# taz.de -- Studie zu Bildungsstandards: Die Schule kann es nicht richten | |
> Die Grundschulen in Deutschland können die sozialen Unterschiede nicht | |
> auffangen. Das zeigt die Überprüfung der Bildungsstandards. | |
Bild: Schülerin an der Tafel: In Bayern besser als in Berlin. | |
BERLIN taz | Am Ende der Grundschulzeit können Schüler aus bildungsfernen, | |
armen Elternhäusern schlechter lesen und rechnen als Schüler aus | |
privilegierten Familien. Schülerinnen und Schüler mit | |
Zuwanderungsgeschichte hinken deutschstämmigen Altersgenossen hinterher, | |
und Mädchen schneiden im Lesen deutlich besser ab als Jungen, während | |
Jungen einen leichten Vorsprung im Rechnen haben. | |
Das sind die zentralen Ergebnisse des ersten Ländervergleichs, der | |
Kernkompetenzen von Schülern am Ende der Grundschule untersucht hat. Die | |
Studie des Instituts zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen (IQB) | |
überprüft die Standards, die die Politik als Konsequenz aus der Pisa-Misere | |
vor einigen Jahren formulierte. Dafür wurden rund 27.000 Schülerinnen und | |
Schüler in mehr als 1.300 Schulen getestet und zu ihrem sozialen | |
Hintergrund befragt. | |
Offenbar gelingt es der Schule nicht, die unterschiedlichen | |
Startvoraussetzungen der Kinder bis zur vierten Klasse auszugleichen. Zum | |
Ende der Grundschulzeit liegen Schüler aus den begünstigten Sozialschichten | |
und Schüler aus den am wenigsten privilegierten Schichten in ihrem Lese- | |
und Hörverstehen und der Mathematikkompetenz um weit über ein Schuljahr | |
auseinander. | |
Besonders stark ist der Zusammenhang in den Stadtstaaten Bremen, Berlin und | |
Hamburg – aber auch in Bayern. Die Stadtstaaten landen im Ländervergleich | |
insgesamt unten, während Schüler in Bayern im Mittel über dem Bundesschnitt | |
liegen. Am geringsten fällt der Unterschied zwischen den Herkunftsgruppen | |
in Sachsen aus. | |
## Geschlechterspezifische Unterschiede | |
Der Anteil der Schüler, die die von den Kultusministern festgelegten | |
Mindeststandards nicht erreichen und daher in ihrem Bildungsweg gefährdet | |
sind, variiert stark. Beim Lesen erreichen mehr als 20 Prozent der Kinder | |
in Bremen und Berlin nicht den Mindeststandard, im Bereich Mathematik | |
verlassen in den beiden Stadtstaaten 25 Prozent der Schüler die | |
Grundschule, ohne das Mindestniveau erreicht zu haben. In Bayern, Sachsen | |
und Sachsen-Anhalt liegt der Anteil der Risikoschüler im Lesen und Rechnen | |
bei etwa 10 Prozent. | |
Untersucht wurden in der Studie auch die Kompetenzunterschiede zwischen | |
Jungen und Mädchen. Im Lesen und Schreiben haben Mädchen einen Vorsprung | |
gegenüber Jungen, der dem Lernzuwachs von etwa einem halben Schuljahr | |
entspricht. Im Bereich Mathematik haben die Jungen einen Vorsprung von | |
einem viertel Schuljahr. „Bereits in der Grundschule kann man sehr | |
klischeehaft erhebliche Unterschiede zwischen den Geschlechtern | |
feststellen“, sagte Hans Anand Pant, Direktor des IQB. | |
Allerdings fallen die Unterschiede in den Ländern unterschiedlich stark | |
aus. In den Ländern Baden-Württemberg, Hessen, Bremen und Rheinland-Pfalz | |
sind die Mädchen den Jungen im Bereich Lesen nur etwas mehr als ein viertel | |
Schuljahr voraus. In Bayern, Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg | |
entspricht ihr Vorsprung etwa der Leseentwicklung eines halben Schuljahres, | |
in Niedersachsen ist er sogar noch etwas größer. | |
Im Fokus der Forscher standen auch Kinder aus Zuwandererfamilien. „In allen | |
Ländern schneiden Schüler mit im Ausland geborenen Eltern schwächer ab“, | |
sagte Petra Stanat, Direktorin des IQB. Wieder sind die Chancen in den | |
Stadtstaaten besonders schlecht: In Berlin und Bremen sind Viertklässler | |
mit Migrationshintergrund gegenüber ihren deutschstämmigen | |
Klassenkameradinnen und -kameraden um mehr als ein Schuljahr zurück, auch | |
in Mathematik sind die Unterschiede zwischen Migranten und Deutschstämmigen | |
in Berlin und Bremen am größten. | |
5 Oct 2012 | |
## AUTOREN | |
Bernd Kramer | |
## TAGS | |
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