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# taz.de -- Billige Früchte aus Fernost: Brechobst made in China
> Rund 80 Prozent aller in Nahrungsmitteln verarbeiteten Erdbeeren stammen
> aus China. Auch andere Frucht- und Gemüsesorten kommen oftmals aus der
> Volksrepublik.
Bild: Erdbeeren verarbeitender Betrieb in Rizhao, in China.
PEKING taz | Die Ursache ist geklärt. Die Noroviren, die bei mehr als
11.000 Kindern und Jugendlichen in Deutschland Brechdurchfall ausgelöst
haben, befanden sich in tiefgekühlten Erdbeeren, die vor allem von dem
Catering-Unternehmens Sodexo verarbeitet wurden. Auch die Herkunft des
Obstes hat das Robert-Koch-Institut ermittelt: China.
Dafür aber stellt sich nun die Frage: Wieso werden die roten Früchtchen
über den halben Kontinent transportiert und landen dann auf dem Teller
deutscher Schulkinder? Die einfache Antwort: Sie sind billig.
Eine Tonne chinesischer Erdbeeren sind bereits für rund 600 Euro zu
bekommen, sagt ein Mitarbeiter eines bekannten deutschen
Marmeladenherstellers. Deutsche Erdbeeren würden mehr als das Dreifache
kosten, spanische Erdbeeren mehr als das Doppelte.
Kein Wunder, dass inzwischen rund 80 Prozent aller in der Nahrungsindustrie
verbrauchten Erdbeeren aus der Volksrepublik stammen. Warum das nicht
auffällt? Weil sie zumeist in Form von Marmelade, Gelee, Kompott oder
Geschmacksverstärker in Joghurts, Süßigkeiten, Backwaren oder Eiscreme
auftauchen. Tatsächlich sind Erdbeeren aus China so gut wie aus keinem
deutschen Haushalt mehr wegzudenken.
Damit nicht genug: Ein Großteil des Apfelsaftkonzentrats in Deutschland
stammt ebenso aus China wie Dosenmandarinen, Knoblauchknollen, Blattspinat.
Chinas westliche Grenzregion Xinjiang hat sich bereits seit einiger Zeit
zum weltweit zweitgrößten Tomatenproduzenten gemausert und ist weltgrößter
Hersteller von Ketchup und Tomatenmark.
## Steigende Obst- und Gemüseexporte
Insgesamt 37 Prozent der weltweiten Obst- und Gemüseproduktion stammen
mittlerweile aus dem Reich der Mitte, schätzt das entwicklungspolitische
Magazin Südwind. Dabei kommt es gerade in China immer wieder zu
Lebensmittelskandalen.
Viele Chinesen trauen Produkten aus ihrem eigenen Land nicht mehr: Wer es
sich in Städten wie Peking und Schanghai leisten kann, kauft zum Beispiel
Milch und Joghurt in Geschäften, die sie aus dem Ausland beziehen.
Der chinesischen Führung sind die Probleme durchaus bewusst. Sie hat
strenge Lebensmittelverordnungen erlassen, die sich mit denen in den
EU-Ländern durchaus messen können. Aber: Unabhängige Kontrollen fehlen
vielfach. Die amtlichen Inspektoren drücken zudem oft ein Auge zu.
## Jauche auf den Acker
Nun sind Seuchen wie der Norovirus keineswegs ein explizit chinesisches
Problem, sie können überall auftauchen. Was Früchte aus China zusätzlich
anfällig macht: In der Volksrepublik wird viel mit Jauche gedüngt. „Das
wiederum hängt mit der Struktur der chinesischen Landwirtschaft zusammen“,
erklärt Liu Xiaojing von Orient Agribusiness, einer Beratungsfirma in
Peking, spezialisiert auf Landwirtschaft.
Bei den Obstanbauern handle es sich häufig um Kleinbauern, die sich
qualitativ hochwertige Düngemittel nicht leisten könnten und daher die
Fäkalien ihrer Tiere nutzen. Angesichts der vielen Kleinlieferanten sei es
nicht einmal für die chinesischen Zwischenhändler nachvollziehbar, von wem
sie welche Früchte bekommen haben.
Nahrungsmittelherstellern wie Sodexo helfen solche Erklärungen wenig: Nach
deutschem Produkthaftungsgesetz müssen sie für Mängel in den von ihnen
angebotenen Produkten geradestehen.
9 Oct 2012
## AUTOREN
Felix Lee
## TAGS
FBI
Erdbeeren
Lebensmittel
Berghain
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