| # taz.de -- Doping im Langlauf: Hochwertiges Blut | |
| > Eine TV-Doku schreckt die Skisportszene auf. Auch der norwegische | |
| > Nationalheld Bjørn Dæhlie soll manipuliert haben. | |
| Bild: Fällt hier ein Idol: Bjørn Dæhlie stürzt über die Ziellinie. | |
| STOCKHOLM taz | Es ist eine bemerkenswerte Kurve: In den 1990er Jahren sind | |
| die Hämoglobinwerte der besten Langläufer von Jahr zu Jahr angestiegen. Die | |
| Werte sind wichtig für die Ausdauersportler und ihre Leistungsfähigkeit. | |
| Sie geben den Gehalt roter Blutkörperchen an, die für Sauerstoffbindung und | |
| -transport im Blut zuständig sind. | |
| Zwischen 1995 und 1999 lag er im Schnitt bei Werten über 17 | |
| Gramm/Deziliter. Normal sind Werte zwischen 14 und 15. Auf diesem Niveau | |
| lagen die Werte auch vor 1989. 2001 haben die systematischen Kontrollen | |
| gegen Blutdoping begonnen. Die Zeit der hohen Werte war wieder vorbei. | |
| Für diese auffallenden Werte gebe es nur eine Erklärung, meint der | |
| Kopenhagener Dopingforscher Bengt Saltin: Das Blut wurde manipuliert – mit | |
| Epo oder Eigenblutbehandlung. Im am Mittwochabend vom | |
| öffentlich-rechtlichen schwedischen SVT ausgestrahlten Programm | |
| [1][„Uppdrag Granskning“] war Saltin, Ex-Dopingexperte beim internationalen | |
| Skisportverband FIS, einer der Kronzeugen für den Verdacht, dass nicht nur | |
| – was mittlerweile erwiesen ist – im finnischen Skilanglauf systematisch | |
| gedopt wurde, sondern womöglich ebenso im norwegischen und schwedischen. Es | |
| wurden auch Namen von wahren Nationalhelden genannt, so der des vielfachen | |
| norwegischen Olympia- und WM-Siegers Bjørn Dæhlie. | |
| Die TV-Redaktion war in den Besitz der bislang nicht öffentlichen | |
| Ergebnisse von Blutuntersuchungen bei der Weltmeisterschaften im | |
| kanadischen [2][Thunder Bay 1995] und der im finnischen Lahti 1997 gelangt. | |
| 1995 sollen die Werte der drei Topplatzierten – Dæhlie, Vladimir Smirnow | |
| aus Kasachstan und des jetzigen italienischen Skilanglauftrainers Silvio | |
| Fauner – bei 17,5 oder darüber gelegen haben. „Vom Dopingesichtspunkt her | |
| war die Meisterschaft in Thunder Bay schmutziger als alle anderen“, sagt | |
| Bengt Saltin. | |
| ## Unglaubwürdige Ausflüchte | |
| Von den SVT-Journalisten damit konfrontiert, hatten die betroffenen | |
| damaligen Aktiven und Vertreter der nationalen Skiverbände keine Erklärung | |
| für die Blutwerte oder sie machten Training in hoher Höhe oder Messfehler | |
| dafür verantwortlich. Jedenfalls sei keinerlei Doping oder Blutmanipulation | |
| vorgekommen. Höhentraining lehnen Mediziner als Erklärung ab. „Um so hohe | |
| Werte wie die damals gemessenen zu erreichen, hätten die Aktiven auf den | |
| Mount Everest klettern und sich monatelang in 3.000 bis 5.000 Meter Höhe | |
| aufhalten müssen“, meint Saltin: „Und da kann man ja nicht trainieren.“ | |
| Letztendlich konnte „Uppdrag Granskning“ viele möglichen Indizien, aber | |
| keine handfesten Beweise präsentieren. Dafür bedürfte es einer Kette von | |
| Blutmessungen. Auf diese Schwachstelle wies auch der norwegische Skiverband | |
| hin. | |
| Der war nach Ankündigung des schwedischen Programms mit umfangreichem | |
| Pressematerial in die Offensive gegangen, in dem die Blutwerte von Bjørn | |
| Dæhlie als durchaus im Bereich des bei ihm persönlich Normalen präsentiert | |
| werden, „wenn man die benutzten Messinstrumente und die Umstände, unter | |
| denen diese Proben genommen worden waren, einbezieht“. Dæhlie selbst gab | |
| sich gegenüber norwegischen Medien „empört“ gegenüber den Vorwürfen. | |
| Eine „Wahrheitskommission“ fordert nun Rasmus Damsgaard, jetziger | |
| FIS-Antidopingchef. Offenbar sitzen die nationalen Skiverbände auf einer | |
| Vielzahl interner Messungen und könnten durchaus zu einer Aufklärung | |
| beitragen. Auch die FIS nahm bei allen Weltmeisterschaften seit 1989 | |
| Hämoglobinproben im Zusammenhang mit Dopingkontrollen. Seit 1996 screente | |
| man systematisch. Damsgaard: „Die Zeit ist reif dafür, dass wir endlich ein | |
| für alle Mal Klarheit bekommen.“ Die FIS scheint solchen Handlungsbedarf | |
| nicht zu sehen: Die damaligen Tests seien keine Dopingkontrollen gewesen | |
| und könnten nachträglich auch nicht mehr als solche evaluiert werden, | |
| reagierte man am Donnerstag in einer [3][Presseerklärung]. | |
| 28 Feb 2013 | |
| ## LINKS | |
| [1] http://www.svt.se/ug/vm-i-thunder-bay-ar-det-varsta-man-sett | |
| [2] http://no.wikipedia.org/wiki/Ski-VM_1995 | |
| [3] http://www.skidor.com/ImageVaultFiles/id_14914/cf_7/FIS_Statement_SVT_Docum… | |
| ## AUTOREN | |
| Reinhard Wolff | |
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