# taz.de -- Katastrophenberichterstattung „Sandy“: Das eine tun, das andere… | |
> „Costa Concordia“ oder „Sandy“ sind spektakulärere Themen als tote | |
> Flüchtlinge. Gut ist das nicht, meint der Leiter des deutschen Programms | |
> bei Radio Vatikan. | |
Bild: Die Medien können von Sandy nicht genug bekommen: Live-Report aus New Yo… | |
taz: Herr Hagenkord, in vielen Kommentaren heißt es, der Wirbelsturm | |
„Sandy“ sei das Gottesgeschenk für den wahlkämpfenden Präsidenten Barack | |
Obama. Greift Gott so in irdische Geschehnisse ein? | |
Bernd Hagenkord: Nein, das tut er nicht. In meinen Augen ist es | |
blasphemisch, Gott für oder gegen jemanden zu instrumentalisieren. Da muss | |
man schon ziemlich zynisch sein, um so einen Gedanken ernsthaft zu | |
erörtern. | |
Wenn man die Berichterstattung über „Sandy“ verfolgt, könnte man meinen, … | |
gäbe so wie einen Gott nur ein einziges Wetter auf der Welt. Ist das so? | |
Es gibt nicht nur ein Wetter. Zuletzt hatte ich aber das Gefühl, ich würde | |
in zwei Welten leben: Einerseits habe ich vor kurzem einen kleinen Bericht | |
gemacht über drohende Unwetterkatastrophen am Horn von Afrika, folgend auf | |
die schlimmste Dürrekatastrophe seit 60 Jahren. Und das Interesse für diese | |
Tragödie war sehr begrenzt. Gleichzeitig kamen minütlich Updates über einen | |
Sturm in den USA, von dem die Medien offensichtlich gar nicht genug | |
bekommen können. | |
Muss man sich da als Journalist deprimiert zurücklehnen oder kann man neue | |
Strategien entwickeln? | |
Es ist eine Frage der Balance. Natürlich sind die USA interessant. Sie sind | |
uns vom Lebensstil nah, es gibt Kinofilme, die die Katastrophe | |
vorweggenommen haben, Kameras, Neue Medien sind vor Ort reichlich | |
verfügbar. Und ich will das Leiden der Menschen ganz bestimmt nicht | |
herunterspielen. Aber in Somalia, Äthiopien, Kenia und Dschibuti hungern | |
die Leute, und die wenigen Flächen, wo überhaupt noch Nahrungsmittel | |
wachsen können, werden nun vom Regen weggespült. Und das muss eben auch | |
eine Geschichte für die Medien sein. | |
Wie machen Sie denn das bei Radio Vatikan? Schicken Sie einen | |
Sonderkorrespondenten? | |
Wir rufen Leute vor Ort an, von den dort präsenten katholischen und | |
evangelischen Hilfsorganisationen, die uns dann weitervermitteln an | |
Menschen, die uns erklären können, was geschieht. | |
Es gibt noch eine Weltgegend, wo das Ungleichgewicht in der | |
Berichterstattung zum Dauerskandal geworden ist: die Todeszone Mittelmeer | |
mit den Hunderten von Toten unter den Bootsflüchtlingen und der Havarie der | |
„Costa Concordia“. | |
Und an der restriktiven Politik hat sich in Italien unter der Regierung | |
Monti im Vergleich zu der von Berlusconi absolut nichts geändert. | |
Also bleibt es dabei: Ein westliches Menschenleben zählt ein Vielfaches von | |
dem aller anderen Menschen auf der Welt? | |
Wenn die Menschen aufhören würden, die Geschichten von Kapitän Schettino zu | |
lesen, dann würden die Medien sie auch nicht mehr bringen. Natürlich ist es | |
schwierig, über die toten Flüchtlinge zu berichten, weil sich an der | |
Situation nichts ändert. Die „Costa Concordia“ ist spektakulärer. Für das | |
Publikum und wem es seine Aufmerksamkeit schenkt, kann man nur die Bibel | |
zitieren: „Das eine tun und das andere nicht lassen“. | |
31 Oct 2012 | |
## AUTOREN | |
Ambros Waibel | |
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