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# taz.de -- Skispringer Anders Jacobsen: Anders drauf
> Nich immer geradlinig: Der Norweger Anders Jacobsen siegt in Garmisch und
> schickt sich nach einjähriger Abstinenz an, die Tournee zu gewinnen.
Bild: Wackelkandidat: Trotz unruhigen Flugs bringt Jacobsen den ersten Sprung n…
Als Skispringer hat Anders Jacobsen ein Problem. „Ich finde es komisch,
mich im Fernsehen zu sehen“, sagt der Norweger. Doch damit wird der
27-Jährige leben müssen, jetzt, da er sich wieder anschickt, ganz vorne
mitzuspringen bei der Vierschanzentournee. In Oberstdorf hatte er zum
Auftakt überraschend gewonnen, das gestrige Neujahrsspringen in
Garmisch-Partenkirchen beendete er nach einem arg wackeligen ersten Sprung
und einem grandiosen zweiten noch als Tagessieger.
Aber was heißt überraschend? „Mit Anders muss man sehr stark rechnen“,
hatte Gregor Schlierenzauer gewarnt, „er springt eine schöne Technik.“ Die
„Kanonenkugel von Hønefoss“ nennen ihn seine Teamkollegen, „Fledermausst…
sagen die Experten zu seiner Luftfahrt.
Der deutsche Trainer Werner Schuster vergleicht ihn gar mit einem Engel.
„Er hat schon einen gewissen Vorsprung“, sagt Schuster. Mika Kojonkoski,
Norwegens ehemaliger Cheftrainer, urteilte: „Anders’ Körper ist gemacht
fürs Skispringen.“
## Sechs Weltcupsiege
Dass Anders Jacobsen Ski springen kann, hat er schon hinlänglich bewiesen.
Vor sechs Jahren hatte er die Vierschanzentournee schon einmal gewonnen.
Bei seiner ersten Teilnahme überhaupt. Sechs Weltcupsiege holte er bis Ende
Januar 2010. Seine einzige Einzelmedaille holte er als Dritter 2009 bei der
Weltmeisterschaft in Liberec von der Großschanze.
Im Frühjahr des Jahres 2011 jedoch erklärte Jacobsen seinen Rücktritt. „Ich
bin Vater geworden und möchte Zeit mit meiner Familie verbringen“, sagte er
zur Begründung. Im Januar hatte seine Frau Brigita Sohn Isak zur Welt
gebracht. Heute nennt er weitere Gründe: „Ich habe die Auszeit genommen,
weil ich müde war vom Skispringen und vom vielen Reisen.“ Vor allem habe er
den Spaß am Springen verloren, weil er zu sehr aufs Ergebnis geachtet habe.
Vom Skispringen konnte der gelernte Klempner jedoch auch in seiner Zeit als
Skisprungfrühpensionär nicht lassen. Fürs norwegische Fernsehen war er
häufig als Experte im Einsatz. Bei diesen Gelegenheiten konnte Norwegens
Cheftrainer Alexander Stöckl, ein Österreicher, auch immer Kontakt halten.
„Wir haben sehr viel miteinander gesprochen“, sagt der Coach, „und ich ha…
gespürt, dass er immer noch brennt.“ Irgendwann hat sich der 1,73 Meter
große Athlet auch die langen Sprungski wieder angeschnallt. Gemeinsam mit
Havard Lie und Jermund Lunder hat er sich wieder vorbereitet.
Lunder war auch der Übungsleiter, der ihn als Assistenztrainer von
Kojonkoski vor seinem Tourneesieg betreut hatte. Schon beim Saisonauftakt
in Lillehammer verpasste der Norweger als Vierter das Podest nur knapp.
Für Werner Schuster ein Signal. „Man hat gesehen, dass ein paar Dinge
stimmen“, sagt der Coach des deutschen Teams, „aber er hatte auch ein paar
wilde Sprünge dabei.“
## Nich immer geradlinig
Wenn man Anders Jacobsen die Schanzen hinunterfliegen sieht, glaubt man
nicht, dass seine Karriere nicht sehr geradlinig verlief. Als Vater Arne
seinem damals achtjährigen Sohn Sprungski gekauft hatte, übte der einen Tag
lang von morgens bis abends auf einer 17-Meter-Schanze.
Am Tag darauf nahm er an seinem ersten Wettkampf teil – und wurde gleich
Zweiter. „Das war eine große Motivation, also habe ich weiter trainiert und
bin nach und nach von größeren Schanzen gesprungen.“ Mit 15 Jahre begann
der schmalbrüstige Springer mit einem systematischen Training, doch der
Sprung in die Weltcupmannschaft gelang ihm erst im Sommer 2006.
„Mit meiner Auszeit wollte ich die Freude am Skispringen wiedererlangen“,
erzählt er nun, „und das habe ich geschafft. Jetzt bin ich ein
glücklicherer Mensch als vorher.“ Dazu trägt auch die gute Stimmung im
norwegischen Team bei. „Wir sind eine tolle Truppe“, sagt Jacobsen. Das
Skispringen hat Jacobsen in dem einen Jahr Abstinenz nicht verlernt.
Er fürchtet aber, das Gefühl für die Schanzen verloren zu haben. „Die
Schanzen sind sehr unterschiedlich, daher kann ich es schlecht einschätzen.
Ich hoffe natürlich, dass ich jetzt auch mit den Schanzen in Innsbruck und
Bischofshofen klarkomme.“ Für einen so gefühlvollem Springer wie Anders
Jacobsen dürfte das jedoch kein Problem sein.
1 Jan 2013
## AUTOREN
Klaus-Eckhard Jost
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