# taz.de -- Industrielle Putenzucht: In Fleischfabriken lebendig begraben | |
> In Niedersachsen werden Puten gequält. Die Tierschutzorganisation Peta | |
> hat Anzeige erstattet und einige besonders widerliche Praktiken gefilmt. | |
Bild: Dicht gedrängt im Putenstall: artgerechte Haltung sieht anders aus | |
BERLIN taz | Trotz der zahlreichen Tierquäler-Skandale der vergangenen | |
Jahre geht das Leiden in der Agrarindustrie weiter. Das will die | |
Tierrechtsorganisation Peta nun mit neuen [1][heimlich gedrehten Aufnahmen] | |
aus einer Putenmastanlage im niedersächsischen Friesoythe belegen. | |
Auf ihnen ist zu sehen, wie ein Mann im tierhaltertypischen Overall mit | |
einer Bolzenschneider-ähnlichen Zange lebendige Puten am Hals fasst und | |
kräftig zudrückt. Anschließend schleudert er die Tiere auf die Schaufel | |
eines Traktors. | |
Eine Pute befördert er mit einem Fußtritt aus dem Stall Richtung Trecker. | |
Ein anderes Tier versucht zu fliehen, kann sich aber kaum bewegen. Als die | |
Schaufel voller Puten ist, kippt er sowohl die bereits toten als auch die | |
noch lebenden Tiere in eine Grube. Offenbar wollte der Betrieb so verletzte | |
oder kranke Puten entsorgen. | |
In einem anderen Video, das laut Peta aus denselben Ställen mit rund 30.000 | |
Tieren stammt, vegetieren Puten vor sich hin, die nicht mehr stehen können. | |
Viele haben ein stark kotverschmiertes Gefieder. Der Boden ist mit einem | |
festem Gemisch aus Exkrementen und Einstreu bedeckt. | |
## Ohne Betäubung getötet | |
Die Tierrechtler haben bereits bei der Staatsanwaltschaft Anzeigen gegen | |
den Betreiber der Putenfarm und seinen dort offenbar ebenfalls tätigen Sohn | |
erstattet. Peta wirft ihnen unter anderem vor, gegen die Vorschrift | |
verstoßen zu haben, dass Tiere vor der Tötung betäubt werden müssen. Ein | |
Mitglied der Betreiberfamilie wollte sich auf Anfrage der taz nicht zu den | |
Vorwürfen äußern. | |
Das Fleisch der Tiere vermarktet ein kleines Zerlege-Unternehmen aus | |
Niedersachsen mit 20 Mitarbeitern. Seine Produkte werden zum Beispiel auf | |
Wochenmärkten angeboten. Die Firma erklärte, sie wolle keine Ware mehr von | |
dem beschuldigten Mäster beziehen. „Wir haben aber keinen direkten Einfluss | |
darauf, von welchem Mäster wir Tiere erhalten, weil das alles aus einem | |
großen Pool kommt“, sagte der Eigentümer der taz. | |
Peta-Aktivisten haben die Videos nach eigenen Angaben im September verdeckt | |
aufgenommen. Sie hatten in den vergangenen Jahren mehrmals ähnliche Bilder | |
veröffentlicht, die sich als authentisch erwiesen. Zum Beispiel die | |
Aufnahmen von sterbenden oder verletzten Puten aus einem Betrieb in | |
Mecklenburg-Vorpommern aus dem Jahr 2010. | |
## Einspruch eingelegt | |
Inzwischen hat die Staatsanwaltschaft Stralsund wegen Verstoßes gegen das | |
Tierschutzgesetz Strafbefehl in Höhe von fast zwei Monatsgehältern gegen | |
den Geschäftsführer beantragt, wie Behördensprecher Martin Cloppenburg der | |
taz sagte. Amtsgerichtssprecher Dirk Simon erklärte: „Der Strafbefehl ist | |
