| # taz.de -- Sportdirektor im Skiverband: Sinistrer Forderer | |
| > Thomas Pfüller verlangt von seinen Sportlern Medaillen. Schließlich sei | |
| > „Druck ganz natürlich“. Über seine Zeit als DDR-Funktionsträger redet … | |
| > nicht so gerne. | |
| Bild: Einsamer Langläufer im Val di Fiemme. Deutsche Konkurrenz braucht er nic… | |
| STEINBACH-HALLENBERG taz | Seit der Wiedervereinigung haben sich etliche | |
| Funktionäre und Trainer des DDR-Leistungssports in nahezu allen deutschen | |
| Sportverbänden gut eingerichtet. Ihr herausragender Vertreter ist der | |
| 63-jährige Thomas Pfüller. Der einstige stellvertretende Generalsekretär | |
| des DDR-Skiläuferverbandes wurde 2002 Nachfolger des Bayern Helmut Weinbuch | |
| als Sportdirektor des [1][Deutschen Skiverbandes]. | |
| Im wichtigsten Wintersportverband besitzt der einstige SED-Apparatschik | |
| seit über einem Jahrzehnt schon eine schier unbegrenzte Machtfülle. | |
| Besonders gerne macht der Sachse seinen Athleten Druck, indem er vor großen | |
| Meisterschaften Medaillen-Vorgaben postuliert. | |
| „Wir sind an der Zielvorgabe von sechs bis sieben Medaillen etwas | |
| vorbeigeschlittert“, sagte Pfüller zum Abschluss der nordischen Ski-WM in | |
| Val di Fiemme. Solche Vorgaben würden von den Athleten als Last empfunden, | |
| kritisierte indes Hermann Weinbuch, Bundestrainer der Nordischen | |
| Kombinierten während der WM. Doch für den pausbäckigen Pfüller „ist Druck | |
| ganz natürlich“. | |
| Auch vor der Biathlon-WM in Tschechien hatte Pfüller fünf bis sechs | |
| Medaillen als Ziel angesetzt. Neben Bronze in der Männer-Staffel hatte nur | |
| Andrea Henkel noch eine Silbermedaille gewonnen. Pfüller, der auch | |
| Vizepräsident der Internationalen Biathlon-Union ist, moserte über seine | |
| Skijäger, die dem DSV viel TV-Übertragungsgelder einbringen: „Die Frauen | |
| haben in der Staffel eine Medaille weggeschmissen, bei den Männern wäre es | |
| fast schon wieder passiert. Das ist eigentlich nicht zu akzeptieren.“ | |
| Ohnehin ist Pfüllers Integrität und Glaubwürdigkeit, was seine eigene | |
| Funktionärs- und Trainertätigkeit in der DDR anbelangt, zweifelhaft. Der | |
| einstige Biathlet von Dynamo Zinnwald hatte es in der DDR als SED-Kader | |
| schon mit 29 Jahren zum stellvertretenden Generalsekretär des Deutschen | |
| Skiläuferverbandes (DSLV) gebracht, zuständig für Nachwuchsleistungssport. | |
| Zudem wirkte der Diplomsportlehrer als Nationalmannschafts-Trainer im | |
| Biathlon und Langlauf. | |
| ## Mitmacher im Dopingsystem | |
| Obwohl Akten eine andere Sprache sprechen, bestreitet Pfüller bis heute, | |
| zur damaligen Zeit vom Doping in der DDR Konkretes gewusst zu haben. In | |
| einer protokollierten Anhörung im Jahre 1992 vor der | |
| Richthofen-Doping-Untersuchungskommission wurde er gefragt, ob zu | |
| DDR-Zeiten unter den Trainern über Doping geredet wurde. Pfüller antwortete | |
| mit „Ja“. Konfrontiert mit seiner Aussage gegenüber einem DDR-Trainer („… | |
| bist du chancenlos, wenn du nicht mitmachst“), erwiderte Pfüller laut | |
| Protokoll: „Ich habe sicher niemanden überzeugt mitzumachen, aber auch | |
| nicht dagegen geredet.“ | |
| Die Kommission stellte 1992 abschließend fest, Erkenntnisse aus der | |
| Systematik des DDR-Sports auch im Biathlon sprächen dafür, dass „auch | |
| Pfüller mit der Organisation von Doping im Sport in Berührung gekommen sein | |
| muss“. | |
| Im Ermittlungsverfahren zum DDR-Staatsdoping wegen Körperverletzung zum | |
| Nachteil der Sportler wurde Pfüller als Beschuldigter vernommen. Es lagen | |
| konkrete und ihn belastende Aussagen von Sportlern vor. Die Vernehmung | |
| durch Kriminalbeamte dauerte vier Stunden. Um frühere Athleten, die aus | |
| politischen Gründen um ihre Karriere betrogen wurden, oder um | |
| Doping-Geschädigte hat sich der DSV-Spitzenfunktionär bis heute kaum | |
| gekümmert. | |
| Nur dem Biathleten Andreas Heß, einem anerkannten Doping- und Stasiopfer, | |
| zahlte der DSV eine Hilfeleistung in Höhe von 15.000 Euro. Viele | |
| DDR-Skilangläuferinnen erlitten schwere Gesundheitsschäden, es gab Tot- und | |
| Fehlgeburten, einige haben behinderte Kinder. Darauf angesprochen, fiel dem | |
| führenden deutschen Wintersport-Funktionär nicht mehr ein als die Floskel: | |
| „Das war schon schlimm damals.“ | |
| Wie alte Seilschaften wirken, zeigte Pfüller auch 2006 mit der | |
| Verpflichtung des dopingbelasteten DDR-Biathlon-Verbandstrainers | |
| [2][Wilfried Bock], der 1992 wegen seiner 15-jährigen Stasispitzeltätigkeit | |
| beim DSV nicht weiterbeschäftigt worden war. Pfüller und Bock waren einst | |
| Trainerkollegen bei [3][Dynamo Zinnwald]. Als die Rückholaktion von Bock | |
| 2009 publik wurde, musste Pfüller den Vertrag mit seinem Altlast-Spezi Bock | |
| aufkündigen. | |
| 4 Mar 2013 | |
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| [2] http://www.dradio.de/dlf/sendungen/sport/944723/ | |
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| ## AUTOREN | |
| Thomas Purschke | |
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