| # taz.de -- Geschlechterunterschiede in der Schule: „Jungs wollen klare Vorga… | |
| > Mädchen lesen besser als Jungen: Bildungsforscher Hurrelmann fordert | |
| > daher, dass in Lesebüchern mehr Texte über Technik zu finden sind. | |
| Bild: Mit geschlechterspezifischer Förderung eine Angleichung erreichen: Junge… | |
| taz: Herr Hurrelmann, der aktuelle Ländervergleich für die Grundschulen | |
| bestätigt das alte Klischee: Mädchen können besser lesen, Jungen besser | |
| rechnen. Woher kommt das? | |
| Klaus Hurrelmann: Das ist nicht nur ein Klischee, sondern ein Befund, der | |
| sich immer wieder in Studien bestätigt. Die Unterschiede der Geschlechter | |
| scheinen in den vergangenen Jahren sogar zugenommen zu haben. Bei den | |
| Erklärungen sind wir noch nicht auf festem Grund. Ich würde als | |
| Sozialforscher ohne Weiteres sagen: Das scheint auch an der Anlage zu | |
| liegen. | |
| Wenn alles eine Frage der Genetik ist – wieso fällt die Kluft zwischen den | |
| Geschlechtern in den Bundesländern so unterschiedlich aus? | |
| Richtiger Hinweis. Das zeigt, dass es viele unterschiedliche Faktoren gibt, | |
| die zur reinen Veranlagung hinzukommen. Eine Vermutung wäre: Es hat auch | |
| damit zu tun, wie die Geschlechter in den Schulen angesprochen werden. Der | |
| Trend hin zu einem offenen Unterricht, der den Schülerinnen und Schülern | |
| viele eigene Gestaltungsmöglichkeiten bietet, kommt den Mädchen und ihrem | |
| Naturell eher entgegen als den Jungen. Jungen bevorzugen klare Strukturen | |
| und feste Vorgaben. | |
| Was sollte die Schule tun, damit Jungen und Mächen gleich gut lesen? | |
| Die Schule muss Lesekompetenz geschlechtsspezifisch vermitteln. Es ist | |
| wichtig, dass nicht nur die weichen Gefühls- und Beziehungsthemen, die eher | |
| Mädchen ansprechen, in den Schultexten vorkommen. In den Lesebüchern muss | |
| es auch um Technik und Macht gehen, also um Themen, die Jungen | |
| interessieren. | |
| Sie schlagen im Kampf gegen Geschlechterunterschiede vor, dass der | |
| Unterricht auf Geschlechterklischees setzt? | |
| Diese Kritik höre ich immer wieder und sie ist auch berechtigt. Ich würde | |
| aber sagen: Wir müssen in zwei Schritten vorgehen. Wir müssen Jungen und | |
| Mädchen zuerst bei ihren Interessen abholen, und die sind kollektiv doch | |
| unterschiedlich gelagert. Danach kommt der zweite Schritt, indem man ihnen | |
| zeigt, dass es heute nicht mehr nötig ist, ein klischeehafter Junge oder | |
| ein klischeehaftes Mädchen zu sein. Die Pädagogik muss Klischees aufnehmen, | |
| aber darf auf keinen Fall dort stehen bleiben. | |
| An der Grundschule spielen Mädchen und Jungen getrennt. Das ändert sich mit | |
| dem Alter. Gleichen sich die Geschlechter nach der Grundschule auch im | |
| Lesen und Rechnen an? | |
| Nein. Beim Verhalten lösen sich viele klischeehaften Abgrenzungen zwischen | |
| Jungen und Mädchen, vor allem nach der Pubertät, aber nicht bei den | |
| Leistungen. Mädchen sind später auch in den Fremdsprache stärker und allem, | |
| was mit Kommunikation zu tun hat. | |
| 5 Oct 2012 | |
| ## AUTOREN | |
| Bernd Kramer | |
| Bernd Kramer | |
| ## TAGS | |
| Gender | |
| Pubertät | |
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