erlassen.“ Der Geschäftsführer habe aber Einspruch eingelegt, so dass jetzt | |
ein Gerichtsprozess folge. Ähnliche Anzeigen von Peta gegen Geflügelhalter | |
sind noch bei Staatsanwaltschaften anhängig. | |
Trotz dieser öffentlichkeitswirksamen Fälle hat sich in der Branche | |
offenbar nicht viel getan. „Die aktuellen Bilder spiegeln nur die | |
branchenüblichen Vorgehensweisen wider“, sagt Peta-Berater Edmund | |
Haferbeck. Ohnehin sei besonders die Putenfleischproduktion tierquälerisch. | |
Die Vögel seien extrem überzüchtet, so dass ihre Brustmuskeln zu schnell | |
und zu stark für das Skelett wüchsen. „Deshalb können sich viele Puten kaum | |
bewegen.“ Ihre Beine brächen unter dem Gewicht zusammen; die Tiere | |
erkrankten an den Gelenken und litten ständig Schmerzen. | |
23 Oct 2012 | |
## LINKS | |
[1] http://www.youtube.com/watch?feature=player_embedded&v=RU31XPw9P68 | |
## AUTOREN | |
Jost Maurin | |
Jost Maurin | |
## TAGS | |
Landwirtschaft | |
Peta | |
Tierhaltung | |
Peta | |
Tierschutzgesetz | |
Peta | |
Peta | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Verbot von Petas Holocaustvergleich: Masttiere sind keine KZ-Häftlinge | |
Der Europäischen Gerichtshofs bestätigt das Verbot der Peta Kampagne. Der | |
Holocaustvergleich verstößt gegen das Persönlichkeitsrecht heute lebender | |
Juden. | |
Neues Tierschutzgesetz verschoben: Ferkelkastration geht munter weiter | |
Die Koalition kann sich nicht einigen. Deshalb wird über die Novelle des | |
Tierschutzgesetzes nicht abgetimmt. Es darf also erstmal weiter kastriert | |
werden. | |
Kommentar Peta/Wiesenhof: Ein Deal für die Hühner | |
Tierschützer und Massentierhalter verhandeln. Das Ziel: Wiesenhof | |
verbessert die Haltungsbedingungen, Peta schlägt nur noch auf den Konzern | |
ein, wenn es wirklich darauf ankommt. | |
Peta und Wiesenhof nähern sich an: Dialog statt Krieg | |
Die Tierrechtsorganisation verhandelt nun mit Deutschlands größtem | |
Geflügelfleischproduzenten. Offenbar war der wirtschaftliche und moralische | |
Druck zu groß geworden. | |
Geflügel-Lobbyismus: Massenmast ist nicht gemeinnützig | |
Niedersachsens Geflügelwirtschaftsverband hat sich als gemeinnützig | |
ausgegeben, erweist sich aber als Sprachrohr für die Branchenriesen - mit | |
Hang zur Drohgebärde. | |
Ausstellung über Massentierhaltulng: In der Schaltzentrale des Stalls | |
Wie das Hähnchen lebt, bevor es ins Supermarkt-Kühlregal kommt, ist so | |
unschön wie bekannt. In Oldenburg haben sich die beiden Künstler Ute Hörner | |
und Mathias Antlfinger mit der Thematik beschäftigt. Ihre Ausstellung | |
"Discrete Farms" ist im Edith-Russ-Haus zu sehen. | |
Arzneimittelgesetz und Tierhaltung: Aigners zahnlose Antibiotika-Reform | |
Die Regierung will den Antibiotikaverbrauch bei Tieren in einer Datenbank | |
erfassen. Das System kann leicht überlistet werden. | |
Nerzzüchter klagen gegen Tierschutz: Die Quälerei endet - demnächst | |
Die letzte Nerzfarm in Schleswig-Holstein verstößt gegen die | |
Tierschutzverordnung. Trotzdem erreichten die Züchter vor Gericht, dass sie | |
noch mindestens fünf Monate lang weitermachen dürfen. |