# taz.de -- UBS-Banker wegen Zockerei verurteilt: Sieben magere Jahre stehen an | |
> Er hat bei der Schweizer Bank UBS fast zwei Milliarden Euro verzockt, | |
> jetzt wurde er verurteilt. Der Banker Kweku Adoboli muss für sieben Jahre | |
> ins Gefängnis. | |
Bild: Hielt die UBS für „Familie“: Kweku Adoboli. | |
DUBLIN taz | Er hat 1,4 Milliarden Pfund (1,7 Milliarden Euro) verzockt und | |
die Schweizer Großbank UBS in erhebliche Schwierigkeiten gebracht. Dafür | |
wurde Kweku Adoboli am Dienstag zu einer Gefängnisstrafe von sieben Jahren | |
verurteilt. Das Gericht im Londoner Stadtteil Southwark befand ihn in zwei | |
Fällen des Betrugs für schuldig. Dass er darüber hinaus Bücher gefälscht | |
habe, um seinen Betrug zu vertuschen, konnte man ihm nicht nachweisen. | |
Adobolis Verlustgeschäfte flogen an seinem 31. Geburtstag im September | |
vorigen Jahres auf, als seine Kollegen ihn auf Unregelmäßigkeiten auf | |
seinen Konten ansprachen. Adoboli verfasste daraufhin ein Memorandum, in | |
dem er das ganze Ausmaß der Katastrophe darlegte. Es ist der größte | |
Betrugsfall in der britischen Geschichte. | |
Adoboli wurde in Ghana als Sohn eines UNO-Beamten geboren. Er wuchs in | |
Israel, Syrien und im Irak auf, bevor seine Familie 1991 nach | |
Großbritannien zog. Dort schickten ihn seine Eltern auf ein | |
Quäker-Internat, die 1779 gegründete Ackworth School. Danach besuchte er | |
die Universität von Nottingham, wo er E-Commerce studierte. Seit 2006 | |
arbeitete er zunächst als Lehrling bei UBS in der Londoner City. Er machte | |
schnell Karriere und stieg zum Direktor für Delta-1-Derivate auf. | |
Adoboli hatte Ende 2008 begonnen, auf Termingeschäfte zu setzen, wobei er | |
die von der Bank festgesetzte Höchstgrenze bei weitem überschritt. Darüber | |
hinaus unterließ er es, Gegengeschäfte zur Absicherung abzuschliessen. Die | |
hätten die Profite geschmälert, aber die möglichen Verluste zumindest | |
überschaubar gemacht. Anfangs ging alles gut, Adoboli parkte seine Profite | |
auf einem Geheimkonto, das er „Schirm“ nannte, und transferierte sie | |
scheibchenweise auf die offiziellen Konten. | |
Doch im Sommer 2011 wendete sich sein Schicksal. Viele Händler machten zu | |
der Zeit Verluste, doch Adoboli versuchte, sie durch immer riskantere | |
Geschäfte auszugleichen – dieselbe Reaktion wie bei Jérôme Kerviel, der die | |
französische Bank Société Générale um fünf Milliarden Euro gebracht hat, | |
und den britischen Zocker Nick Leeson, der mit seinen Risikogeschäften die | |
Barings Bank in den Ruin getrieben hat. Vorübergehend lagen Adobolis | |
Verluste sogar bei sieben Milliarden Pfund, was selbst eine Bank wie UBS | |
nicht verkraftet hätte. | |
## „Zum Wohle der Bank“ | |
Der neunwöchige Prozess wurde für UBS zu einer peinlichen Angelegenheit. | |
Adoboli, der vor Gericht viel weinte, sagte, er fühle sich von seinem | |
Arbeitgeber im Stich gelassen. Er habe alles gegeben und sogar die | |
Beerdigung seiner Großmutter verpasst, um an seinem Arbeitsplatz zu | |
bleiben. „UBS war meine Familie“, sagte er. „Alles, was ich tat, tat ich | |
zum Wohle der Bank.“ Vor allem aber wussten seine Kollegen über seine | |
Aktivitäten Bescheid. Das geht aus E-mails hervor, die Adobolis Anwälte | |
vorlegten. Einer der Kollegen hatte Adobolis „Schirm“ sogar selbst benutzt. | |
Und seine beiden früheren Vorgesetzten, die von UBS gefeuert wurden, | |
räumten ein, dass sie über seine riskanten Geschäfte teilweise informiert | |
waren. | |
Die Geschworenen glaubten jedoch nicht, dass Adoboli der Sündenbock für | |
eine Unternehmenskultur sei, die den Angestellten alles abverlangte und sie | |
zu immer größeren Risiken antrieb, um den Profit zu maximieren. Sie folgten | |
der Version der Staatsanwaltschaft, die Adoboli als „rücksichtslosen | |
Betrüger“ darstellte, der Chaos anrichtete und Katastrophen auslöste. | |
Adoboli war offenbar ein Spieler, der neben dem Geld der Bank in seiner | |
Freizeit auch sein eigenes Geld bei finanziellen Spread-Wetten verzockte, | |
so dass er trotz seines hohen Gehalts kurzfristige Darlehen aufnehmen | |
musste. Sein Einkommen war innerhalb von acht Jahren bei UBS von 30.000 auf | |
360.000 Pfund gestiegen. | |
Für UBS ist die Sache mit dem Urteil gegen Adoboli noch nicht ausgestanden. | |
Die britische Finanzaufsichtsbehörde hat gemeinsam mit der Eidgenössischen | |
Finanzmarktaufsicht Finma eine Untersuchung eingeleitet, um herauszufinden, | |
wie ein einziger Händler so viel Geld verlieren konnte. Dabei werden | |
Adobolis Aussagen vor Gericht vermutlich eine wichtige Rolle spielen. | |
21 Nov 2012 | |
## AUTOREN | |
Ralf Sotscheck | |
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