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# taz.de -- Neues Album Bat for Lashes: Die Magie der Ziffer Drei
> So prachtvoll kann Einfaches sein: „The Haunted Man“, das dritte Album
> des britischen Projekts Bat For Lashes, lotet diverse Extreme aus.
Bild: Natasha Khan, Frontfrau der Gruppe Bat for Lashes
Natasha Khan ist mit ihrem Projekt Bat For Lashes zurück: Kurz vor ihrem
33. Geburtstag veröffentlicht sie Album Nummer drei. Wenn das kein Zufall
ist! Sein Titel „The Haunted Man“ verspricht nicht nur Mystik, Zauber und
metaphorische Texte – ihr Sound hält die drei Versprechen definitiv ein.
Ihrer schon erfolgreich erprobten Kombination aus Folkelementen,
elektronischen Beats und düsterem Synthie-Pop mit kosmischen Märchentexten
fügt Bat For Lashes neue Erkenntnisse hinzu: Auf ihrem neuen Album
reduziert sie das Verspielte und stellt den Popcharakter in den
Vordergrund. Auch textlich steht sie sich selbst näher, sie scheint ihr
Alter Ego geradezu auszublenden.
Ihr Werdegang hätte auch ganz anders verlaufen können: Als Tochter einer
Britin und eines Pakistaners, der Trainer der pakistanischen
Squash-Nationalmannschaft ist, reiste sie um die halbe Welt. Oft wohnte sie
mit ihren beiden Geschwistern auch den Squash-Matches bei.
Die Atmosphäre während der Squash-Begegnungen habe sie inspiriert. „Die
Stimmung ist heftig, feierlich, fast schon rituell. Die Leidenschaft wurde
an mich weitergereicht und ich habe sie auf kreative Weise umgesetzt. Meine
Musik entsteht aus dem Bedürfnis, in Gemeinschaftsgefühl aufzublühen“,
erzählte sie dem britischen Daily Telegraph.
## Musik wie ein Squashspiel
Die für Squash typische rasende Ballgeschwindigkeit und geballte Energie
scheinen sie musikalisch beeinflusst zu haben – ein Bat-For-Lashes-Album
zieht die Hörer in einen Sog und lässt sie in einer anderen Sphäre
auftauchen. Vielleicht ist die künstlerische Fantasie auch einem
Fluchtgedanken geschuldet.
Von einer unbeschwerten Kindheit kann bei Natasha Khan keine Rede sein.
Schon während der Schulzeit wurde sie mit alltäglichem Rassismus
konfrontiert. Sie verbrachte Vormittage beim Schuleschwänzen zu Hause und
flüchtete sich in die Musik von Nirvana. Anfang des neuen Jahrtausends
trieb sie sich in den USA rum und landete schließlich wieder in Brighton,
wo sie ein Studium der Film- und Musikwissenschaften absolvierte.
Ihren Sinn für Ästhetik stellte sie als Multimedia-Designerin unter Beweis.
Doch Natasha Khan wäre nicht die experimentelle Popkünstlerin, die sie nun
mal ist, hätte sie an dieser Stelle stagniert. Als Kontrastprogramm begann
sie mit der Arbeit als Kindergärtnerin. Aus diesem Zickzackkurs
resultierten die ersten Skizzen für ihr Debütalbum „Fur&Gold“ von 2006.
Der Erfolg trat ein, als sie auf dem Glastonbury Festival und als Vorband
für Radiohead auftrat. Im Jahr 2009 erfolgt ihr Durchbruch mit dem
Nachfolgealbum „Two Suns“. Khans Stimme wird mit den Stimmen von Kate Bush,
Cat Power und Björk verglichen. Nicht ganz zu Unrecht, ihr Gesang ist
ähnlich sanft und einnehmend, kann aber ins Kratzbürstige umschlagen.
Deshalb ist es gut, dass ihre Stimme auf ihrem neuen Album im Vordergrund
steht.
## Angst vor dem Ernst des Lebens
Die Kollaborationen auf „The Haunted Man“ sprechen für ihren
Referenzkasten, Gitarre auf dem Titel „Marilyn“ spielt der US-Künstler
Beck. Bei „Horses in the Sun“ bekommt Natasha Khan Unterstützung von
Portishead-Musiker Adrian Utley.
Dass aus Simplizität bemerkenswerte Pracht werden kann, zeigen die beiden
ausgekoppelten Singles des Albums. Die von einem Klavier dominierte Ballade
„Laura“ handelt vom schnellen Ruhm, dem Bat for Lashes einen
melancholischen, vorahnenden Charakter verleiht. Subtil thematisiert sie
veränderte Lebensbedingungen, wie sie der von jungen Leuten gefürchtete
sogenannte Ernst des Lebens auslöst, der einsetzt, wenn die letzte Party
ihr Ende nimmt.
Sternchen verblassen, werden mit den gesellschaftlichen Erwartungen konform
und lassen die glamourösen Zeiten hinter sich. Nicht so bei Laura, die
Angst davor hat, erwachsen und langweilig zu werden. Im Refrain singt Khan
„You’re the train that crashed my heart / You’re the glitter in the dark /
Oh Laura, you’re more than a superstar“.
Der Song „All Your Gold“ wird von einem eingängigen Beat begleitet, der als
Konstante zwischen den minimalistischeren Strophen und dem bombastischen
Hauptteil dient. Der gedämpfte Bass wird von schrillen Synthesizern,
Glöckchen und Drums ergänzt, die erst im Refrain zum Einsatz kommen.
Passend dazu ist ihre Stimme an den ruhigeren Stellen tiefer, später im
Zusammenspiel mit den hellen Tönen sehr hoch.
Extreme gibt es nicht nur im Klang, sondern auch in der Bedeutung der
Texte. Der Titeltrack „The Haunted Man“ spiegele laut Khan Themen wie
Verlustängste wieder, während der Auftaktsong „Lilies“ Hoffnung, Liebe und
Wärme ausstrahlt. Ein Album, das zugleich geheimnisvoll, desillusionierend
und bodenständig klingt. Eben immer die Drei.
## Bat for Lashes, „The Haunted Man“ erschienen bei Parlophone/EMI
5 Nov 2012
## TAGS
Pop
Neues Album
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elektronische Musik
Liebe
Feminismus
Musik
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