| # taz.de -- Langlauf-Bundestrainer Ullrich: Amnesie und Mineralsalze | |
| > Frank Ullrich ist ein harter Hund. Und der Ski-Verband bescheinigt dem | |
| > Trainer der Langläufer einen „unbewusst gesteuerten | |
| > Verdrängungsmechanismus“. | |
| Bild: Ehemaliger NVA-Offizier und Trainer der deutschen Langläufer: Frank Ullr… | |
| BERLIN taz | Es sind nicht weniger als 420 Stunden Wintersport, die ARD und | |
| ZDF in der kalten Jahreszeit versenden werden. 420 Stunden. Na, dann Ski | |
| heil! Samstag geht’s mit Skispringen los. Aber auch die Langläufer gehen an | |
| diesem Wochenende in die Loipe, an deren Rand nun nicht mehr Bundestrainer | |
| Jochen Behle stehen und „die Steffi“ oder „den Tobi“ antreiben wird. | |
| Behle ist im Frühjahr zurückgetreten und arbeitet mittlerweile als | |
| Sportdirektor im Westdeutschen und Hessischen Skiverband. Übernommen hat | |
| ein alter Bekannter aus der Biathlon-Szene: Frank Ullrich. Er war schon | |
| 1986 Langlauftrainer der DDR-Biathleten und hat damals auch mit den blauen | |
| Dopingpillen, Oral-Turinabol, zu tun gehabt. | |
| Aber weil sich der Biathlon-Olympiasieger von 1980 partout nicht an die | |
| Medikamente erinnern will, hat ihm sogar der Deutsche Ski-Verband einen | |
| „unbewusst gesteuerten Verdrängungsmechanismus“ attestiert. Seiner Karriere | |
| im Verband hat das allerdings noch nie geschadet. Die Ullrich’sche Amnesie | |
| in Sachen Doping führt dazu, dass er, angesprochen auf das heikle Thema, | |
| entweder etwas von leistungssteigernden „Mineralsalzen“ erzählt oder | |
| unwirsch wird. | |
| Der ehemalige Offizier der Nationalen Volksarmee ist ein Mann, der | |
| Disziplin liebt und Leistung honoriert. Während Behle seinen Athleten | |
| gewisse Freiräume ließ, bevorzugt Ullrich die zentrale Steuerung der | |
| Trainingsmaßnahmen. Der 54-jährige Thüringer hat es gern militärisch | |
| korrekt und zackig. Er wird es mit seinen speziellen Ansprüchen nicht | |
| einfach haben, denn das deutsche Langlaufteam kann immer seltener mit den | |
| Schweden, Norwegern oder Einzelläufern aus Kanada, Finnland, der Schweiz | |
| oder Tschechien mithalten. | |
| ## Die faule Jugend | |
| Behle prognostizierte dem deutschen Langlauf schwere Zeiten. Die Jugend | |
| wolle sich nicht mehr quälen, sie sei bequem geworden. Ergo kämen zu wenig | |
| talentierte Jugendliche nach. Ullrich wollte das so nicht stehen lassen und | |
| widersprach. Er sehe „Steigerungspotenzial“ in der Mannschaft. „Wenn man … | |
| schwarz sieht, dann wird es auch schwarz. Man muss jetzt offensiv an viele | |
| Dinge herangehen“, sagte Ullrich. | |
| „Wir haben so viele Leute, die auf den richtigen Weg mitgenommen werden | |
| müssen. Aber es wird ein knochenhartes Unternehmen.“ Dass Frank Ullrich | |
| knochenhart sein kann, ist bekannt. „Manches läuft gut, manches ist | |
| mühsam“, hat er vorm Saisonstart in Gällivare/Schweden gesagt. „Wir sind | |
| sicher keine Favoriten. Aber wir haben uns zusammengerauft.“ Und wenn es | |
| noch nicht rundläuft, dann helfen vielleicht ein paar Mineralsalze. | |
| 24 Nov 2012 | |
| ## AUTOREN | |
| Markus Völker | |
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