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# taz.de -- Auch Nerze kennen Langeweile: Tierisch öde
> Dass auch Tiere sich langweilen, ahnt jeder, der schon mal im Zoo war.
> Jetzt haben kanadische Forscherinnen die Annahme belegt – mit
> Experimenten an US-Nerzen.
Bild: Boooooring! (Nein, das ist kein Nerz).
GUELPH dapd | Schon lange vermutet man, dass auch Tiere sich langweilen
können. Jetzt haben kanadische Forscherinnen dies mit einem Experiment
erstmals wissenschaftlich belegt. Sie stellten fest, dass Amerikanische
Nerze in leeren Käfigen häufiger wach, aber untätig herumlagen, mehr Futter
naschten und auf Ablenkungen stärker reagierten als Artgenossen mit
zahlreichen Spielmöglichkeiten.
Dieses Verhalten spreche dafür, dass die Tiere wirklich unter Langeweile
litten und nicht etwa unter Apathie oder einer Depression. Denn diese
beiden Gefühlszustände schwächten das Interesse für Reize eher ab – die
Nerze hingegen hätten jede Form der Zerstreuung willkommen geheißen,
berichten die Wissenschaftlerinnen [1][im Open-Access-Wissenschaftsmagazin
„PloS ONE“].
„Natürlich können wir nicht wissen, ob sich gelangweilte Nerze oder andere
Tiere tatsächlich genauso fühlen wie wir, wenn wir unter Langeweile
leiden“, sagt Erstautorin Rebecca Meagher von der University of Guelph.
Aber man könne deutlich erkennen, dass die Nerze ähnlich wie Menschen
reagierten, wenn sie nichts zu tun haben: Sie erscheinen lustlos, suchen
aber eifrig nach jeder Art von Ablenkung.
„Gängigen Hypothesen nach leiden vielseitige, anpassungsfähige Arten wie
Waschbären oder Wölfe eher unter Langeweile als sehr spezialisierte“,
berichten Meagher und ihre Kollegin Georgia Mason. Auch intelligente Tiere
wie Menschenaffen oder Delfine seien möglicherweise stärker betroffen.
Bisher aber habe es keine Methode gegeben, um dies eindeutig nachzuweisen,
denn standardisierte Testverfahren fehlten.
„Daher war es bisher auch schwer festzustellen, ob Beschäftigungsmaßnahmen,
beispielsweise für Zootiere, den gewünschten Effekt haben“, sagt Meagher.
Nach Ansicht der Wissenschaftlerinnen könnte die von ihnen entwickelte
Testmethode nun dabei helfen, zu klären, in welchem Maße auch andere Tiere
unter Langeweile leiden und welche besonders anfällig dafür sind.
Für ihre Studie hielten die Forscherinnen 29 Amerikanische Nerze sieben
Monate lang einzeln unter verschiedenen Bedingungen: Eine Hälfte der Tiere
verbrachte die Zeit in Käfigen, die bis auf ein Schlafnest leer waren. Die
andere Hälfte konnte dagegen jederzeit in ein angrenzendes Gehege mit
fließendem Wasser, Kletterborden und zahlreichen verschiedenen Spielzeugen
wechseln. Jeweils einmal im Monat erhielten die Nerze der zweiten Gruppe
zudem neue Spielzeuge.
Nach Ablauf der sieben Monate begannen die eigentlichen Tests. Dafür
beobachteten die Forscherinnen zunächst das Verhalten der Nerze im
Tagesverlauf und notierten, wie häufig die Tiere aktiv waren, schliefen
oder untätig, aber wach waren. Dabei stellten sie fest, dass die Nerze in
den leeren Käfigen sehr viel mehr Zeit damit verbrachten, untätig im Käfig
zu liegen, als ihre mit Spielzeug versorgten Artgenossen.
In einem Futtertest bekamen alle Nerze zusätzlich zu ihrer normalen Nahrung
30 Leckerbissen – kleine Stückchen Katzenfutter sowie Geflügelinnereien.
„Nach 15 Minuten hatten die Nerze aus den leeren Käfigen signifikant mehr
davon gefressen als ihre Artgenossen – ohne dass sie deshalb das normale
Futter vernachlässigten“, berichten Meagher und Mason.
Anschließend testeten die Forscherinnen, wie die Nerze auf verschiedene
Reize reagierten. Dazu zeigten sie den Tieren entweder neutrale Objekte wie
eine Plastikflasche oder eine Kerze, abschreckende Dinge wie die Figur
eines Feindes oder einen Greifhandschuh, oder aber sie setzten die Nerze
einem angenehmen Reiz aus, etwa dem Geruch eines Artgenossen.
„Die Nerze aus den leeren Käfigen wandten sich allen Reizen schneller zu
als die Nerze aus den Spielgehegen, und sie blieben auch länger in Kontakt
mit dem jeweiligen Objekt“, berichten die Wissenschaftlerinnen. Das gelte
auch für die neutralen und unangenehmen Reize. Diese Reaktion sei typisch
für echte Langeweile – bei Apathie oder Depression trete sie nicht auf.
17 Nov 2012
## LINKS
[1] http://www.plosone.org/article/info:doi/10.1371/journal.pone.0049180
## TAGS
Studie
Tiere
Langeweile
Pelz
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