sogar als
Erstveröffentlichung eingestellt werden.“ Die meisten Dissertationen landen
laut Oberländer heute auf dem Repository.
## Einen Fonds an der Uni Konstanz
Seit Kurzem hat die Uni Konstanz auch einen Publikationsfonds, sodass die
Kosten für die Publikationen übernommen werden können. Im Schnitt sind das
laut Oberländer immerhin 1.000 bis 1.500 Euro pro Artikel. Trotzdem sind
einige Wissenschaftler zurückhaltend: „Viele sind unsicher, ob ihre
Verlagsverträge ihnen die Open-Access-Veröffentlichung erlauben. Das ist
ein großes Problem. Wir wünschen uns von der Politik ein unabdingbares
Zweitveröffentlichungsrecht“, sagt Oberländer.
Auch der [4][Neurologe Björn Brembs] war als Redner auf der Wiener Tagung.
Er nutzt die Diskussion, um stellvertretend für eine Bewegung in der
Wissenschaftswelt mit Großverlagen abzurechnen.
## Verlage mit zuviel Macht
Brembs findet es falsch, dass Zeitschriften wie Science über
Wissenschaftlerkarrieren entscheiden: „Natürlich brauchen wir in der
Wissenschaft ein Reputationssystem. Es gibt schließlich nur eine begrenzte
Anzahl an wissenschaftlichen Stellen. Außerdem brauche ich eine
verifizierbare Dokumentation der Forschung“, so Brembs. Beides dürfe aber
nicht in der Hand von milliardenschweren Großverlagen bleiben.
ResearchGate ist eine Onlineplattform, die auf den ersten Blick der
Forderung nach freiem Zugang zu wissenschaftlicher Literatur und einem
transparenten Reputationssystem nachkommen könnte. Forscher sollen auf der
Plattform ihre Ergebnisse direkt publizieren können. Diese werden von der
Onlinegemeinschaft eingesehen, kommentiert, geteilt und bewertet.
„Größtenteils handelt es sich dabei um Zweitveröffentlichungen. Neun von
zehn Verlagen erlauben Wissenschaftlern, ihre Artikel zum Zweck der
Selbstarchivierung auf ihren eigenen Websites weiterzuverbreiten. Das
ResearchGate-Profil zählt als persönliche Website“, sagt Geschäftsführer
Ijad Madisch. Im August hat das Start-up aus Berlin den sogenannten
RG-Score eingeführt. „Eine neue Metrik, um wissenschaftliche Reputation zu
messen.“
## Weltweit 2 Millionen Mitglieder
65.000 Wissenschaftler in Deutschland und zwei Millionen weltweit nutzen
ResearchGate. „Forscher können Reaktionen auf ihre Publikationen von
Fachkollegen weltweit bekommen. Ob Rohdaten, Grafiken oder negative
Resultate, man kann alles publizieren. Das gibt anderen Forschern die
Möglichkeit, jeden Schritt der Forschung nachzuvollziehen und zu bewerten.
Das fließt alles in ihren RG-Score ein“, sagt Madisch. Dabei zählt die
Meinung eines renommierten Professors mehr als die eines Unbekannten.
Publikationen auf der Plattform sind kostenlos und für alle registrierten
Nutzer frei zugänglich. Damit man sich aber registrieren kann, muss man
nachweisen, ein Wissenschaftler zu sein. Darin sieht Christoph Bruch ein
Defizit: „Eine freie Zugänglichkeit, auch für Nichtwissenschaftler, ist
eine der Forderungen von Open Access.“
Brembs kritisiert, dass der RG-Score nur jene Arbeiten in die Reputation
einbeziehe, die tatsächlich auf der Plattform veröffentlicht würden.
„Alles, was nicht bei ResearchGate ist, wird nicht miteinbezogen.“ Auch die
Tatsache, dass Investoren mit Geld die Plattform unterstützen, stört den
Biologen: „Das ideale Reputationssystem muss von Wissenschaftlern für
Wissenschaftler geschaffen werden, nicht von Unternehmen.“
30 Sep 2012
## LINKS
[1] http://www.researchgate.net/
[2] http://open-access.net/de/aktivitaeten/open_access_tage/archiv/open_access_…
[3] http://www.ub.uni-konstanz.de/openaccess/
[4] /Wissenschaftler-boykottieren-Verlage/!99876/
## AUTOREN
Giuseppe Paletta
## TAGS
Wikipedia
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Studie
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